Verdammt wo ist der Braeutigam
sich inzwischen sogar Ethnologen. Sie haben diese merkwürdigen Rituale zum Forschungsfeld erklärt: Was tun die Leute da? Und vor allem: Was soll das?
Seit den 90er-Jahren setzt sich dieser Brauch zunehmend in Deutschland durch, und immerhin ist die Wissenschaft so weit, dass es darum geht, Spaß zu haben und das Bloßstellen des künftigen Bräutigams oder der künftigen Braut nicht im Mittelpunkt steht. Allerdings braucht man nur ein paar einschlägige Ratgeberseiten im Internet anzuklicken, um festzustellen, dass die derben Späße auf Kosten der künftigen Eheleute deutlich überwiegen.
Es gibt angenehmere Arten, einen seiner letzten Abende vor der Ehe zu verbringen, als in Fesseln auf einer öffentlichen Toilette zu sitzen. Schlimmer geht es natürlich immer. Unserem Bekannten Valentin wären die Handschellen wohl lieber gewesen – hätte man ihn denn gefragt. Seine Freunde aber kamen auf die Idee, ihn in einem Stripteaseclub bis auf die Unterwäsche ausziehen zu lassen. Leider hatte er nicht damit gerechnet und die selbst gestrickten Wollsocken seiner künftigen Schwiegermutter sowie eine Tarzan-Unterhose an. Da ging es Ivo noch besser, einem Freund meines Kollegen Rainer. Er musste in einem Ganzkörperkondom an einer Tankstelle einkaufen, durfte aber eine Maske anziehen, sodass er immerhin nicht erkennbar war – was sich Valentin sicherlich auch gewünscht hätte.
Junggesellenabschiede sind so eine Art Dschungelcamp für Erwachsene. Sie sind die letzte Prüfung vor dem Traualtar und funktionieren wie Initiationsriten von Naturvölkern. Tapferkeit und Schmerztoleranz, das ist es, was Junggesellinnen und Junggesellen dafür brauchen.
Es gibt auch Spiele, bei denen Braut oder Bräutigam möglichst viel Kontakt mit dem anderen Geschlecht haben sollen. Für Junggesellen gibt es etwa die »Aufgabe«, sich möglichst viele Telefonnummern fremder Frauen auf den Rücken schreiben zu lassen oder ihre Unterwäsche-Etiketten einzusammeln. Mir ist mal so ein armer Kerl spätabends in der Fußgängerzone begegnet. Er war schon von Weitem daran zu erkennen, dass alle Frauen einen weiten Bogen um ihn machten. An seinem rechten Fuß zog er eine Eisenkugel hinter sich her, wie man sie früher von Gefängnisinsassen kannte, und im Schlepptau hatte er eine Handvoll feixender und sichtlich angetrunkener Freunde.
Harmloser war der Spaß, an dem meine Freundin Monika beteiligt war: Zusammen mit Freunden hatte sie im Bett des Brautpaars ein Planschbecken voller Wasser platziert. Warum? »Um die zwei zu ärgern«, sagt sie und kichert noch heute darüber. Na, vielen Dank, solche Freunde braucht der Mensch. Und da muss das Brautpaar noch froh sein, dass es keinen Swimmingpool im Garten hatte, sonst wäre wohl das Bett im Wasser gestanden.
Da sind die traditionellen Polterabende irgendwie berechenbarer. Da kommen Freunde und zerdeppern Porzellan – schlimmer wird es nicht. Außerdem dürfen Braut und Bräutigam beide dabei sein, während sie die Junggesellenabschiede im Freundeskreis alleine absolvieren müssen.
Beiden Festen gemeinsam ist, dass man sie auf keinen Fall auf den Tag vor der Hochzeit legen sollte, damit noch etwas Zeit bleibt, sich von den Strapazen des meist feuchtfröhlichen Feierns zu erholen. Wer schon einmal bei einem ausgelassenen Junggesellenabschied dabei war, empfiehlt sogar, den Termin auf mindestens eine Woche vorher zu legen. So eine vorausschauende Terminplanung kann sogar eine Trauung retten.
Meine Kollegin Clara wurde einmal von einer Hochzeit kurzfristig ausgeladen, um dann noch kurzfristiger wieder eingeladen zu werden. Es stellte sich heraus, dass die Braut eine Kreditkartenabrechnung ihres Zukünftigen für ein Doppelzimmer gefunden hatte – am Tag seines Junggesellenabschieds. Es kostete ihn einige Mühe und Treueschwüre, dass er wirklich, versprochen, ganz allein in dem großen Bett lag. Die Hochzeit fand dann statt. Inzwischen ist das Paar allerdings schon wieder geschieden.
Sollten die derben Späße also auch eine Art Test sein, ob da zwei wirklich zusammenpassen? Eine gewisse abschreckende Wirkung haben sie durchaus. Für manche Frauen sind die Aussichten auf einen gefährlichen Junggesellenabschied der Grund, ihren Lebensgefährten lieber gar nicht erst zu heiraten.
Die Namenswahl
VOM DOPPELNACH- ZUM DOPPELVORNAMEN
Jede Heirat ist auch ein Verlust, den die besten Freundinnen der Braut erst einmal verkraften müssen. Die Braut wird sich verändern. Sie wird zum Beispiel weniger
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