Verfehlung: Thriller (German Edition)
war sich sicher, dass es mit ihnen beiden auf keinen Fall geklappt hätte, und als sie in den Skandalblättern von seinen Drogenexzessen las, hatte sie sich in ihrer Überzeugung bestätigt gefühlt. Tom allerdings wusste nichts von ihrer früheren Beziehung, und es war eins der wenigen Geheimnisse, die sie vor ihm hatte, heimlich die CD zu hören. Jede Frau brauchte ein Geheimnis.
Sie schob die CD in den Player und drehte den Lautstärkenregler so weit nach rechts, dass die Musik die Lüftung übertönte. Dann verlor sie sich für ein paar kurze Minuten im Soundtrack ihres früheren Lebens, während die Scheiben langsam klar wurden und die Welt um Rebecca herum zum Vorschein kam.
4
07:30 Uhr
Nachdem er geduscht hatte, rief Logan Finch bei Alex Cahill an. Alex war, wie üblich, für die frühe Tageszeit schon geradezu unanständig munter. Logan fand, dass seine morgendliche Betriebsamkeit ans Widernatürliche grenzte, und hielt damit nicht hinterm Berg.
»Halt die Klappe.«
Alex Cahills Standarderwiderung.
»Bist du schon auf?«, fragte Alex.
»Seit fünf. Konnte es wohl nicht erwarten, dich wiederzusehen.«
»Also sind wir bereit, uns mit dem Knaben zu treffen und seinen Laden zu übernehmen?«
»Klar. Aber diese andere Sache mit Bob soll heute auch ins Rollen kommen, also ...«
»Also willst du deinen alten Kumpel mit dem kleinen Deal abspeisen und selbst das große Geld einstreichen. Bist du etwa dermaßen auf die Seniorpartnerschaft erpicht, dass du alles, was wir zusammen aufgebaut haben, opfern würdest?«
»Ja, doch. Würde ich.«
»Du bist unverbesserlich. Dann sehen wir uns um halb neun vor dem Büro.«
Das Geräusch, mit dem er auflegte, hallte in Logans Ohr nach.
Alex Cahill war einer von Logans ersten Mandanten gewesen. Er war in Colorado geboren, hatte aber den Entschluss gefasst, nach Schottland überzusiedeln, als er sich
in ein schottisches Mädchen verliebte, das er dann auch heiratete. Seine Frau war Altenpflegerin von Beruf gewesen, und sie hatten sich kennengelernt, als sie auf einer von der Regierung gesponserten Studienreise nach Denver kam, um sich dort über die amerikanische Praxis der Geriatrie zu informieren. Inzwischen hatte Samantha Cahill ihren Beruf aufgegeben und blieb zu Hause bei ihren zwei Kindern, während ihr Mann von einem eleganten Büro in der 123 St Vincent Street einen Sicherheitsdienst betrieb.
Logan war ihm zum ersten Mal vor sechs Jahren auf Samanthas Geburtstagsfeier begegnet, wohin ihn seine damalige Freundin, eine alte Schulkameradin von Sam, mitgeschleppt hatte, und es hatte sich ergeben, dass er und der Gastgeber ins Gespräch gekommen waren. Am nächsten Tag rief Cahill bei Logan an, um mit ihm die Modalitäten der Übernahme eines kleinen Sicherheitsbüros in East Kilbride zu besprechen. Dies war die erste von drei solchen Übernahmen gewesen, mit denen Cahill sein im Werden und Wachsen begriffenes Unternehmen ausbauen sollte: Nun stand sein größter Deal ins Haus. Dennoch waren Logan und Cahill in erster Linie Freunde, ihre gemeinsamen Geschäftsinteressen spielten eher eine zweitrangige Rolle.
Logan zog gerade den Krawattenknoten zurecht, als Bob Crawford anrief.
»Hallo, Logan. Alles bereit für heute?«
Er hörte sich an, als sprühe er vor Tatendrang, was bei ihm allerdings nichts Besonderes war. Crawford war der jüngste Partner in der Anwaltsfirma und hatte seinen Aufstieg mit der Präzision einer lasergesteuerten Fernlenkwaffe betrieben. Nach sechs Jahren hatte er es zum Teilhaber gebracht und verfügte nun über sämtliche Annehmlichkeiten, die eine solche Position mit sich brachte – eine Privatschule
für seine Kinder, ein geräumiges Haus in Pollokfields (wo man die Spielerfrauen der Glasgow Rangers auf der Straße treffen konnte, wie er stets voller Stolz betonte) und einen jüngst erworbenen Porsche Turbo. Logan und Crawford standen kurz davor, ein lukratives Geschäft abzuschließen, das Crawford Logan zugeschustert hatte – es war der größte Deal in Logans bisheriger Karriere.
»Aber immer doch, Bob«, sagte Logan. »Ich habe heute Vormittag noch die Sache mit Alex zu erledigen, aber ruf mich doch im Konferenzraum an, damit ich einen Vorwand habe, mich davonzustehlen.«
»Okay. Du und Cahill, seid ihr eigentlich immer noch mit diesen abgenutzten Machtspielchen beschäftigt, mit denen ihr ahnungslose Anwälte aufs Kreuz legt?«
»Es läuft.«
»Gut, gut.« Mit einem Mal wirkte Crawford abgelenkt. »Wir sehen uns dann
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