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Verdammt feurig

Verdammt feurig

Titel: Verdammt feurig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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egal«, meldete ich mich wieder zu Wort. »Der Hund muss jedenfalls bleiben. Er hat schon einen Namen! Er heißt Mogwai.«
    »Hu-ruff«, machte Mogwai zart. Nein, das war kein Bellen. Es war eher ein Sprechen. Und es klang fordernd. Mit Sicherheit hatte er Hunger.
    »Mogwai …« Papas Augen wurden glasig und er kniete sich nieder, um Mogwai seine Hand hinzustrecken. Mogwai drehte den Kopf weg, als würde Papa stinken.
    Ich musste noch eine Weile lügen und erfinden, bis ich meine Eltern überzeugt hatte, dass der Hund bleiben durfte. Und ich schaffte es nur, weil ich sagte, dass ich mich in letzter Zeit so einsam fühlte und etwas zum Kuscheln bräuchte.
    Das brach Mama fast das Herz und sie versprach mir, ein ganz besonders schönes Halsband für Mogwai auszusuchen. Und mit Sicherheit würde ihm auch ein Besuch beim Hundefriseur guttun. Wir fuhren noch am selben Tag mit Mogwai zum Tierarzt, um ihn untersuchen zu lassen.
    »Meine Tochter braucht etwas zum Schmusen, wissen Sie?«, sagte Mama vertraulich und zwinkerte ihm zu.
    »Oh, das könnte schwierig werden«, entgegnete der Arzt aufgeräumt. »Das ist eine Mischung aus Pudel und ziemlich viel Shih-Tzu.«
    »Shih-Tzu?«, wiederholten wir im Chor.
    »Ja, Shih-Tzu. Tibetischer Königshund. Kann sehr alt werden und hat seinen eigenen Kopf. Kein Schmusetier, aber sehr charakterstark.«
    »Das macht nichts!«, rief ich und schloss meine Arme um Mogwai, der sich sofort wieder steif machte. »Wenn er nur bei mir ist, bin ich glücklich.«
    Mama blinzelte sich ein paar Tränen aus den Wimpern und Papa blickte in gespielter Verzweiflung an die Decke.
    Tage mit so vielen Lügen waren immer anstrengend. Und ich war sowieso noch erschöpft von heute Nacht. Leander war also weg und ich mochte nicht daran denken, was nun mit ihm geschah. Ich schob es weg. Ich konnte einfach nicht daran denken.
    Aber ich war wieder nicht allein. Ich hatte einen Hund, obwohl ich nie einen gewollt hatte. Einen kleinen miesepetrigen Köter, der bisher kein einziges Mal mit seinem fedrigen Hängeschwänzchen gewedelt hatte und den Kopf wegdrehte, wenn man lieb zu ihm sein wollte. Aber er war mein Hund. Mein Geschenk von Leander.
    »Ich mag dich auch nicht«, raunte ich ihm zu, als er sich neben mir in seinem nagelneuen Körbchen zusammengerollt hatte und schwermütig grunzte – genau dort, wo Leander immer geschlafen hatte. Leander hatte ich nicht leiden können und ich hatte ihn mir ebenso wenig herbeigewünscht wie den Hund.
    Aber trotzdem fehlte er mir. Ein ganz kleines bisschen jedenfalls. Ein winziges kleines bisschen.

Katzenjammer
    Am nächsten Morgen stellte ich schon nach dem Frühstück fest, dass ich auf einmal furchtbar viel Zeit hatte – trotz Hund. Mogwai hatte mich nicht in der Frühe aus den Federn gekläfft, wie ich es befürchtet hatte. Wenn Mogwai etwas von mir wollte, kläffte er nicht. Er fiepte und darin hatte er mächtig Ausdauer. Es war ein leises, zartes Fiepen, das nach einigen Minuten in einem dumpfen Grollen endete. Das Grollen klang aufmüpfig und armselig zugleich und es raubte mir den letzten Nerv. Zum Glück hatte er keine Lust zu rennen, zu apportieren oder stundenlang durch die Straßen zu laufen. Er trottete mit der Nase am Boden vor mir oder hinter mir her, aber niemals neben mir. Wahrscheinlich war ich ihm nicht hoheitsvoll genug. Nach dem zweiten Gassigang ums Quadrat rollte er sich in seinem Körbchen zusammen, versteckte die Schnauze unter seinem Schwänzchen und würdigte mich keines Blickes mehr.
    Und ich verstand nicht, warum ich mit meiner vielen Zeit plötzlich nichts mehr anzufangen wusste.
    Ja, als Leander noch da gewesen war, hatte es immer etwas zu tun gegeben, und wenn er mich mal kurz alleine ließ, war ich froh, einfach nur auf dem Bett zu liegen, für mich zu sein und gar nichts zu machen. Ansonsten aber war ich rundum damit beschäftigt gewesen, mir sein Gejammer und seine Sky-Patrol-Geschichten anzuhören, Essen für ihn zu organisieren, ihm Duschgel zu kaufen oder im Bad zu sitzen und zu warten, bis er sich endlich hergerichtet hatte.
    Aber jetzt? Es gab fast nichts zu tun. Von den Jungs hatte ich immer noch kein Wort gehört. Draußen taute es zwar, doch die Stadt erstickte in nassem Schneematsch. Seppo würde sicher nicht trainieren. Und ohne Seppo wollte ich nicht trainieren. Andererseits wollte ich Seppo eigentlich auch gar nicht sehen und dabei erfahren, was am Silvesterabend geschehen war, nachdem ich die Flucht ergriffen hatte. Der

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