Verfemte des Alls
kommt.«
Thanel runzelte die Stirn. »Für diese Art von Wiederbelebung haben wir nichts mit.«
»Aber Sie müssen doch etwas in Ihrem Notgepäck haben – irgendeine Energiespritze!«
»Ein fremder Stoffwechsel«, murmelte er, als er sein Arztgepäck hervorholte. »Wir können nicht voraussagen, wie der Körper reagiert.«
»Sag ihm, er soll alles versuchen«, empfing ich Griss’ hektischen Gedanken. »Lieber tot als das hier!«
»Du bist weit entfernt davon, tot zu sein!« entgegnete ich.
Thanel beugte sich über den sitzenden Körper, um einen Injektionskubus auf der nackten Brust zu befestigen, genau über der Stelle, wo beim Menschen das Herz gewesen wäre. Zumindest blieb der Kubus haften und wurde nicht sofort abgestoßen. Der Körper zuckte zusammen, und sichtbare Schauer durchliefen die Glieder.
»Griss?«
Keine Antwort, nur die Übermittlung von Schmerz und Angst. Hatte Thanel recht, und das für unsere Rasse bestimmte Stärkungsmittel erwies sich als gefährlich für eine andere Art?
»Griss!« Ich nahm die Hand, die er mit so viel Mühe bewegt hatte und hielt sie fest zwischen meinen beiden Händen. Nur mein fester Griff hinderte sie daran, in krampfartigen Zuckungen um sich zu schlagen. Die andere Hand fuchtelte in der Luft herum, die Beine traten um sich, der Körper selbst wand sich ruckartig, als versuche er, sich zu erheben, ohne imstande zu sein, diese Bewegung zu vollenden.
Jetzt wurde auch das erstarrte, ausdruckslose Gesicht lebendig. Der Mund öffnete und schloß sich, als würde er schreien, aber kein Laut drang über die Lippen. Dann zogen sich die Lippen zurück, und er fletschte die Zähne wie ein in die Enge getriebenes Tier.
»Es bringt ihn um!« Foss streckte die Hand aus, als ob er den Kubus wegstoßen wollte, aber Thanel hielt seine Hand fest.
»Lassen Sie das! Wenn man jetzt unterbricht, wird es ihn umbringen.«
Ich versuchte, den Geist hinter jenem gequälten Gesicht zu erkennen. »Griss!« Er antwortete nicht, aber die krampfhaften Zuckungen ließen nach, sein Gesicht war nicht mehr so verzerrt. Ich wußte nicht, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. »Griss?«
»Ich … bin … hier.« Die Antwort kam so schleppend, als wäre er völlig erschöpft. »Ich … bin … immer … noch … da …« Ich spürte, daß ihn diese Tatsache sehr verwunderte.
»Griss, kannst du deine Hände gebrauchen?« Ich ließ seine Hände los und legte sie auf seine Knie.
Sie zitterten nicht mehr und bewegten sich auch nicht fahrig durch die Luft. Langsam hoben sie sich bis auf Brusthöhe. Die Finger ballten sich zur Faust, streckten sich wieder, bewegten sich einer nach dem anderen, als würden sie ausprobiert.
»Ich kann es!« Die Lethargie von vorher war völlig verschwunden. »Helft mir aufstehen!«
Die Hände stützten sich auf den Armlehnen. Ich sah, welche Anstrengung es ihn kostete, sich aufzurichten. Aber er schaffte es und stand aufrecht da, wenn auch etwas wackelig und auf den Sessel gestützt. Thanel war rasch an seiner rechten Seite, ich an der anderen, um ihn zu stützen. Griss machte einige unsichere Schritte, aber mit jedem Schritt ging es schon besser.
Der Stärkungskubus hatte seinen Inhalt abgegeben, löste sich von seiner Brust und fiel herab. Griss holte tief Luft, und ich hatte Gelegenheit, den vollendeten Bau seines jetzigen Körpers zu bewundern. Es sah aus, als wäre eine idealisierte Skulptur der menschlichen Gestalt plötzlich zum Leben erwacht. Er war gut zwei Hände größer als wir, die wir ihn umstanden, und seine Muskeln arbeiteten immer müheloser unter seiner blassen Haut.
»Jetzt will ich es allein versuchen«, sagte er laut. Seine Stimme klang merkwürdig flach, fast tonlos, aber wir konnten ihn ohne Schwierigkeiten verstehen. Er ging einige Schritte vor und zurück, fest und sicher jetzt. Dann blieb er vor dem Sessel stehen, nahm die groteske Krone von seinem Kopf und ließ sie auf den Sessel fallen.
Sein Kopf war kahl, wie jener des Schläfers in dem Gefrierkasten. Aber er fuhr sich immer wieder mit der Hand über die Haut, als müßte er sich vergewissern, daß die Krone nicht mehr da war.
»Ich habe es geschafft!« Triumph lag in seiner Stimme. »Genau wie du gesagt hast, Krip! Und wenn ich es kann, dann können die anderen es auch!«
16
Krip Vorlund
»Welche anderen?« fragte Foss.
»Lidj und der Patrouillenoffizier – dort und dort!« Er blickte durch die transparente äußere Wand und deutete nach rechts und links,
Weitere Kostenlose Bücher