Vereint
Glitzern in ihren Augen sagte mir, dass ich mich damit nicht würde durchsetzen können.
»Ich möchte einfach nur, dass du glücklich bist«, erwiderte ich schließlich.
Blaire küsste mich auf die Nasenspitze. »Das weiß ich doch. Einer der vielen Gründe, warum ich dich liebe.«
»Wenn du erst nach Thanksgiving nach L.A. fliegst, um dich mit deiner Schwester zu befassen, dann schließe ich mich dir an. Außerdem ist es Jahre her, dass ich mal ein Thanksgiving mit dir verbracht habe«, verkündete mein Dad.
Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.
»Wir hätten Sie sehr gern mit dabei, Mr Finlay«, meinte Blaire und strahlte ihn an, als wäre es ihr ernst damit.
»Nenn mich doch bitte Dean, und duze mich, Schätzchen. Wir sind doch schon so gut wie eine Familie.«
Angesichts ihrer erfreuten Miene musste ich lächeln. Vielleicht war es ja gar nicht so schlimm, wenn Dad Thanksgiving mit uns feierte. Wenn er Blaire zum Lächeln bringen konnte, dann kam ich damit klar.
A ls wir uns über Thanksgiving unterhalten hatten, waren Erinnerungen an meine Mutter in mir hochgestiegen. Ich würde es zum ersten Mal ohne sie feiern. Je mehr mir das bewusst wurde, umso schwerer fiel es mir zu atmen. Ich zwang mich zu lächeln und eine Entschuldigung zu murmeln, bevor ich hocheilte, um mich zu duschen. Rush brauchte sowieso mal ein bisschen Zeit allein mit seinem Dad.
Während ich mich auszog und mich unter die Dusche stellte, ließ ich den bislang zurückgehaltenen Tränen freien Lauf. Das warme Wasser strömte über mich, und mir entkam ein lauter Schluchzer. Letztes Jahr hatte ich das Thanksgiving-Essen für Mom und mich zubereitet, und wir hatten es zusammen im Esszimmer zu uns genommen. Ohne Freunde oder Familie. Nur wir beide. An jenem Abend hatte ich auch geweint. Denn tief in mir hatte ich gewusst, es würde mein letztes Thanksgiving mit meiner Mom sein. Die Erinnerungen an vergangene Jahre, als Valerie und mein Vater noch mitgefeiert hatten, waren bittersüß. Mein Herz sehnte sich nach allen, die wir verloren hatten. Ich hatte nicht gedacht, dass irgendetwas so schmerzen könnte, aber nun wusste ich, dass ich mich geirrt hatte.
Es würde schwer werden, die Feiertage ohne meine Mom zu begehen. Thanksgiving und Weihnachten hatte sie über alles geliebt. Wir fingen grundsätzlich an Thanksgiving an, das Haus weihnachtlich zu schmücken. Dann setzten wir uns vor den Fernseher, sahen uns White Christmas an und machten uns über die Reste des Truthahns und den Süßkartoffelauflauf her. Das war bei uns Tradition. Selbst noch, nachdem wir Valerie verloren hatten und Dad uns verlassen hatte.
Dieses Jahr würde alles anders sein. Das Wissen, dass Rush bei mir sein würde und ich eine neue Familie gründete, linderte den Schmerz. Ich wünschte mir nur, meine Mutter könnte hier sein und mich so glücklich erleben.
Die Tür ging auf, und ich fuhr herum und sah Rush ins Badezimmer kommen. Mit gefurchter Stirn blieb er stehen und betrachtete mich einen Augenblick, bevor er sich das Shirt auszog und es auf den Marmorboden warf. Dann öffnete er seine Jeans, zog sie mitsamt seinen Boxershorts aus und trat zu mir in die Duschkabine.
»Wieso weinst du?«, fragte er und umfasste mein Gesicht. Meine Tränen hatte das Duschwasser weggespült, aber ich musste wohl noch rot geweinte Augen haben.
Ich schüttelte den Kopf und lächelte ihn an. Ich wollte ihn nicht mit meinen Gefühlen belasten.
»Ich habe dich gehört, als ich die Tür zum Schlafzimmer aufgemacht habe. Ich muss wissen, warum, Blaire!«
Ich seufzte, schmiegte mein Gesicht an seine Brust und schlang die Arme um seine Taille. Ich hatte viel verloren, aber Gott hatte das wiedergutgemacht, indem er mir Rush geschenkt hatte. Ich musste mich daran erinnern, wie gesegnet ich eigentlich war. »Mich hat die Tatsache umgehauen, dass dies mein erstes Thanksgiving ohne meine Mom ist«, gestand ich.
Rush drückte mich noch fester an sich. »Das tut mir leid, Baby«, flüsterte er mir ins Haar.
»Mir auch. Ihr hätte es so gut gefallen. Ich wünschte, du hättest sie kennenlernen können.«
»Das wünschte ich mir auch. Bestimmt war sie genauso vollkommen wie du.«
Lächelnd wollte ich ihm widersprechen. Niemals würde ich meiner Mutter auch nur entfernt das Wasser reichen können! Sie war einer jener besonderen Menschen gewesen, die die Welt nicht oft zu sehen bekommt.
»Wenn’s dich zu sehr belastet, dass mein Vater hier rumhängt, dann schicke ich ihn weg. Du
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