Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)
sagt er zu dem Festgenommenen: » Dafür werden Sie sich verantworten müssen. Wie heißen Sie?«
» William Morgan. Aus London.«
Der Schutzmann befiehlt seinem Kollegen: » Aufschreiben! Namen und Anschriften der Zeugen ebenfalls!« Er wendet sich an Adrian: » Ist dieser Mann von Ihnen bedroht worden?«
» Nein. Wir wollten nur wissen, warum er uns photographiert hat. Er hat uns mit diesem Stock da bedroht und geschrien, wir sollten ihn in Ruhe lassen. Wir haben dann versucht, ihm den Stock aus der Hand zu nehmen, daraufhin hat er die Waffe gezogen.«
Der Polizist zeigt Respekt vor Adrians Uniform. » Sie sind Marineoffizier, Herr…?«
» Seiler. Adrian Seiler. Kapitänleutnant im Reichsmarineamt.«
» Danke, Herr Kapitänleutnant! Wo können wir Sie erreichen, falls Ihre Aussage benötigt wird?«
» Fragen Sie nur im Büro der Marinestation Ostsee. Ich werde für die Dauer der Kieler Woche hier in der Stadt sein.«
» Danke verbindlichst!« Er legt die Hand an den Helm und knallt die Hacken zusammen.
» Wir werden den Mann mitnehmen. Er könnte immerhin ein englischer Spion sein.«
Morgan wirft Adrian einen feindseligen Blick aus verkniffenen Augen zu, als er abgeführt wird.
Emmeline zupft ihren Freund am Ärmel. » Randolph! Wieso bist du hier? Was ist los?«
Der macht ein verlegenes Gesicht. » Wegen diesem Morgan. Ich habe erfahren, daß er Mr. Peterman hierher gefolgt ist, und habe mir Sorgen um euch gemacht.«
» Was! Wie hast du das erfahren? Was ist das für eine Geschichte, Randolph?«
Randolph stottert: » Es ist eine ziemlich komplizierte Angelegenheit. Ich werde dir alles erklären, Emmy. Und Ihnen natürlich auch, Herr Peterman.«
Adrian sagt mit hochgezogenen Brauen: » Ja, bitte tun Sie das, Mr. Gordon! Wir sind alle sehr gespannt.«
Kiel, Seebrückenpromenade, 28. Juni 1914, Sonntag
Seiler steht an der Förde, mit Vivian, Peterman, Emmeline und Randolph Drummond, den er ja als Lieutenant Gordon kennengelernt hat. Gestern, nach dem Zwischenfall im Schloßgarten, hat Drummond ihn beiseite genommen und ihm erklärt, er sei ausschließlich aus Sorge um Emmeline hier und bitte deshalb um eine Art Waffenstillstand zwischen ihnen beiden. Seiler wisse wohl genauso wie er, daß sie beide für einen Geheimdienst arbeiteten. Randolph, wie er ihn jetzt nennt, hat ihm auch enthüllt, Morgan habe sich völlig in die Vorstellung verbissen, Peterman, aber auch Vivian seien deutsche Spione, die mit ihm, Seiler, zusammenarbeiten würden, ungeachtet der Tatsache, daß beide offiziell von jedem Verdacht befreit worden seien. Er traue Morgan ohne weiteres zu, einen Anschlag auf die beiden zu verüben, er kenne ihn als einen fanatischen Deutschenhasser. Nur deshalb sei er ihm nachgefahren, ohne Wissen seiner Vorgesetzten.
Seiler hat dies akzeptiert, obwohl ihm nicht wohl dabei war, und ihn gefragt, ob er nach Morgans Rückkehr zu Hause nicht in große Schwierigkeiten geraten würde. Gut möglich, sogar wahrscheinlich, hatte Drummond erwidert. Schlimmstenfalls werde er entlassen. Das sei ihm aber egal. Er liebe Emmeline, das sei alles, was für ihn zähle.
Seiler hat ihm daraufhin versprochen, alles für sich zu behalten. Sie haben sich die Hände geschüttelt und gehen seitdem miteinander um, als wären sie gute Freunde.
Sie stehen nebeneinander und schauen auf die Förde hinaus, die in der Sonne glitzert. Der Himmel ist blau und wolkenlos. Aber irgend etwas ist seltsam, dünkt es Seiler. In das lustige Treiben der Segelboote kommt eine merkwürdige Unruhe. Eine Marinebarkasse jagt mit Höchstfahrt quer über die Förde, am Bug ein Matrose, der mit Winkflaggen signalisiert. Auf Friedrich der Grosse steigt ein Flaggensignal hoch und weht aus, das Typhon bläst zwei scharfe Töne, um die Aufmerksamkeit der anderen Schiffe auf das Signal zu richten . Schon wird es niedergeholt, damit ist der signalisierte Befehl auszuführen. Matrosen laufen aufs Achterdeck und holen die Heckflagge nieder. Auch die Flagge des Admirals im Großtopp sinkt herab. Leute bleiben stehen und schauen zu den Schiffen hinüber. Was hat das zu bedeuten? Seilers Blick wandert über die versammelten Linienschiffe. Überall werden die Flaggen auf halbstock gesetzt, jetzt auch auf den englischen Schiffen. Auf dem Flottenflaggschiff steigt eine neue Flagge in den Großtopp, rot-weiß-rot, die Farben von Österreich-Ungarn. Eine sonderbare Stille senkt sich über Kiel und die Förde. Es muß etwas Schlimmes geschehen sein.
Von der
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