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Verdammt feurig

Verdammt feurig

Titel: Verdammt feurig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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angehalten hatte, um mich zu warnen. Aber hier gab es keine Verzögerung. Niemand hatte es bemerken können. Nun sah man mich schon übers Dach rennen, dann nahm ich die Balkone, oh, ich sah wirklich aus wie eine Katze, als ich über ein Geländer nach dem anderen balancierte. Zum Schluss der Absprungsalto, weiche Landung auf beiden Füßen, abrollen – wow. Aber das Tollste war, dass der Clip schon über dreihundert Mal angeklickt worden war und fünf Sterne hatte. Fünf Sterne!
    »Nicht schlecht für ein Mädchen«, hatte ein User kommentiert. »Wer ist die Kleine, muss man die kennen?«
    »Ja, muss man«, freute ich mich. Aber es gab nur wenige deutsche Kommentare, die meisten waren französisch oder englisch. Jetzt hätte ich Leander tatsächlich mal brauchen können, denn er beherrschte beide Sprachen fließend. Ich war zu aufgeregt, um auch nur eine Zeile vernünftig zu übersetzen.
    Und ich konnte nicht länger in meinem Zimmer sitzen bleiben. Ich schaute mir das Video noch einmal an, dann zog ich meine Trainingsklamotten über – Sneaker ohne Schnürsenkel, Cargohose, mein bequemstes Kapuzenshirt und meine weiche graue Jacke –, nahm Mogwai an die Leine und rief Mama zu, dass ich mit dem Hund Gassi gehen würde. Im gleichen Moment begriff ich, dass ich nun eine wunderbare Begründung hatte, aus dem Haus zu verschwinden, wann immer ich es wollte. Der Hund musste Pipi. Und das hatte Leander sicher nicht bedacht.
    Triumphierend grinsend marschierte ich die Treppen hinunter und lief die gesamte Strecke bis zum Friedenspark zu Fuß. Niemand war da außer mir, nicht einmal die Penner oder ein paar Skater. Ich sprang auf die Halfpipe und machte das, was wir oft taten, wenn wir sie für uns alleine hatten: Wir rannten die Steigung hoch und trainierten Drehungen und Salti – eine gute Übung für Schwung und Gleichgewicht und nicht ganz einfach, weil wir auf einer Schräge aufkamen. Ich hatte mir dabei schon etliche Male die Knie aufgeschürft.
    Doch Mogwai ließ es erst gar nicht so weit kommen. Er hockte vor der Pipe und starrte mich wie hypnotisiert an, sobald ich zu laufen anfing.
    »Geh jagen!«, rief ich ihm zu. »Los! Fang ein Kaninchen wie andere Hunde auch! Hau schon ab!« Doch er blieb wie angewurzelt vor der Pipe sitzen und wandte seinen Blick erst wieder von mir ab, als ich aufhörte, zu laufen und zu springen.
    Okay, das ist also der Sinn und Zweck dieses Hundes, dachte ich frustriert. Er sollte mich ablenken und aus dem Konzept bringen. Aber hatte Leander überhaupt wissen können, was für ein gestörter Hund Mogwai war? Jeder andere Hund wäre längst abgehauen und irgendeinem Kaninchen hinterhergejagt.
    Wieder regte sich die Wut in meinem Bauch. Doch Hunde ließen sich erziehen. Ich musste Mogwai eben beibringen, dass er mich nicht anstarren sollte, wenn ich trainierte. So hatte ich etwas zu tun, wenn mir langweilig wurde, und immerhin hatte ich mich trotz Mogwais Starrerei ein bisschen bewegt. Auf dem Rückweg klebte Mogwai umständlich ein winziges Häufchen an den Bordstein und brauchte dafür mindestens fünf Minuten.
    »Hey! Fräuleinsche! Sie müssen das wegmachen!«, brüllte mir ein älterer Mann hinterher, doch ich tat so, als würde ich ihn nicht hören. Schnell bog ich um die Ecke. Schon von Weitem sah ich Seppo auf der Straße stehen. Er telefonierte und ging dabei auf und ab – nicht hektisch, sondern lässig. Sein Lachen schallte bis zu mir herüber. Ich stoppte, doch Mogwai zog an der Leine und begann zu knurren.
    Was sollte ich jetzt machen? Seppo ignorieren? So tun, als wäre nichts gewesen? Oder ihn auf Silvana ansprechen?
    »Hey, Katz!«, rief er, steckte das Handy in die Hosentasche und winkte zu mir herüber. Forsch näherte ich mich ihm. Der sollte bloß nicht denken, dass ich Angst vor ihm hatte.
    »Hi«, sagte ich kühl.
    »Was ist denn das?«, fragte Seppo belustigt und zeigte auf Mogwai, dessen Knurren sich in ein drohendes Grollen verwandelte, nachdem er an Seppos Hosenbein geschnüffelt hatte. Gute Wahl, Leander, dachte ich erbost. Das Ding mag Seppo nicht.
    »Ein Hund«, antwortete ich noch ein bisschen kühler.
    »Hm, ’ne Katz mit einem Hund.« Seppo zwinkerte mir zu. »Ich wusste ja gar nicht, dass du einen Draht zu Hunden hast.«
    »Und ich wusste gar nicht, dass du auf Schlangen stehst«, erwiderte ich so frostig, dass mir selbst ein bisschen kalt dabei wurde.
    »Hm?« Seppo blickte mich fragend an. »Ach, du meinst Silvana …« Er lachte. »Deshalb bist du

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