Verdammt feurig
zusammen. Auch ihre Haare wirkten betoniert. Und sie hatte einen ziemlich irren Ausdruck in ihren dramatisch geschminkten Augen.
Clothilde gefiel mir am besten. Sie war mir sofort sympathisch, denn sie sah fast genauso aus wie Spiderman, nur eben als Mädchen und mit einem langen geflochtenen Zopf, der hin und her baumelte, wenn sie herumflatterte, und sie flatterte pausenlos herum. Neben Leanders Mutter schwebte ein weiteres Mädchen – das krasse Gegenteil von Clothilde und eine miserable Kopie von Katy Perry. Der gerade Pony war zu kurz geraten und der Mund zu lila geschminkt. Das enge Oberteil stand ihr überhaupt nicht. Am allerschlimmsten aber fand ich ihre langen lilafarbenen Fingernägel. Es waren Krallen. Sie wirkte wie eine mies gelaunte lila Krähe, die jeden Moment irgendetwas zerfetzen möchte.
Sie blickte erst Leander, dann Colthilde an und ihr Blick war vernichtend.
»Das ist mal wieder typisch, dass du ihn gleich anfassen willst. Ein Körper – das ist doch … ekelhaft!«
»Ist es nicht!«
»Ist es wohl!«
»Ruhe, hab ich gesagt!«, brüllte Leanders Vater, ein Geräusch, als ob Glas zersplittern würde. Sofort verstummten Leanders Schwestern. »Jetzt reißt euch mal zusammen; wir haben nur eine Nacht Zeit, bevor die Menschen wieder bei Kräften sind und auf törichte Ideen kommen. Wir können von Glück sagen, wenn unsere Klienten gesund und munter bleiben.«
»Warum mussten wir überhaupt alle mitkommen?«, maulte Leanders andere Schwester.
»Das weißt du ganz genau, Babette. Wir müssen es als Truppe entscheiden. Das ist eine Truppenangelegenheit.«
»Verflucht hast du ihn aber ganz alleine«, motzte Clothilde. »Ich hätte ihn nie so hart bestraft. Das musste doch nicht sein. Sooo schlimm war das doch auch nicht, was er …«
»Clothilde Cherubim!«, klirrte Leanders Mutter entsetzt. »Es ist das Schlimmste, was ein Wächter überhaupt tun kann!«
»Könnt ihr euch jetzt endlich mal entscheiden, was mit mir passiert?!«, meldete sich Leander anklagend zu Wort.
»Nun denn, wir müssen erst einige Dinge klären«, antwortete sein Vater gespreizt. »Erste Frage: Wie kommst du mit deinem Körper zurecht? Kannst du ihn benutzen?«
»Ihr habt es also gar nicht gesehen«, murmelte Leander enttäuscht. »Ich hab ihn die ganze Zeit benutzt.«
»Der Sinn einer Truppenverdammnis besteht darin, den Verdammten nicht wahrzunehmen, mein Sohn.«
»Ja, ich komme mit ihm klar. Hab ich schnell gelernt. Essen und Trinken sind doch Kleinigkeiten. Völlig easy.«
Ha, von wegen easy. Er war beinahe erstickt bei seinem ersten Fleischklößchen und an seinen ersten Toilettengang wollte ich gar nicht erst denken. Ich schnaubte spöttisch.
»Was war das?«, fragte Nathan alarmiert.
»Zum dritten Mal: Sie träumt! Ist jede Nacht dasselbe. Ich sag ja, ich hab keine ruhige Minute mit ihr.«
»Nathan, ich hatte dir damals noch geraten, ihm kein rothaariges Mädchen anzuvertrauen. Rothaarigen ist Leander nicht gewachsen«, sagte Leanders Mutter vorwurfsvoll. »Sie haben unruhige Seelen. Zu viel Feuer im Herzen. Und ihr wisst: Feuer und Wasser …«
»… sind die schlimmsten Feinde von Sky Patrol«, vollendeten Leander, Clothilde und Babette gelangweilt im Chor. Ich unterdrückte mühsam ein weiteres Schnauben. Oh ja. Ganz besonders Wasser, dachte ich. Gerade gestern hatte Leander wieder für eine Überschwemmung im Bad gesorgt.
»Zurück zum Thema«, unterbrach Leanders Vater die kleine Schulstunde. »Leander. Hast du diesen Körper immer?«
»Nein. Nur wenn ich in ihrer Nähe bin. Ein paar Meter weiter und alles ist so wie früher«, antwortete Leander. Es klang irgendwie missmutig.
»Nun, das sollte sich beheben lassen. Ich werde es der Zentrale melden. Könnte unangenehm werden, aber was wäre eine Strafe ohne Qualen? Nicht viel wert, oder?« Er klatschte entschlossen in die Hände. »Und sie sieht und hört dich nicht?«
»Kein bisschen.« Ich musste beinahe grinsen. Ja, Leander konnte lügen wie gedruckt – ich hatte es immer geahnt. Jetzt war ich froh, dass er es konnte. »Ihr wisst doch, Menschen. Blind und taub, völlig abgestumpft. Für sie ist alles wie immer.«
»Beweis es mir«, forderte Leanders Vater.
»Beweisen? Wie denn das?«
»Meine Güte, muss man dir alles erklären«, schrillte seine Mutter gereizt. »Wirf dich auf sie, stoß sie vom Bett, zieh an ihren Haaren – wenn du sie ein Mal angefasst hast, kannst du es ja wohl auch ein zweites Mal tun. Wenn sie es merkt, lassen wir
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