Verflixte Hühnersuppe (German Edition)
mich an meinen eigenen Worten verbrennen. Zu viele Tatsachen, die ich nicht habe sehen wollen, stürzen auf mich ein und entfachen ein Feuer. Das Feuer der verdrängten Wahrheiten, geschürt tief im Inneren. Der Wolf hat nicht übertrieben und er duldet auch keine Widerworte. Sie sind auch gar nicht notwendig. Ich bin am Ende. Alles habe ich getan, um meine Feinde zu vernichten, doch es ist unmöglich.
Hinter mir niest die Schlangenfrau erneut.
„Gesundheit!“, sagt Anna gewohnheitsgemäß, dann patscht sie ihre Hand auf den Mund. Ich sehe, dass auch Lederjacke und Fledermaus näher kommen. Es kleben noch schleimige Fäden in ihren Haaren – zumindest bilde ich mir das ein. Keine Einbildung ist, dass sie uns umzingelt haben.
„Du weißt nicht einmal, wofür du kämpfst!“, sagt der Wolf mit einem Blick, der mein böses Funkeln längst in den Schatten stellt. „Du denkst, du kämpfst für die richtige Seite – aber wer sagt dir das? Man hat dir das Zeichen in den Schoß geworfen und du glaubst, genau zu wissen, wem du damit helfen kannst! Aber du bist blind!“
„Ich weiß genau, wofür ich kämpfe!“, schreie ich und habe doch nicht die blasseste Ahnung. Bisher glaubte ich, etwas zu wissen – nämlich genau das, was mir meine Eltern erzählt hatten. Aber haben sie mir auch wirklich die Wahrheit gesagt? Mir verschwimmt alles vor den Augen und dreht sich zu einem Albtraum ohne Licht und Farben: Habe ich meine Zeit auf der Erde vielleicht mit einem falschen Ziel verbracht? War alles umsonst?
„Das glaubst du also?“, fragt der Wolf leise. Ich sehe deutlich, wie er mich bemitleidet. In seinen gelben Augen schwimmt nicht mehr nur der Hohn, sondern nun auch erbärmlicher Spott. „Und du verkriechst dich auf einer Welt, die so verkommen ist und sich in ihrem eigenen Elend labt! Sieh dich an, du gehst in ihre Schulen, die nicht einmal das Niveau der ersten Lebensjahre auf Labaido erreichen!“
„Aber die Menschen hier haben Gefühle, von denen du nichts verstehst!“, schreie ich dieses Riesenbaby verzweifelt an. Ich sehe Anna neben mir und vor meinem geistigen Auge erscheinen Dulack und Steinkaul – und Yannik, Katzenauge und all die vielen Menschen, mit denen ich zuletzt zusammen war. Ich keuche, als hätte ich gerade minutenlang in der Sintflut um mein Leben gekämpft. Langsam bekomme ich das Gefühl, einfach so zu ersticken. Alles, woran ich mich geklammert habe, scheint nicht mehr greifbar zu sein. Und ich bäume mich auf, ein letztes Mal, wie vor einem Todeskampf. Ich will diese Bestie von Wolf nicht mehr sehen! Ich verfluche ihn in die heißeste Wüste oder das tiefste Meer, besser noch in eine andere Galaxie, sofern es nicht die der Sieben-Welten ist. Ja, für ihn ist alles nur ein Spiel, aber in Wirklichkeit geht es hier um Menschenleben!
Der Wolf scheint meine Gedanken zu erraten und lächelt, als amüsiere es ihn wirklich. „Ich sehe schon, du bist dem Bann dieser Welt erlegen. Dann muss ich dir wohl Nachhilfe geben? Ja, die Menschen der Sieben-Welten stammen von denen der Erde ab. Vor mehr als 2000 Jahren fanden Jäger ein Raumschiff versteckt in einem Berg. Der damalige König befahl, es zu säubern und auf Hochglanz zu polieren, damit er bei seinen Feinden damit prahlen konnte. Also mussten Dutzende von Sklaven diese Aufgabe erledigen. Zu dumm nur, dass eine Putzfrau den Hebel zum Start betätigte und all diese Leute augenblicklich in einen Tiefschlaf fielen. Sie wachten erst auf, als sie sich in der Umlaufbahn der Sieben-Welten befanden. Ein Zurückkommen war zunächst unmöglich für eine so gering entwickelte Lebensform. Erst nach einigen Hundert Jahren haben sie es geschafft, die Galaxie zu erforschen, und sie haben sie das Sieben-Welten-Gestirn genannt. Immerhin haben sie sich weiterentwickelt – und sie haben mich geschaffen und den Trigonischen Kristall, um den Frieden der Welten zu sichern. Und um nicht dieselben Kriege zu führen, die sich damals auf der Erde abgespielt hatten. Damit haben sie das einzig Richtige getan. Mehr als ein Jahrtausend lebten wir in Frieden. Währenddessen haben sich die Menschen hier auf der Erde beinahe selbst vernichtet mit ihrem krankhaften Egoismus und ihrem Ehrgeiz. Sie tun nichts, um Ozonwerte zu korrigieren und Naturkatastrophen zu verhindern! Sie denken nur an ihren eigenen Vorteil, vertuschen Wahrheiten und unterdrücken die Armen! Es dauert nicht mehr lange, dann sitzen sie in ihrem eigenen Grab!“
Eine Stille entsteht, die so drückend
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