Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
Und damit erhebt er sich und geht zu Mari und Alin’jiana.
Dass wir noch in derselben Nacht den Weg zurückreiten, hätten wir uns nicht träumen lassen. Aber es muss sein, im Morgengrauen hätten wir nirgendwo Schutz gefunden. Der Heiler bekommt mein Pferd, aber anstatt froh darüber zu sein, jammert er andauernd über Schmerzen im Po. Ich sitze auf Maris Pony, die immer noch von Tora getragen wird. Rido läuft neben uns her, das heißt, er braucht nur große, schnelle Schritte zu machen, um mit den Pferden Schritt zu halten.
Rido und ich bleiben zurück, als die Schlucht zu den Wasserfällen beginnt. Tora will uns hier abholen, denn für den Aufstieg sei es wichtig, dass sie von niemandem gestört werden. Also postieren wir uns in einer sehr versteckten Nische, von der aus wir einen wunderbaren Überblick über die Ebene haben.
Der Morgen bricht bereits an, die Berge werden in goldenes Licht getaucht und die Gipfel glänzen wie Puderzucker. Rido sagt, ich solle mich schlafen legen, es würde ausreichen, wenn er Ausschau hielte. Ich behaupte, ich wäre noch nicht müde, bin aber Sekunden später eingeschlummert.
Als ich aufwache, liegt mein Kopf auf Ridos Bein. Ich höre Hufgetrappel und erkenne Tora und Benar, die auf unser Versteck zuhalten. Tora sieht ernst aus, Benar hundemüde, dafür aber glücklich. Jetzt braucht er keine Angst mehr vor der Todesstrafe zu haben – und ich muss ihn nicht heiraten!
„Benar und ich reiten fort!“, sagt Tora bestimmend. „Ihr beide bewacht den Pass und solltet ihr etwas Auffälliges bemerken, zieht ihr euch zur Höhle zurück! Nadine, du kennst den Weg?“
Ich nicke. „Wo wollt ihr hin?“
„Wir verlassen das Tal. Rido, du bist noch immer meinen Befehlen unterstellt. Ich erwarte von dir, dass du meine Familie mit deinem Leben verteidigst.“
„Jawohl, Mali’tora“, antwortet Rido mit unbewegtem Gesicht.
Jetzt kannst du glauben, was du willst, aber für mich sieht das aus, als wolle Tora abhauen. Uns einfach im Stich lassen. Aber das passt nicht zu ihm.
Hm, vielleicht will er ja zur Erde, den echten Kristall holen?
„Du wirst ihn nicht bekommen!“, rufe ich entsetzt.
„Wen?“, fragt er zurück und beobachtet mich scharf.
„Der Schulleiter wird den Kristall versteckt haben. Oder in der Welt herumreisen und ihn gezielt einsetzen. Ehe du Dr. Steinkaul findest, ist das ganze Tal hier vernichtet.“
„Wir haben Geräte, um ihn ausfindig zu machen“, antwortet Tora knapp. „Wir beeilen uns.“
Da! Wieder bin ich das dumme Huhn, das 37 Jahre lang geglaubt hat, das Körnchen Futter wäre für mich allein. Nee, sie haben immer gewusst, wo ich steckte. Wie konnte ich nur glauben, in Sicherheit zu sein? Wie dumm bin ich eigentlich?(3)
Außerdem werde ich das Gefühl nicht los, dass der Befehlshaber der Schwarzen Seite ziemlich sauer auf mich ist. Aber was habe ich denn getan? Ist es falsch, den Menschen auf der Erde zu helfen?
Benar blickt noch einmal zurück und lächelt mich entschuldigend an, dann sehen wir von den beiden nur noch eine helle Wolke.
„Hinterher!“ Und schon holt Rido mit großen Schritten aus.
Zuerst gucke ich wie belämmert drein – an dem dummen Huhn ist scheinbar doch eine Menge dran –, dann versuche ich ihn einzuholen, muss dabei aber laufen. „Was soll das? Wir sollen doch hier Wache schieben!“
Der Wolf grinst mich überheblich an. „Ich bin ihm verpflichtet? Diese Aussage ist definitiv falsch!“
„Du meinst, du willst ihnen folgen?“
„Natürlich! Warum sonst habe ich ihm wohl von dem Kristall auf der Erde erzählt? Es war abzusehen, dass er ihn holen wird – und damit zeigt er uns den Weg nach draußen!“
Ich bleibe stehen. „Warte mal! Wir müssen auf die beiden Familien aufpassen! Sie sind ungeschützt und Mari ist krank!“
Aber Rido denkt gar nicht daran, stehen zu bleiben. Ich laufe wieder hinter ihm her.
„Die Familien interessieren mich nicht! Ich habe eine Aufgabe, aber es ist nicht die von Tora!“, knurrt der Riese.
„Du meinst, du willst nach Labaido? In die Regierungsfestung zu meinem Vater?“
„Genau!“
Fassungslos verharre ich auf der Stelle. „Ich komme nicht mit!“, sage ich dann entschlossen. Sicher, es ist lange Zeit mein größter Wunsch gewesen, das Tal zu verlassen und herauszufinden, wer der Böse in diesem Krieg ist. Aber das war, bevor die Schlangenmenschen das Tal eingenommen haben. Bevor ich Tora und die Talbewohner besser kennengelernt habe. Und bevor Mari so
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