Verflixtes Wolfsgeheul (Verflixte Bücher) (German Edition)
übernahm. Man wusste damals noch nicht, ob der Kristall Macht über ihn bekommen oder ob er dabei vielleicht sterben würde. Sie haben einen kräftigen Jungen gesucht, den sie noch lenken konnten – und bei dem es nicht schlimm war, wenn ihr Experiment misslang.“
„Aber du hast es überlebt“, stelle ich erleichtert fest.
„Ja. Ich muss wohl sehr viel Durchhaltevermögen gehabt haben. Und ich habe meine Erschaffer damit überrascht, dass ich nicht alterte. Als sie merkten, dass ich das perfekte ewige Leben hatte, wollten sie diese Prozedur auch an sich selbst durchführen.“
„Und? Haben sie es geschafft?“
„Negativ. Einer ist dabei gestorben und die anderen haben sich gegenseitig umgebracht, weil jeder dem anderen die Schuld zugeschoben hat. Ich war plötzlich allein mit meiner Aufgabe, den Frieden auf die Sieben-Welten zu bringen.“
„Und das hast du auch eine lange Zeit getan“, erinnere ich mich aus einem der früheren Gespräche.
„Genau 982 Jahre und 173 Tage. An dem Tag wurde ich von Menschen überrumpelt, die wussten, dass ich mit Stromstößen außer Gefecht gesetzt werden konnte. Ich hatte bis dahin ein Netzwerk aufgebaut, das dem Trigonischen Kristall erlaubte, seine Kraft über die Sieben-Welten zu verbreiten. Meine Botschaft enthielt Frieden, Vertrauen und Gemeinnützigkeit. Aber das Netzwerk war noch nicht vollständig und so war es einigen Menschen möglich, die Macht an sich zu reißen. Sie haben mich auf eine Insel mitten im Ozean abgeschoben, wo ich eine sehr lange Zeit verbracht habe.“
„Dann hast du ja doch nicht alle Daten der Menschen in dir.“
„Doch. Als Hatar’ali mich hat holen lassen, habe ich alle Infos, die es in elektronischer Form gab, eingespeist bekommen. Man hat mich wieder zurück zur Insel gebracht und gewartet. Nur ein paar Monate später wurde ich dann zu Mali’tora gebracht. Er hat nicht bemerkt, dass ich manipuliert wurde, er glaubt noch immer, dass ich seinem Befehl unterstellt bin.“
Ich seufze. „Deshalb hetzen wir jetzt hinter ihm her, anstatt seine Familie zu beschützen. Ich finde das falsch! Ich glaube auch, dass du darüber noch einmal nachdenken solltest. Tora kämpft für den Frieden, also macht er doch genau das, was du früher auch getan hast!“
„Mali’tora ist ein Narr! Ein Friede auf diesen Welten ist ohne den Kristall nicht möglich.“
„Warum? Die Menschen werden es lernen, das haben sie auf der Erde auch getan …“
„Auf der Erde sind sie nach vielen überflüssigen Kriegen in die Demokratie hineingewachsen. Aber Menschen, die vorher noch nie Verantwortung für etwas tragen mussten, können sich nicht plötzlich einfügen. Damit sind sie überfordert.“
„Das glaubst du also?“, brause ich auf, schwer in meinem Stolz als Mensch getroffen. „Sie werden es wieder lernen …“
„Ich weiß es“, sagt Rido nur und holt mit weiten Schritten aus.
Ich bleibe hinter ihm, ohne ein weiteres Gespräch anzufangen. Zu viel gibt es, worüber ich nachdenken muss, zu viel muss ich verarbeiten. Ich stelle mir vor, wie er als Junge seine Eltern hat sterben sehen, wie er miterlebt hat, dass seine Erschaffer sich selbst töteten, und wie er schließlich alleine auf einer Insel gelebt hat. Damals wäre er sicher verzweifelt gewesen, hätte er ein Herz gehabt.
Ich habe meinen Kopf zu Boden gesenkt und versuche, Ridos Hacken nicht aus den Augen zu verlieren, genau so, wie ich es bei den Bergläufen der Python-Kämpfer getan habe. Stundenlang renne ich so hinter ihm her, kaum fähig, mich auf die Umgebung zu konzentrieren. Der Pfad wird steiler und schwieriger, vermutlich hätte ich ihn sogar übersehen. Oft geht es so tief hinab, dass ich nicht einmal mehr den Boden erkennen kann.
Ich friere und schwitze gleichzeitig, dabei haben wir die Schneegrenze noch nicht einmal erreicht. Besorgt schaue ich hoch zu den Giganten mit den weißen Sahnehauben, auf denen es wahrscheinlich bitterkalt ist. Ich kann nur hoffen, dass wir dort nicht hinübermüssen, denn dafür bin ich falsch angezogen.
Wir laufen fast die ganze Nacht hindurch und meine Beine fühlen sich so matschig an wie ein platt getretener Hundeflatschen. Irgendwann bin ich so müde, dass ich im Gehen einfach einschlafe. Das weiß ich aber erst, als ich wieder aufwache und in Ridos Armen liege. Er ist weitergegangen und trägt mich wie ein kleines Kind – immerhin nicht wie einen Sack Kartoffeln.
Ich kreische laut auf. „Lass mich sofort runter!“
„Wieso?“ Ein
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