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Verdammt feurig

Verdammt feurig

Titel: Verdammt feurig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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    »Luzie … ich hab dich was gefragt!«
    »Ich weiß nicht – ich – ich habe einen Fischschwanz.«
    »Kein Problem.« Seppo rutschte vom Hocker, nahm mich hoch und trug mich auf die Tanzfläche, wo er mich vorsichtig auf dem Boden absetzte und meine Schwanzflosse um seinen rechten Arm legte. Dann griff er nach meinen Händen und zog mich an sich.
    »Tritt mir bloß nicht auf die Füße«, warnte er mich grinsend. Und dann tanzten wir. Ich fand die Musik ziemlich furchtbar, aber das war egal, denn ich tanzte mit Seppo. Wir waren die einzigen Farbkleckse in diesem traurigen Haufen aus kränklichen Vampiren, und ich sah, dass die anderen uns beobachteten. Ich genoss es.
    Aber würde Seppo auch mit mir tanzen, wenn ich nicht verkleidet wäre?
    »Luzie, ich führe, nicht du«, ermahnte Seppo mich amüsiert lächelnd. »Du zerquetschst meine Hand.«
    »Sorry. War mit den Gedanken woanders.«
    Er zog mich noch ein bisschen näher zu sich. Oh. Er hatte wirklich schon ziemlich viel Haare auf den Armen. Aber ein Pirat durfte Haare auf den Armen haben. Das ging schon in Ordnung.
    »Hör mal, Luzie – wir haben da ja noch was nachzuholen. Das mit dem Kino. Erinnerst du dich?«
    Ich nickte. Natürlich erinnerte ich mich. Mein erstes Date mit Seppo und Leander hatte es mir verdorben. Schon damals hätte ich Leander auf den Mond schießen können. Nur gut, dass er endlich weg war.
    »Ich finde, wir sollten das nachholen«, redete Seppo weiter. »Und dieses Mal wirst du nicht krank. Okay?«
    »Okay«, hauchte ich und hatte kurz das Gefühl, ohnmächtig zu werden. Jedenfalls war mir schwindlig und ich konnte kaum mehr geradeaus sehen. Alles um mich herum flimmerte.
    »Gut. Dann nächsten Samstag in der Walzmühle?«
    Ehe ich antworten konnte, begann mein Fischschwanz zu klingeln. Seppo sah irritiert an mir herunter.
    »Mama«, sagte ich erklärend und fummelte das Handy unter den Pailletten hervor. »Alles in Ordnung!«, rief ich in den Hörer. »Seppo ist bei mir!«
    Ja, Seppo war bei mir. Und zwar so nah, dass ich riechen konnte, was er zu Abend gegessen hatte. Die Lombardis waren bekannt für ihre selbst gemachten extrafeurigen Knoblauchspaghetti. Aber ich musste Seppo ja nicht heute küssen. Ich konnte ihn auch nächsten Samstag küssen.
    Trotzdem. Würde Mama mir das erlauben? Und vor allem – wie würde es bei Vitus ankommen? Durfte man das denn in der Pubertät? Sich mit älteren Jungs verabreden? Am Ende brachte mir das alles nur ein Zusatzjahr SpongeBob ein und das wollte ich auf keinen Fall.
    Ich sah kurz nach oben. Doch da war nichts. Hatte ich mich verguckt? Das konnte sein, denn das Licht war schummrig geworden und überall drehten sich Discokugeln. Doch auch beim zweiten Blick nach oben: kein Vitus. Ich blieb stehen und schaute mich nervös um.
    »Was ist?«, fragte Seppo. »Tun dir die Flossen weh?«
    »Nein, ich hab nur … alles in Ordnung.«
    Ich schluckte und versuchte, mich wieder auf die Musik zu konzentrieren. Ich hatte ihn entdeckt. Vitus hing hinten an der Wand über einem der Scheinwerfer, mindestens fünf Meter von mir entfernt. Konnte das wahr sein – er ließ mich das erste Mal probeweise allein? Ich hatte seit Mamas Schminkaktion nicht darauf geachtet, ob er die Augen aufgemacht hatte. Ich war viel zu sehr abgelenkt gewesen. Peilte er sich neu aus?
    »Natürlich. Ich hab mich verändert. Ich bin eine Meerjungfrau«, sprach ich meine Gedanken versehentlich laut aus. Seppo lachte leise in mein Ohr.
    »Oh ja. Und ich bin Jack Sparrow. Nee, im Ernst, Luzie. Du hast dich echt verändert. Und mir gefällt’s.«
    Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und er legte sein Kinn auf meinen grün-roten Nixenschopf.
    Es hatte begonnen … Ich hatte mich verändert. Ich tanzte mit Seppo. Ich hatte eine beste Freundin. Vitus hatte sich das erste Mal von mir entfernt. Ich durfte jetzt keinen Blödsinn machen und Vitus’ Vertrauen enttäuschen. Nach diesem Tanz würde ich zu Sofie gehen, Seppo keines Blickes mehr würdigen und den Rest des Abends mit ihr und den anderen Bleichgesichtern verbringen. Lust hatte ich keine dazu. Doch es musste sein.
    Denn alles in allem liefen die Dinge in diesem Moment genau so, wie ich es wollte.
    Ich würde es schaffen. Ich würde SpongeBob vertreiben. Luzie Morgenroth würde das erste Mädchen sein, das seinen eigenen Körperwächter hinters Licht führte.
    Und nächsten Samstag, nahm ich mir zufrieden vor, werde ich Seppo küssen.

Verrat Klappe die zweite
    Die Woche vor

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