Verführung der Schatten
einem normalen Tag so drei- bis viermal Sex. Erst recht nach dem, was vorhin zwischen uns abgegangen ist … Du musst die Nachwirkungen doch auch spüren.“
„Kaum.“
„Gib’s zu. Da war etwas ganz Spezielles zwischen uns.“ Auch wenn sie sich nicht einmal berührt hatten, konnte er sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal etwas dermaßen Heißes erlebt hatte.
„Es wäre vollkommen gleichgültig, selbst wenn es so wäre. Ich kann meine niederen Triebe beherrschen.“
„Du hast gesagt, du würdest nie ab und zu mal Dampf ablassen. Aber ich weiß, dass das eine Lüge ist …“
„Ist es nicht!“
„Es muss eine Lüge sein“, sagte er. „Denn sonst würde deine Lust immer weiter und weiter anwachsen.“
„Du lässt wohl nicht locker, bis ich dir eine Antwort gebe.“
„Jetzt fängst du an, mich zu verstehen.“
„Nein, ich weigere mich aber“, sagte sie und schüttelte den Kopf. „Wir werden darüber einfach nicht weiter reden.“
„Dann rede über etwas anderes. Du brauchst dringend mal eine Pause bei deiner Arbeit, und ich brauche ein bisschen Ablenkung von meinem schmerzenden Bein. Da gab’s nämlich so ’ne Walküre, die sich einfach geweigert hat, mir in meiner Not zu helfen.“
„Das hast du dir selbst zuzuschreiben.“
„Vermutlich“, gab er zu.
„Also gut. Was machst du eigentlich so als Söldner?“
„Meine Spezialität ist es, Königreichen zu einem neuen Herrscher zu verhelfen. Man nennt mich den Königsmacher.“ Kleiner Angeber!
„Dann bist du ein Aufrührer.“
„Du gehst davon aus, dass ich den rechtmäßigen Besitzer um seinen Thron bringe.“
Sie nickte ihm zu, als ob sie in diesem Punkt nachgäbe.
„Aber vor allem kämpfe ich in Kriegen. Die Mythenwelt ist ein brutaler Ort. Gut fürs Geschäft.“ Dann schnipste er mit den Fingern. „Oh, warte mal, das hätte ich jetzt fast vergessen … du bist Pazifistin .“
„Das ist doch kein Schimpfwort.“
„Oh doch, wenn man in der Kriegsindustrie tätig ist.“
Sie hob eine Braue. Auf seltsam neugierige Art fragte sie: „Wie bist du zum Söldner geworden?“
„Ich wurde zum Soldaten ausgebildet, um Omort zu bekämpfen.“ Mit neunzehn hatte man ihn einer brutalen Ausbildung unterzogen, gemeinsam mit Rydstroms Soldaten – die ihn allesamt verachteten. Monatelang ging er durch die Hölle und wurde schikaniert. Bis er schließlich gelernt hatte, schneller, stärker und besser als jeder andere Dämon in der Armee zu sein.
Als ihm das gelang, wurden die Leute auf ihn aufmerksam. „In der Zeit zwischen den Feldzügen wurden mir dann irgendwann Jobs angeboten.“ Und nachdem Omort immer mächtiger wurde und eine Revolte nach der anderen niederschmetterte, hatte er immer mehr Freizeit. „Ich hatte einigen Erfolg, und das Geschäft lief immer besser. Inzwischen steht eine Mannschaft von fünfunddreißig Mann unter meinem Kommando.“
„Alles Dämonen?“
„Zum größten Teil.“
„Diskriminierst du Nichtdämonen?“, fragte sie.
„Bei uns gibt es keine Diskriminierung. Solange der Bewerber nur grausam genug ist, schon einmal getötet hat und gewillt ist, es noch einmal zu tun, ist er dabei.“
„Und wie viele Frauen gibt es augenblicklich in deiner Mannschaft?“
„Das hätte ich kommen sehen müssen, stimmt’s?“, sagte er. Aber sie hob daraufhin nur die Augenbrauen und wartete auf seine Antwort. „Nein, Frauen haben sich bisher nicht beworben. Jedenfalls nicht oft. So gut wie gar nicht. Hey, wenn du doch Walküre bleibst, dann stelle ich dich ein. Frau Dr. Söldnerin.“
„Das wäre eine Verschwendung eines langen Studiums.“
Er erstarrte. „Was soll das denn heißen?“
„Mir kommt es eben so vor, als ob man in deinem Job mehr Muskel- als Hirnkraft nutzt.“
„Also, je größer der Bizeps, desto besser deine Militärstrategie und Kampftaktik? Meinst du das damit?“
Sie musterte sein Gesicht. „Du bist ja richtig empfindlich in dieser Sache.“
„Was? Ich bin nicht empfindlich, verdammt noch mal“, sagte er schroff. „Aber wieder zu dir. Du hast Nïx erzählt, dass du nur einen Code weit von deinem Doktortitel entfernt bist. Was für ein Code ist das?“
„Das ist kompliziert.“
Meinte sie vielleicht, er könnte ihr nicht folgen? Das brachte ihn auf die Palme. „Dieser große, dumme Dämon hat im Laufe seines tausendjährigen Lebens schon so manches kapiert.“
Sie warf ihm einen weiteren prüfenden Blick zu, als ob er soeben einen Beweis für ihre Theorie geliefert
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