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Verfuehrung im Mondlicht

Titel: Verfuehrung im Mondlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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den Kopf angeschlagen hat, ins Wasser gestürzt und ertrunken ist.«
    Seine kühle, unbeteiligte Aufzählung der Tatsachen ent-zündeten wie ein Funke die Wut und die Enttäuschung, die seit Nellies Tod in Annie schwelten.
    »Ich glaube das nicht, Sir«, sagte sie entschieden. »Meine Schwester hat über zehn Jahre in den Bädern gearbeitet, seit ihrem dreizehnten Lebensjahr, um genau zu sein. Sie hat dort angefangen, als Dr. Doncaster selbst noch Wasserkuren anwendete. Sie kannte sich dort seht gut aus und war immer vorsichtig, gerade wegen der nassen, rutschigen Fliesen.«
    »Unfälle geschehen, Mrs. Petrie.«
    »Nellie ist kein Unfall widerfahren, das sagte ich doch!« Sie umklammerte den Griff der Laterne so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. »Jemand hat sie umgebracht.«
    »Wieso seid Ihr Euch dessen so sicher?«, erkundigte er sich mit höflicher Neugier.
    »Wie gesagt, Sir, ich habe keinerlei Beweise.« Annie schluckte und straffte ihre Schultern. »Deshalb möchte ich ja, dass Ihr Antworten für mich findet. Das sind doch genau die Dienste, die Ihr anbietet, hab ich Recht?«
    Sie schwiegen lange.
    »Ja, Mrs. Petrie. Genau das ist mein Beruf«, gab er schließlich zu. »Erzählt mir mehr von Eurer Schwester.«
    Annie holte tief Luft und wog ihre nächsten Worte sorgfältig ab. »Nellie hat in der Damenabteilung der Doncaster-Bäder gearbeitet.«
    »Ihr Leichnam wurde aber in dem kalten Tauchbecken auf der Seite der Gentlemen gefunden.«
    »Ja, Sir, das weiß ich. Eben das ist einer der Umstände, die mich misstrauisch machen, versteht Ihr?«
    »Hatte sie gelegentlich im Bereich der Männer zu tun?«
    »Ja, ab und zu.« Jetzt kam der unangenehme Teil, den Annie eigentlich hatte umgehen wollen. Jedenfalls hatte sie gehofft, es auslassen zu können. »Einige der Herren bezahlen für eine weibliche Angestellte, die Ihnen das Haar wäscht oder sie in einem Separee frottiert.«
    »Mir ist bekannt, dass solche Dienste dort angeboten werden«, erwiderte er neutral.
    Annies Magen verkrampfte sich vor Furcht. Wenn er zu dem Schluss kam, dass Nellie eine Prostituierte war, würde er wahrscheinlich entscheiden, dass ihr Fall seiner Mühe nicht wert war.
    »Es ist nicht so, wie Ihr glaubt, Sir. Nellie war eine ehrbare, hart arbeitende Frau. Sie war keine Dirne.«
    »Verzeiht mir, bitte. So etwas wollte ich keineswegs andeuten.«
    Wie höflich er ist, dachte Annie erstaunt. Er klang sogar beinah aufrichtig. Es gab nicht viele Männer seines Standes, die sich herabgelassen hätten, sich bei einer einfachen Ladenbesitzerin wie ihr zu entschuldigen.
    »Ich bin mir nicht ganz sicher, was in diesen Separees in den Bädern auf der Seite der Gentlemen vorging«, gab sie zu. »Ich weiß nur, dass Nellie gelegentlich dort hingerufen wurde. Ihren Schilderungen nach fragten sogar einige Gäste extra nach ihr und gaben ihr ein großzügiges Trinkgeld für ihre ... Bemühungen.«
    Der Mann im Eingang der Krypta schwieg so lange, dass Annie sich schon fragte, ob er überhaupt noch da war. Eine unnatürliche Stille legte sich über den Friedhof.
    Der Klatsch, den sie aufgeschnappt hatte, wollte wissen, dass dieser geheimnisvolle Mann nach Belieben auftauchen und verschwinden konnte. Als Annie diese Gerüchte zum ersten Mal zu Ohren gekommen waren, hatte sie das Gerede als hanebüchenen Unsinn abgetan. Doch jetzt, als sie mitten in der Nacht auf diesem nebelverhangenen Friedhof stand, fiel es ihr sehr leicht sich vorzustellen, dass sie möglicherweise mit einem Geist aus dem Jenseits gesprochen hatte.
    Vielleicht schlief er ja am Tag in einem Sarg in ebendieser Krypta, in deren Eingang er stand.
    Das Entsetzen peitschte auf ihre Nerven ein wie ein Stromschlag.
    »Glaubt Ihr, dass Nellie von einem ihrer besonderen männlichen Badegäste ermordet wurde?«, fragte er.
    »Das ist das Einzige, was ich mir vorstellen kann, Sir.«
    Wieder hüllte dieses schreckliche Schweigen sie ein. Der Nebel schien dichter zu werden und schluckte selbst das spärliche Mondlicht, das diese Szenerie beleuchtet hatte. Annie konnte nicht einmal mehr die Umrisse der Krypta erkennen.
    »Einverstanden, ich werde für Euch Erkundigungen einziehen«, erklärte die körperlose Stimme. »Vorausgesetzt, Ihr wollt wirklich und wahrhaftig die Antworten auf Eure Fragen erfahren.«
    »Was wollt Ihr damit andeuten, Sir? Warum sollte ich sie nicht wissen wollen?«
    »Bei solchen Angelegenheiten ist keineswegs auszuschließen, dass meinen Klienten Dinge über ihre

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