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Verdammt feurig

Verdammt feurig

Titel: Verdammt feurig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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auch mitnehmen.«

Flusswasser
    »Eines verstehe ich nicht«, mümmelte ich und schluckte ein paar Krümel Baguette mit Fleischkloß und Ketchup hinunter. Leander saß lässig auf seinem gewohnten Platz an der Heizung neben Mogwais Körbchen, die Füße leicht übergeschlagen, das Kinn auf seinen rechten Ellenbogen gestützt. Er rülpste vernehmlich und ich zuckte zusammen.
    »Sehr gut«, lobte ich ihn trocken. »Aber ich hab mir das Rülpsen abgewöhnt. Solltest du vielleicht auch tun. Jedenfalls: Ich verstehe da was nicht. Warum hab ich Wasser gerochen, bevor du das Rohr aufgestochen hast? Ich hab es wirklich ganz deutlich gerochen, ich hab es fast schon plätschern gehört. Es war da!«
    Leander antwortete nicht, sondern musterte mich stumm. So tief hatte mir lange niemand mehr in die Augen gesehen und die zwei verschiedenen Farben machten mich ganz zappelig.
    Dabei fühlte ich mich eigentlich pudelwohl. Es hatte sich im Laufe des Abends im ganzen Viertel herumgesprochen, dass die kleine Morgenroth die arme tote Frau Hindemeier aus dem brennenden Keller gerettet hatte – während des Erdbebens! –, obwohl sie selbst da drinnen beinahe hopsgegangen wäre. Angeblich schäumte der Bierlapp vor Wut. Denn die Hindemeiers waren eine wichtige Familie. Sie wohnten allesamt auf der Parkinsel in noblen Villen und waren durch die Bank steinalt. Sie würden also demnächst einer nach dem anderen geholt werden und mit Sicherheit durfte Papa ihnen ihre De-luxe-Särge aussuchen.
    Ich hatte gar nicht mal viel lügen müssen, als ich meinen Eltern erzählte, was da unten passiert war. Nein, ich musste im Grunde überhaupt nicht lügen – nur ein paar Dinge weglassen. So sagte ich, dass plötzlich das Wasser aus dem Rohr geschossen sei und einen Teil des Feuers gelöscht habe, und nicht, dass Leander in einem sagenhaften Sprung die Spitze des Kamms in das Rohr gedrückt hatte. Denn so wäre es ja tatsächlich gewesen, wenn ich nicht zufällig die Fähigkeit gehabt hätte, meine Körperwächter zu sehen. Okay, gut, eigentlich war Leander nicht mehr mein Körperwächter – aber Schwamm drüber.
    »Der Druck im Rohr war schon die ganze Zeit immens zu hoch«, hatte Papa genäselt. »Früher oder später wäre es in die Luft geflogen. So ist es wenigstens zum richtigen Zeitpunkt in die Luft geflogen.«
    Und das Erdbeben – nun, das hatte wohl Vitus verursacht, aber ein Erdbeben war nun mal ein Erdbeben, es geschah einfach. Mama und Papa hatten es auch gespürt und es war sogar schon in den Nachrichten gemeldet worden. Und durch das Erdbeben war die Tür wieder aufgesprungen.
    Der Rest war Mamas Werk gewesen. Sie hatte das Wasser in den rosafarbenen Flakon gefüllt und den hochprozentigen Alkohol in die durchsichtige Karaffe und sie hatte die Kerzen aufgestellt und die trockenen Zweige in die Vase gesteckt und vor allem nicht gesagt, dass die Tür kaputt war.
    Es gab nur eine Sache, die ich mir nicht erklären konnte und wollte: Warum war die Tür zugefallen? Warum war der kleine Klotz, mit dem Mama sie offen gehalten hatte, zur Seite gerutscht und warum hatte ich gleichzeitig das Gefühl gehabt, dass jemand bei mir war? Und was hatte es mit dem Flusswassergeruch auf sich?
    »Es hat jedenfalls nach Rhein gerochen. So riecht der Rhein an schönen Sommertagen. Ob wir eine Wasserader unter dem Haus haben?« Mir fiel Oma Anni ein. Sie war vergangenen Sommer eines Tages mit einer Wünschelrute durch unser Haus getapert und hatte immer wieder sorgenvoll »oooh,000h,000h« gemurmelt.
    »Keine Wasserader«, antwortete Leander schwer seufzend und strich sich die Haare aus der Stirn. »Und auch kein Rhein. Du hast den Fluss gerochen. Den Fluss.«
    »Den Fluss? Kannst du mal ein bisschen deutlicher werden?«
    »Ihr nennt ihn Hades, glaube ich. Ihr müsst ihn überqueren, um zum anderen Ufer zu gelangen.«
    »Hades …« Ich legte mein Brot beiseite und schluckte mühsam. Ja, von diesem Hades hatte Herr Rübsam in der Schule schon einmal erzählt. Das hatte was mit den alten Griechen zu tun und einem kleinen Schiff, das die Toten auf die andere Seite brachte. Und ein siebenköpfiger Hund gehörte auch dazu.
    »Er war tatsächlich da? Der Meister der Zeit?«
    »Es kann so schnell gehen, Luzie … eine zufallende Tür, Feuer, ein paar trockene Zweige, der falsche Flakon. Er wollte eigentlich nur die Frau mitnehmen, ihre Seele, aber ihr Wächter war noch nicht da, er musste warten, sah dich und dann ergab eines das andere und …«
    »Welcher

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