Verfemte des Alls
bis zum Rand mit farbigen Stoffen gefüllt war – ein Grün, das auch Blau war, ein warmes Gelb. Vielleicht waren es Gewänder. Thanel nahm keinen der Stoffe heraus.
Direkt gegenüber der Tür befand sich keine andere Wand, sondern ein Vorhang aus merkwürdig flimmerndem Material. Foss ging darauf zu, und ich folgte ihm. Ich spürte, dahinter war es … er durfte nicht durch diesen Vorhang gehen!
Es war zu spät! Ich blieb hinter ihm, obgleich ich bereits erraten hatte, was hinter diesem Vorhang lag. Erraten? Nein, ich wußte es!
Und da ich es wußte, erwartete ich, daß uns die eisige Luft einer Gefrierkammer entgegenschlagen würde … Wenn ich es recht bedachte – wieso hatten wir sie nicht schon in dem Vorraum gefühlt?
Sie lag auf dem schmalen Lager, Kopf und Schultern halbaufgerichtet, gestützt von einem dicken Kissen, und blickte von uns fort, hinaus durch die Kristallwand. Aber die Fühler ihrer Krone schwankten hin und her, verschlangen und bewegten sich heftig. Ihre Katzenköpfe drehten sich nicht nur sofort zu uns um und starrten uns an, sondern zuckten ruckartig vor und zurück, als wollten sie sich lösen von den Drähten, die sie mit dem Reif verbanden, um sich auf uns zu stürzen.
Wenn diese Frau nicht im Gefrierzustand war – wie hatte sie sich dann erhalten? Schlafen konnte sie nicht, denn ihre Augen standen offen. Auch konnte ich nicht die geringsten Atembewegungen entdecken.
»Thanel!« Foss ging nicht weiter hinein. Auf seinen Ruf hin gerieten die Katzenköpfe in wilde Bewegung. Ich wurde beiseite geschoben, als der Mediziner zu uns trat. »Lebt sie?« fragte Foss.
Thanel holte seinen Lebenskraft-Detektor hervor. Er nahm einige Einstellungen vor und näherte sich dann der Fremden – widerwillig, wie mir schien. Dann und wann warf er einen Blick auf die wirbelnde Krone. Er hielt das Instrument über die ruhende Frau, betrachtete die Skala mit Stirnrunzeln, drückte auf einen Knopf und las noch einmal ab.
»Nun, was ist?« drängte Foss.
»Sie lebt nicht, aber sie ist auch nicht tot.«
»Und was soll das heißen?«
»Genau das, was ich sagte.« Thanel drückte wieder auf den Knopf. »Das Gerät registriert weder das eine, noch das andere. Und ich kenne keine Lebenskraft, die so fremdartig ist, daß dieses Instrument ihr Vorhandensein oder Nichtvorhandensein nicht augenblicklich anzeigt. Sie befindet sich nicht im Gefrierzustand, nicht in dieser Atmosphäre. Aber wenn sie tot sein sollte, habe ich noch niemals einen so gut erhaltenen Körper gesehen.«
»Wer soll tot sein?« Borton, gefolgt von dem anderen Offizier, trat durch den Vorhang und blieb wie angewurzelt stehen, als er die Fremde sah.
Ich konnte die Frau nicht länger anblicken. Es lag etwas in der ständigen Bewegung ihrer katzenköpfigen Krone, das mich zutiefst beunruhigte – als ob ein hypnotischer Bann von den wirbelnden Metallfühlern ausginge. Ein letztes Mal bemühte ich mich, sie zu warnen.
»Tot oder lebendig – sie greift nach euch!« Meine Stimme klang rauh. »Ich sage euch – sie ist gefährlich!«
Thanel sah mich an. Die anderen standen da, als hätten sie nichts gehört. Wie hypnotisiert starrten sie die Frau an. Thanel packte den Kommandanten plötzlich am Arm und drehte ihn herum, so daß er die Fremde nicht mehr direkt ansah. Er blinzelte und schluckte. »Vorwärts!« Der Arzt gab ihm einen zweiten Stoß.
Borton stolperte zurück zum Vorhang und stieß dabei gegen Foss. Ich war bereits auf der anderen Seite des Kapitäns und stieß ihn mit der Schulter aus der direkten Sichtlinie der Frau. Und auf einmal schien auch er wieder zu erwachen.
Am Ende standen wir alle wieder auf der anderen Seite des Vorhangs, ein wenig schweratmend, als wären wir sehr schnell gelaufen. Mir wurde bewußt, daß die Kappe auf meinem Kopf heiß war. Der Drahtreif an meinen Schläfen verbrannte mich fast. Ich sah, wie Thanel an sein Metallband griff und hastig die Finger zurückzog.
Dann war Foss neben mir. »Drehen Sie sich um.«
Ich gehorchte und spürte, wie er sich an meinen Handgelenken zu schaffen machte. Einen Augenblick später war ich frei von meiner Fessel.
»Jetzt kann ich glauben, daß hier alles geschehen kann, Vorlund«, sagte er. »Nachdem ich das erlebt habe, kann ich es glauben! Sie ist genau so, wie Sie beschrieben haben. Und ich glaube, sie ist eine tödliche Gefahr!«
»Was ist mit den anderen?« fragte Thanel.
»Einer ist dort drinnen.« Ich nickte in Richtung der nächsten Kammer und rieb meine
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