Vergangene Narben
gestattete ich mir, dem Brennen in meinen Augen nachzugeben.
In den letzten Minuten war mir nur eines zu klar geworden. Ich hatte mich in einen Typen verliebt, der eine andere Liebe. Ein Mädel das große Fehler gemacht hatte, das ihn betrogen hatte, mich zusammengeschlagen hatte, und jede andere Frau aus der Welt verabscheute, aber er liebte sie. Und ich hatte dafür gesorgt, dass die beiden es noch einmal miteinander versuchen konnten.
Ich war so dumm.
Dumm, dumm, dumm.
Wie hatte das nur passieren können? Warum hatte er mich küssen müssen? Warum hatte ich nicht schon früher gemerkt, dass ich etwas für ihn empfand? Dieses ständige Bauchkribbeln, und sein hinreißendes Lächeln, seine Art, die mich immer bis ins Herz traf. Warum nur?
Mit jedem Schritt dem ich den Korridor hinunter ging, dem ich mich der Treppe nährte, drangen leise Worte an meine Ohren, gefolgt von dem Lachen von Alina. Ich war nicht einen Moment versucht, mich oder meinen Tränen vor ihr zu verstecken. Ich wollte jemand, der mich einfach ohne Fragen in den Arm nahm, und mir erzählte, dass alles wieder gut werden würde, auch wenn es eine Lüge war. Ich wollte es einfach hören.
Doch es war nicht Alina, die mich zuerst bemerkte, sondern Ayden, der neben ihr auf der obersten Stufe der schwebenden Treppe saß. Das Lächeln, der er auf den Lippen trug, fiel ihm bei meinem Anblick sofort aus dem Gesicht. „Ist was passiert?“
Stumm schüttelte ich den Kopf. Nicht weil ich seine Frage verneinen wollte, sondern weil ich nicht reden wollte. Nicht mit ihm, und im Augenblick mit niemanden. Ich sah nur zu Alina, und die brauchte keine extra Einladung. Meine Tränen sprachen ihre eigene Sprache. Sie war sofort bei mir, und riss mich praktisch in eine tröstende Umarmung. „Hey, Süße, nicht weinen. Schhh, alles wird wieder gut.“
Ich vergrub mein Gesicht an ihrer Schulter, und krallte mich meine Hände in ihren Rücken. Es war nicht so dass ich laut heulte und schluchzte, das hatte ich noch nie getan. Meine Tränen liefen still und leise, und waren alles, was meinen Schmerz Ausdruck verlieh.
Auch Ayden erhob sich von der Treppe, und stellte sich zu uns. Nur zögernd hob er die Hand, als wolle er sie mir tröstend auf die Schulter legen, ließ sie dann aber unentschlossen zurück an seine Seite fallen. „Was ist den passiert?“
„Man Ayden“, fuhr Alina ihn ein bisschen barsch an. „Siehst du denn nicht, dass sie nicht reden möchte?“ Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie so viel Dummheit gar nicht glauben. „Und jetzt geh, das hier ist eine Mädchenangelegenheit.“
Nur langsam öffnete er den Mund, runzelte dabei die Stirn, „Aber …“
„Geh einfach.“ Sie drückte mich ein wenig fester an sich. „Das hier geht dich nichts an.“
Er war unentschlossen, verstand nicht, was hier los war, aber wenigstens sah er ein, dass er hier im Moment nicht viel ausrichten konnte. „Okay, dann …“ Er sah von einem zum anderen. „Dann geh ich wohl besser.“
Ich sah es nicht, aber ich wusste, dass Alina die Augen verdrehte, und konnte dann hören, wie Ayden nach einem gemurmelten „Nacht“ den Korridor hinabging. Erst als er in seinem Zimmer verschwunden war, wo Cio und Iesha nun wahrscheinlich ihre neugewonnene Liebe feierten, richtete sie das Wort an mich. „Sagst du mir was passiert ist?“
Ich schüttelte nur den Kopf, und klammerte mich ein bisschen fester an sie. Wie konnte ich ihr auch sagen, dass ich so dumm gewesen war, mich in einen Kerl zu verlieben, der eine psychopathische Freundin hatte, und es selber bis eben nicht bemerkt hatte? Nicht bis zu dem Moment, als er versucht hatte mich zu küssen. Und um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, hatte ich dafür gesorgt, dass er die Differenzen mit seiner Freundin beilegen konnten, um noch lange glücklich miteinander zu sein.
Ich war so dumm. Warum nur hatte ich nicht einmal im Leben selbstsüchtig sein können? Hätte ich mich doch nur küssen lassen. Iesha hätte es sicher gesehen, und dann wäre es zwischen den beiden aus gewesen. Aber was machte das schon für einen Unterschied? Morgen würde ich den Hof verlassen, und Cio nie wieder sehen.
Nein, es war wirklich besser so.
„Wollen wir uns draußen dann ein wenig die Beine vertreten? Flair muss sicher mal Pinkeln, und ich muss etwas klarer im Kopf werden.“ Sie überlegte kurz. „Oder soll ich dich in dein Zimmer bringen?“
„Zimmer“, nuschelte ich mit erstickter Stimme. Ich wollte nur noch in mein Bett, und schlafen,
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