Verfuehrt
für eine Zeitlang.
»Wollen wir dann?«, frage ich, als wir die beiden erreichen, was Matteo die Brauen heben lässt.
»Ich warte nur auf dich«, erklärt er und bringt mich mit einem weiteren charmanten Lächeln in Verlegenheit.
Kann er sich nicht einfach weiter so distanziert verhalten, wie er es auf der Fahrt getan hat? Das war zwar schmerzhaft, aber damit konnte ich umgehen. Doch wenn er mich so anstrahlt, dann gerät alles wieder durcheinander, was ich gerade mühsam geordnet hatte. Was gar nicht gut ist.
»Eigentlich kann ich dich auch nach Hause bringen«, bietet Nigel mir unvermittelt an, fast so, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Ich komme auf dem Weg zur Bank ohnehin bei dir vorbei. Dann muss Signore Bertani nicht extra noch einen Umweg fahren.«
»Das ist kein Problem«, sagt Matteo sofort und mit entschiedener Stimme, und als wir ihn alle überrascht anblicken, zuckt er mit den Schultern. »Sonst müssten wir das Gepäck umladen – und das lohnt sich doch nicht.« Ein pragmatisches Argument, aber das Funkeln in seinen Augen verrät mir, dass es auch etwas damit zu tun hat, dass er nicht will, dass Nigel mich bringt.
»Er hat recht«, erkläre ich Nigel, der Matteos Blick ziemlich eisig erwidert, und lege meine Hand auf seinen Arm, sehe ihn bittend an. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, ist, dass die beiden sich streiten.
Zum Glück erkennt Nigel das und lässt das Thema fallen. Begeistert ist er jedoch nicht darüber, dass er Matteo das Feld überlassen muss, und auch mein Vater, der das alles sehr genau beobachtet hat, blickt jetzt stirnrunzelnd zwischen mir, Matteo und Nigel hin und her.
»Wir sehen uns dann morgen«, sage ich zu Dad und umarme ihn noch mal zum Abschied. Das tue ich auch bei Nigel, aber flüchtiger, dann gehe ich mit Matteo zügig in Richtung Ausgang, der mir wieder die Hand leicht in den Rücken legt.
Dad und Nigel folgen uns noch bis zum Auto. Das Verdeck des Cabrios war bis jetzt geschlossen, doch Matteo lässt es zurückfahren, weil der Himmel sich aufgeklart hat und die Juni-Sonne ziemlich warm scheint.
»Du meldest dich sofort, wenn es etwas Neues gibt, ja, Sophie?«, ruft Dad mir zu, als Matteo schon zurücksetzt und wendet, und ich verspreche es ihm, winke den beiden noch mal. Dann fädelt Matteo sich, nachdem ich ihm kurz den Weg zu mir erklärt habe, wieder in den dichten Verkehr auf der King’s Road ein.
»Warum hast du das gemacht?«, frage ich ein bisschen ungehalten. »Wieso hast du es eben in Dads Büro so klingen lassen, als hätten wir etwas miteinander?«
Matteo wirft mir einen kurzen Blick zu und zieht den Mundwinkel nach oben. »Wir hatten etwas miteinander, Sophie. Und ich bin deinetwegen hier – das war nicht gelogen«, entgegnet er ungerührt, was mir komplett den Wind aus den Segeln nimmt. Soll das heißen, er will unsere Affäre wieder aufnehmen? Und will ich das, falls es so ist?
»Ich wünschte trotzdem, du hättest das etwas anders formuliert«, beharre ich, was mir einen weiteren Blick von ihm einträgt, den ich nicht deuten kann. Es schwingt jedoch definitiv etwas darin mit, das mich sehr nervös macht, deshalb starre ich für den Rest der Fahrt durch das Seitenfenster.
Zum Glück ist es nicht weit bis nach Lennox Gardens, eigentlich nur ein paar Straßen, und weil Matteo natürlich zügig fährt – um nicht zu sagen rasant; in dieser Hinsicht merkt man ihm den temperamentvollen Italiener wirklich an –, dauert es nur wenige Minuten, bis wir vor den rot geklinkerten Häuserreihen ankommen, die um die hübsche Grünanlage herum liegen, nach der die Straße benannt ist.
»Hier ist es.« Ich deute auf die richtige Hausnummer – die hohen, zweistöckigen Häuser mit den vielen hübschen Erkern bilden eine geschlossene Front, und die Eingänge ähneln sich sehr. Eigentlich unterscheiden sie sich nur durch die Art, wie die schmiedeeisernen Zäune vor den Abgängen in das Kellergeschoss und die Haustüren angestrichen sind.
Matteo parkt ein Stück weiter die Straße hoch in einer freien Parkbucht und holt meinen Koffer aus dem Wagen.
»Du brauchst ihn mir nicht reinzutragen«, sage ich und will ihm den Koffer abnehmen, doch er gibt ihn mir nicht, sieht mich nur an, als hätte ich den Verstand verloren. Offenbar kommt es für ihn überhaupt nicht in Frage, mich mein Gepäck alleine tragen zu lassen, und mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm den Weg zu zeigen.
»Der Koffer hat übrigens Rollen, man kann ihn ziehen«, sage
Weitere Kostenlose Bücher