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Verdammt feurig

Verdammt feurig

Titel: Verdammt feurig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Toilettengängen zu tun hatte, verabscheute Leander zutiefst. Er würde nicht unter mein Bett pinkeln.
    Ich ließ meinen Oberkörper weiter nach unten rutschten, sodass mein Kopf wie der einer Fledermaus über die Bettkante baumelte, und blickte direkt in zwei feuchte braune Augen, die mich äußerst vorwurfsvoll anstierten.
    »Was bist du denn für ein hässliches Ding?«, flüsterte ich. Das Ding winselte ein weiteres Mal. Es saß in einem Pappkarton, dessen Boden mittlerweile durchweicht war, und war offenkundig nicht stubenrein. Ich griff nach unten und zog den Karton vorsichtig unter dem Bett hervor.
    Das Ding war ein Hund. Ein kleiner wuscheliger Hund mit äußerst missmutigem Gesichtsausdruck und einem dichten grauschwarzen Fell. Er rührte sich nicht, wandte seine runden Augen aber keine einzige Sekunde lang von meinem Gesicht ab.
    »Wuff«, grunzte er gequält.
    Ich nahm ihn ungeschickt hoch und setzte seine nassen Pfoten auf dem Boden ab. Er ließ es mit sich geschehen, machte sich aber steif und seufzte dramatisch auf, nachdem ich ihn wieder losgelassen hatte.
    Ich wollte den feuchten, miefenden Karton schon aus dem Fenster werfen, als mich ein kleiner Zettel stutzen ließ. Mit spitzen Fingern klaubte ich ihn vom Boden der Pappschachtel.
    »Nicht gestohlen. Aus Tierheim. Niemand wollte ihn. L.«, entzifferte ich die krakeligen Buchstaben. »PS: Denk an das Versprechen.«
    »Aber ich mag doch keine Hunde …«, stöhnte ich und lehnte mich gegen die Fensterbank. Genau genommen mochte ich gar keine Tiere. Noch genauer: Ich konnte nicht mit ihnen umgehen. Selbst meine Kaulquappen waren mir weggestorben. Nach zwei Tagen war nur noch die Hälfte übrig, und wenn aus einer ganz tapferen doch mal ein kleines Fröschlein wurde, haute es über Nacht ab. Das hatte ich drei Sommer lang mitgemacht und danach beschlossen, dass Haustiere nichts für mich waren.
    Mama und Papa waren ebenfalls keine Tierfreunde. Und das war wohl das größte Problem. Ich hatte Leander mehr oder weniger versprochen, dass ich sein Geschenk annehmen würde, ganz egal, was es war. Aber wie sollte ich Mama und Papa das beibringen? Und was machte man mit einem Hund überhaupt, außer ihn ständig Gassi zu führen?
    Jetzt begann das Ding wieder leise zu grollen, ohne sich dabei zu bewegen oder die Zähne zu fletschen. Es grollte einfach nur.
    Ich ignorierte es und presste meine kalten Hände auf meine Wangen, um besser nachdenken zu können. Es war noch nicht lange her, da hatte Leander mir gesagt, dass Hunde die Tonfrequenzen der Körperwächter hören könnten und Sky Patrol sie gerne als Vermittler einsetzte, wenn Gefahr drohte. Daher rührten die Geschichten von Hunden, die ihr schlafendes Herrchen vor einem Feuer warnten oder davon abhielten, irgendetwas Dummes zu tun. Die Hunde drehten durch, weil sie die Töne der Wächter hörten (was ich inzwischen sehr gut nachvollziehen konnte), und die Menschen glaubten, sie seien besonders klug und treu. Dabei hatten sie einfach nur Ohrenschmerzen.
    Leander hatte gesagt, jeder Mensch täte gut daran, sich einen Hund zu halten. Vor allem Kinder und Jugendliche. Aber dass er mir nun einen Hund schenkte, ergab nicht viel Sinn – ich hatte keinen Körperwächter mehr. Mein Körperwächter – und er hatte mich ohnehin nicht mehr gut schützen können – war heute Nacht von seiner eigenen Familie entführt worden.
    War etwa das geschehen, was ich nun schlussfolgerte – hatte ich bereits einen neuen Körperwächter? Hatten sie mir einen Ersatz geschickt? Ich keuchte erschrocken auf und das Knurren verstummte schlagartig. Beinahe genervt sah der Hund mich an.
    Ich schaute mich angstvoll um, obwohl ich die Wächter meiner Freunde und Klassenkameraden kein einziges Mal hatte sehen können. Nur Leanders Familie – warum auch immer. Mit Entsetzen stellte ich fest, dass ich nie herausfinden würde, ob ich nun einen neuen Wächter hatte oder nicht. Körperwächter sah man nicht, man hörte sie nicht und man spürte sie auch nicht, weil es eines ihrer größten Verbrechen war, einen Menschen anzufassen, wenn er bei Bewusstsein war. War nun einer hier oder nicht?
    »Oh doch. Doch, ich kann es herausfinden«, wisperte ich nach einigen stillen Minuten. Die Lösung war einfach: Ich musste meinen neuen Wächter unauffällig provozieren, und dann würde der Hund mir zeigen, ob er da war oder nicht.
    Ohne Vorwarnung rannte ich in die Küche, kramte das allerletzte Streichholz aus der Küchenschublade, zündete eine

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