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Verdammt feurig

Verdammt feurig

Titel: Verdammt feurig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Seppos und meinem Date war eine der merkwürdigsten Wochen meines Lebens. Zu Hause war es immer noch nicht viel gemütlicher geworden. Die meiste Zeit verkroch ich mich mit dem gestörten Hund und der Amöbe in meinem Zimmer, weil Papa mit grauem Gesicht in der Küche saß und auf seine Hand stierte, als würde sie dadurch schneller wieder gesund werden. Mama sah ich kaum mehr. Sie hatte unten im Keller das Regiment übernommen und versuchte, die liegen gebliebene Arbeit aufzuholen. Besser gesagt: die liegen gebliebenen Leichen herzurichten.
    Papa hatte es irgendwann aufgegeben, ihr vorzuschreiben, was sie genau tun sollte, weil die beiden dabei immer Streit bekamen. Also saß er oben in der Küche und setzte eine Miene auf, als würde im nächsten Moment die Welt untergehen.
    Jetzt wollte ich mich auch nicht mehr von Mama anfassen lassen. Denn Mama fummelte den ganzen Tag an toten Menschen herum. Mama verstand das natürlich prompt falsch. Sie war eingeschnappt. Wir wären doch fast so etwas wie Freundinnen gewesen vor dem Ball, sagte sie. Ich könne sie wenigstens mal kurz knuddeln. Aber ich wollte nicht.
    Das Date mit Seppo hätte sie mir um ein Haar nicht erlaubt. Doch dann sagte ich, dass Serdan dabei sein werde und dass ihm mein Kostüm so gut gefallen habe. Er sei begeistert von Mamas Nähkünsten und würde nächstes Jahr ebenfalls gerne ein Kostüm von ihr haben. Vielleicht als Seeungeheuer. Seppo gehe nur mit, um auf mich aufzupassen. Jetzt war ich froh, dass Vitus ein Spürer war, denn solche Schwindeleien gehörten garantiert nicht zum Erwachsenwerden. Aber sie wirkten. Mama erlaubte mir das Kinodate.
    In der Schule konnte ich mich gar nicht mehr konzentrieren. Ich dachte abwechselnd an Seppo und an Leander. Warum ich an Leander dachte, wusste ich nicht genau. Ich war meistens gerade dabei, von Seppo zu träumen, als sich plötzlich Leanders Huskyaugen dazwischenschoben. Vielleicht hatte ich Angst, er würde mir schon wieder mein Date verderben, und sah ihn aus diesem Grund andauernd vor mir, wenn ich an Seppo dachte. Doch Leander hatte sich seit seinem nächtlichen Besuch nicht mehr blicken lassen. Wahrscheinlich erinnerte er sich gar nicht mehr an mich. Deshalb machte es mich regelrecht sauer, dass ich mich noch an ihn erinnerte. Ich sollte ihn ebenfalls vergessen, und zwar so schnell wie möglich.
    So versuchte ich, nur noch an das Date mit Seppo zu denken und an nichts anderes mehr. Aber es war schwer, gleichzeitig an Seppo und nicht an das Training zu denken, denn ohne Seppo hätte ich mit dem ganzen Kram nie angefangen und ich vermisste es immer noch. Er hatte es mir beigebracht. Seppo ohne Parkour, das gab es eigentlich gar nicht.
    Wegen all dieser verrückten Gedanken und Gefühle war ich in einer Stimmung wie Mama und Papa zusammen hoch fünf, als endlich der Samstag gekommen war. Ich saß auf dem Bett und überlegte, was ich heute Abend anziehen sollte. Mama hatte meine Lieblingsklamotten zwar nach und nach aus ihren Verstecken befreit und wieder in meinen Schrank gehängt, aber Seppo hatte gesagt, dass ich mich verändert hätte und dass es ihm gefiel. Der Haken war nur, dass ich mich in den anderen Klamotten nicht gerade wohlfühlte. An einen Rock konnte ich mich sowieso nicht gewöhnen.
    Doch es ging nicht nur um Seppo. Es ging auch um Vitus. Ich wollte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Seppo gewinnen und SpongeBob vertreiben. Wenigstens für die Amöbe musste ich mich verändern. Denn die war heute Nacht ganze drei Stunden fort gewesen und schwabbelte manchmal nur noch meterweit von mir entfernt durch die Luft.
    Aufseufzend holte ich die dunkle, enge Jeans und das kakifarbene Oberteil aus dem Schrank, das Sofie mir geschenkt hatte (sie meinte, sie sei sowieso zu fett dafür und mir stehe es besser), und zwängte mich hinein.
    Und nun? Wimpern tuschen oder nicht? Mama sagte, Menschen mit roten Haaren sollten immer ihre Wimpern tuschen, um ihre Augenfarbe zu betonen. Ich fand aber nicht, dass ich meine Augenfarbe betonen musste. Sie war grün. Grüner ging es nicht. Ob die Wimpern nun rot waren oder schwarz. Außerdem hatte ich mir bei meinem ersten Alleine-Schminken einen Krümel Tusche ins Auge gebürstet und das hatte elendig wehgetan. Doch lieber Mama fragen? Ich lauschte. War sie unten im Keller? Dann musste ich ohne sie klarkommen. Aber wenn sie hier oben war …? Ja, ich hörte gedämpfte Stimmen aus der Küche und dann schlurfte Papa rüber ins Schlafzimmer. Schon wieder legte er

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