Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
Straßen weiter gelaufen sind, drücken wir uns an eine Häuserwand und atmen erleichtert aus.
„Von hier aus ist es nicht mehr weit“, flüstert Tora mir zu. „Da drüben …“
„Wer ist da?“, ruft plötzlich jemand.
Es ist Kara, einer der Jugendkämpfer!
Schnell ducke ich mich hinter eine Regentonne und Tora presst sich in einen Hauseingang.
Der Junge kommt näher. Obwohl er nur in der Gruppe der Heranwachsenden trainiert hat, habe ich ihn trotzdem nie besiegen können. Ich sehe das Weiße in seinen Augen leuchten und mir wird bewusst, dass wir mit anderen Mitteln kämpfen müssen – und das sind die unfairen.
Ich fühle den feinen Staub auf dem Boden. Vorsichtig schiebe ich eine Hand voll zusammen und halte sie bereit. Kara macht noch einen Schritt auf mich zu, da springe ich auf und schmeiße ihm den Sand ins Gesicht.
„Uhaaa!“, grunzt er und presst eine Hand auf die Augen.
Obwohl Tora keine Ahnung von Kampftechniken hat, greift er den Jungen von hinten an. Gemeinsam können wir ihn zu Boden drücken und mit Bindedraht fesseln, den er in seinen Taschen hat.
„Wohin mit ihm?“, frage ich leise. „Wir können ihn doch nicht hier liegen lassen?!“
Tora stößt eine Tonne um, aus der Regenwasser heraussickert. „Hier rein!“
Zu zweit bugsieren wir ihn dort mit dem Po voran hinein und stellen die Tonne wieder aufrecht hin. So schnell wird er dort jedenfalls nicht herauskommen!
Nach ein paar Minuten, in denen wir gespannt in die Nacht hineinlauschen, machen wir uns auf den Weg. Vermutlich hat keiner unserer Feinde den Kampf gehört.
Den Heiler ein paar Minuten später davon zu überzeugen, dass er mit uns kommen sollte, ist dagegen weitaus schwieriger. Wir müssen den vor Angst zitternden Mann aus einem Schrank herauslocken, in dem er sich versteckt hält. Als er schließlich draußen ist, muss er ständig niesen. Abhilfe schafft nur eine Wäscheklammer auf seiner Nase, die ich von einer Leine stibitze.
Am Stadtrand angekommen, ahme ich Grillen nach, um Rido ein Zeichen zu geben. Aber er hat den Wächter bereits gefesselt und geknebelt im Gebüsch versteckt, sodass wir endlich ungehindert abziehen können.
„Endlich!“ Alin’jiana seufzt, als wir ihr Versteck erreichen. „Wir haben uns solche Sorgen gemacht!“
„Uns ist nichts passiert“, versucht Tora sie zu trösten. „Wir mussten nur sehr vorsichtig sein.“
Im Schein einer Fackel untersucht der Heiler Mari’jeh. Er schickt alle fort, nur die Mutter darf bleiben. Das passt Tora überhaupt nicht und so ziehen wir den brummenden Mann mit uns.
„Ihr könnt nicht hierbleiben!“, sagt Rido ungeduldig. „Es wird auffallen, wenn Kara und der Schlangenwächter sich nicht bald zurückmelden. Sie schlagen Alarm und spätestens morgen wird die Ebene abgesucht. Mali’tora, ihr müsst fort von hier!“
Ich sehe Toras Augen im Dunkeln aufblitzen, doch er schweigt.
„Wir könnten uns im Wald verstecken“, schlägt Benar vor.
„Die Schlangen sind Meister im Fährtenlesen“, widerspricht Rido. „Ein Wald wird euch nicht ausreichend schützen.“
Ich nicke bestätigend, auch wenn das niemand sehen kann. „Wir könnten in die Berge klettern. Es wird dort sicher eine Stelle geben, von der aus wir den Weg überwachen können.“
„Die Berge sind hart und rau, die Kinder werden euch verraten. Die Schlangen werden anrücken und euch umzingeln. Habt ihr Waffen, mit denen ihr euch verteidigen könnt?“ Rido schnaubt verächtlich, weil er natürlich weiß, dass wir keine haben. „Sie kommen ohne Waffen aus, sie opfern sogar ihr Leben, um ihr Ziel zu erreichen. Nein, es muss etwas Sichereres sein! Ihr müsst das Tal verlassen!“
Tora schüttelt entschieden den Kopf. „Den Ritt wird Mari nicht durchhalten, sie braucht dringend Ruhe!“
„Dann muss es etwas sein, was nicht so schnell gefunden wird. Eine Höhle wäre für die erste Nacht das Beste.“
Endlich ringt Tora sich durch. „Es gibt ein Versteck … bei den Wasserfällen.“
Ich versuche, Tora in die Augen zu sehen. Wird er wirklich das Geheimnis seiner Höhle preisgeben? Bricht er selbst den Eid und Benar ist aus dem Schneider?
Ich glaube nicht, dass er dazu fähig ist. Sein Gesicht ist von der Nacht verhüllt, sodass ich nichts herauslesen kann.
„Dann sucht sie auf! Versteckt euch, so gut es geht! Ich werde sie bewachen und euch beschützen.“
„Wir brechen auf!“ Tora ist nun richtig entschlossen. „Die Sicherheit unserer Familien ist wichtiger.“
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