Verführerischer Dämon: Roman (German Edition)
dabei.
Inzwischen war der Geschmack verschwunden, den die Pille hinterlassen hatte, und Alexandrine spürte noch immer nichts.
Xia stand auf und zog sie hoch, dann führte er sie in ein Badezimmer, das an den Wohnraum angrenzte.
Alles darin war schwarz. Alles. Die Kacheln, die Wände, die Decke, die Armaturen. Er hatte sogar schwarze Seife. Und schwarze Handtücher.
Xia schob sie vor den Spiegel, der über dem Waschbecken aus schwarzem Granit hing. » Schau dich an«, forderte er sie auf.
Alexandrine schaute. Und blinzelte. Und musterte ihr Spiegelbild genauer. Ihre Augen zeigten nicht mehr das vertraute Braun, das sie jeden Tag sah, sondern einen wärmeren Ton. Gold.
» Himmel noch mal«, flüsterte sie und stützte sich mit einer Hand neben dem Spiegel ab. Dann schloss sie die Augen, senkte den Kopf und schüttelte ihn, als könne sie dadurch die Farbe verschwinden und alles wieder normal werden lassen.
Langsam öffnete sie die Augen wieder. Lenkte ihren Blick nach rechts. Offensichtlich hatte Xia nirgendwo schwarzes Toilettenpapier gefunden. Die weiße Rolle hob sich ganz deutlich von der Wand ab. Und sie konnte auch alles andere genau erkennen.
Alexandrine schaute erneut in den Spiegel. Ihre Augen waren immer noch golden statt braun. Sie richtete ihren Blick auf Xias Spiegelbild.
Na und? Was machte es schon, dass ihre Augen nicht normal waren? Die von Xia waren es auch nicht. Waren es nie gewesen.
» Und jetzt?«, fragte sie.
Xia kam näher. Er blickte ihr Spiegelbild an. » Kannst du ziehen?«, wollte er wissen.
Sie wandte sich zu ihm um, und sie waren einander so nah, dass sie sich fast berührten. » Keine Ahnung.«
» Versuch es.« Xia hob mit einem Finger die Lederschnur an, an der der Talisman hing. Nur ein bisschen, doch es reichte, um Alexandrine Furcht empfinden zu lassen. Dann zog er seine Hand zurück, und sie fühlte sich wieder normal.
» Kannst du es?«, fragte er.
Sie versuchte, Zugang zu ihrer Magie zu finden, doch wie üblich tat sich nichts.
» Nein«, erwiderte sie. » Ich habe es noch nie steuern können. Meine Magie hat ihren eigenen Willen.
» Verdammt«, flüsterte er, und Alexandrine zuckte mit den Schultern. Xia griff in seine Tasche. » Hier.« Er gab ihr eine weitere Pille, und diesmal schluckte sie sie einfach so hinunter.
» Was, wenn es nicht funktioniert? Es wäre verdammt unfair, wenn ich für nichts und wieder nichts von diesem Mistzeug abhängig würde.«
Wieder legte er eine Hand auf ihre Wange, und Alexandrine stand regungslos da. Seine Berührung ging ihr durch und durch.
» Es wird funktionieren«, sagte Xia. » Ich kann deine Magie fühlen, Alexandrine, und glaub mir, sie macht mich wahnsinnig an. Es wird klappen, ganz bestimmt.«
» Und warum kann ich dann gar nichts tun?« Sie wusste, dass ihr Frust in ihrer Stimme durchklang, denn Xia streichelte ihre Wange. » Ich bin eine Versagerin. Wie ich es immer war.«
» Bist du nicht. Magier, die lernen, ihre Magie zu beherrschen und dies überleben, wissen von Anfang an, wer und was sie sind. Sie leben in ihrer Magie. Sie atmen sie. Sie lernen und studieren jahrelang, bevor sie hinaus in die Welt gehen.«
Ihr Kopf schmerzte, und sie rieb sich die Schläfen, um die Anspannung zu lösen. Es half nicht. Auch ihre Sehkraft schwand. Sie konnte nicht mehr alles klar erkennen.
Sanft drückte Xia seine Finger gegen ihre Stirn. » Und sie lernen, Monster wie mich zu töten.«
Sie lehnte sich an die Wand neben dem Waschbecken, die Hände hinter ihrem Rücken. Xia schaute weg, und Alexandrine stellte fest, dass ihre Augen plötzlich ganz seltsame Sachen machten. Xias Gesicht verschwand. Dann blickte er sie erneut an, und prompt konnte sie ihn wieder sehen. Direkt vor sich.
Alexandrine stieß ihn weg. » Ich bin kein Mörder.« Auch ihr Magen spielte plötzlich nicht mehr mit. » Ich habe noch nie jemanden getötet, und ich werde auch jetzt nicht damit anfangen, ganz bestimmt nicht.«
Sie ging schwankend an ihm vorbei, doch plötzlich war der Raum nicht länger da. Wohin auch immer sie blickte, sie sah nichts als Schwärze, nur am Rand ihres Sichtfeldes sprangen Regenbogen auf, die verschwanden, sobald sie hinschaute. Ihr Gehirn verstand nicht, was sie wahrnahm, war nicht in der Lage, die Informationen zu einem bekannten Bild zusammenzusetzen.
» Was passiert mit mir?«, flüsterte sie.
Xias Stimme war das einzig Vertraute. Seine Arme umschlangen sie. » Keine Bange, ich halte dich, Alexandrine. Bleib ruhig.
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