Verdammt

kam diese Person in mein Leben. Ich nannte ihn Adam. Er machte das aus mir, was ich jetzt bin, damit ich mich rächen und für immer sein werden konnte. Doch nachdem er mich erschaffen hatte, war ich sogar mächtiger als er, und als ich mich an denen rächte, die mir wehgetan hatten, tat ich auch ihm weh. Weil ich niemandem gehören wollte.«
    Paul Michael empfand nicht so, überhaupt nicht. Er wollte Lilith gehören. Sie rutschte zur Seite und löste sich aus seiner Umarmung, reckte sich und schlang dann ihre kleinen Arme um ihn.
    Schon bald schlief er einfach ein. Gehörte ihr.

Schwarzer Mond
    Als er am nächsten Morgen nach Hause kam, musterte Paul Michael sich im Spiegel, doch er war nicht da. Er war überhaupt nicht vorhanden. Er blickte auf seinen Arm herab. Seine Haut war glatt, haarlos und fast glänzend. Paul Michael berührte sein Gesicht. Auch dort fühlte sich seine Haut glatt an. Keine Flecken, kein Fettfilm. Als er seine Kopfhaut betastete, war sie babyweich. Er hob den Arm und roch an seiner Achselhöhle. Keinerlei Geruch. Überhaupt keiner. Abgesehen vielleicht von einem ganz leichten Hauch von Eisen und etwas Blumigem, eventuell Veilchen oder weiße Rosen oder Mohnblumen. Er roch schön. Er roch wie sie.
    Später, nachdem er geschlafen hatte, verließ Paul Michael das Haus und ging in die Nacht. Es war ein bisschen kühler, wie immer, wenn die Sonne untergegangen war. Ein warmer Wind wehte durch die Stadt. Er war getränkt von Krankheit und Wundern. Es war kein Mond da. Zeit des schwarzen Mondes. So nannte es Lilith.
    Paul Michaels Schritt war leichter. Beinahe hatte er das Gefühl zu schweben, als hätte er keine Organe, die ihn schwer machten.
    Die Straßen waren fast menschenleer. Ein paar Autos fuhren vorüber, und Paul Michael ertappte sich dabei, dass
er sich jedes Mal in den Büschen verbarg, weg von ihrem Licht. Er wollte das Licht nicht, aber er hatte keine Angst. Das war der große Unterschied: Er hatte vor nichts mehr Angst.
    Doch er hatte Hunger.
    Seine Adern schmerzten. Sie fühlten sich verschrumpelt und eingetrocknet an. Erneut schaute er auf seinen Arm, konnte aber durch die Haut keine Adern ausmachen. Mehrmals ballte er die Faust, doch noch immer war nichts zu erkennen.
    »Paul Michael.«
    Er hörte ihre Stimme, aber in seinem Kopf, daher war er sich nicht sicher, ob sie da war oder nicht. »Lilith?«
    »Ich bin gekommen, um mich zu verabschieden.«
    Sie stand direkt vor ihm. Er streckte die Hand aus und versuchte, sie zu berühren, doch sie drehte sich gerade um, und er griff ins Leere. Lächelnd erwiderte sie seinen Blick. Ihre Zähne waren rasiermesserscharfe Perlen.
    »Du wirst meinen Platz einnehmen.«
    »Warum ich?«, fragte er und dachte an all die scharfen, starken, sexy Jungen, die sie hätte wählen können.
    »Weil ich dich brauche.«
    »Aber warum hast du mich gewählt?«
    »Weil du derjenige warst, der sich am meisten nach Entkommen gesehnt hat. Unter allen verlorenen Seelen auf der Welt habe ich die Kraft deiner Fantasie und deiner Not gespürt.«
    Da erinnerte er sich zum ersten Mal, seit es passiert war, an den Abgrund von Carters Augen, die Hölle in ihnen. Paul Michael wäre jetzt ein Killer, und wenn Lilith ihn verließ, für immer ganz allein.

    Er fragte sich, ob es eine Strafe oder ein Geschenk war, was sie ihm gegeben hatte.
    Eine Eule krächzte aus der Finsternis, ein Geräusch, das viel schlimmer war als ein plötzlicher, gewaltsamer Tod, wie die Zerstörung, die Paul Michael nun über die Welt zu bringen verdammt war.
    Er konnte sie nicht mehr fragen. Sie war weg.

Die Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel
»Kisses from Hell« bei HarperTeen,
einem Imprint von HarperCollins Publishers, New York.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    1. Auflage
Deutsche Erstausgabe Juli 2012
    Copyright © »Sunshine« (dt. »Sonnenschein«) 2010
by Richelle Mead
Copyright © »Bring Me to Life«
(dt.»Erweck mich zu neuem Leben«) 2010 by Alyson Noël
Copyright © »Above« (dt. »Oben«) 2010 by Kristin Cast
Copyright © »Hunting Kat« 2010 by Kelley Armstrong
Copyright © »Lilith« 2010 by Francesca Lia Block
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2012
by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Dieses Werk wurde vermittelt durch die
Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen.
Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München
Umschlagmotiv: FinePic
NG · Herstellung: Str.
     
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