Vergebung
nun endlich die Toilettenschüsseln ins Spiel?«, erkundigte sich Christer Malm.
»Ich bin gleich so weit. Die Frage ist doch, warum sind Wohnungen so verdammt teuer? Weil die, die die Häuser in Auftrag geben, nicht wissen, wie sie das machen sollen. Um den Vorgang kurz zusammenzufassen: Sie rufen bei einem kommunalen Bauunternehmen an, zum Beispiel bei Skanska, und sagen, sie möchten hundert Wohnungen in Auftrag geben. Und dann rechnet Skanska die Sache durch und gibt bekannt, dass die ganze Angelegenheit so um die 500 Millionen Kronen kostet. Was bedeutet, dass der Quadratmeterpreis bei soundsovielen Kronen liegt und es zehn Tausender pro Monat kostet, wenn du einziehen willst. Ob man bei McDonald’s essen will, kann man selbst entscheiden, aber es lässt sich schlecht vermeiden, irgendwo zu wohnen. Also muss man den geforderten Preis bezahlen.«
»Bitte, Henry … komm doch endlich zur Sache.«
»Bin schon dabei. Warum kostet es ein Vermögen, in diesen hässlichen Klotz am Hammarby-Hafen einzuziehen? Tja, weil sich die Bauunternehmen nicht drum scheren, ihre Preise zu senken. Der Kunde muss auf jeden Fall bezahlen. Ein Großteil der Kosten steckt im Baumaterial. Der Handel mit Baumaterial läuft über Großhändler, die ihre Preise selbst festsetzen. Da es keine richtige Konkurrenz gibt, kostet ein Badezimmer in Schweden 5 000 Kronen. Dieselbe Badewanne desselben Herstellers kostet in Deutschland aber nur 2 000 Kronen. Und es gibt keine Mehrkosten, mit denen sich dieser Preisunterschied plausibel erklären ließe.«
»Okay.«
»Ein Großteil dieser Informationen lässt sich in einem Bericht der staatlichen Baukommission nachlesen, die Anfang der 90er-Jahre arbeitete. Seitdem hat sich nicht viel getan. Niemand verhandelt mit den Bauunternehmen über diese absurde Preisgestaltung. Die Auftraggeber bezahlen brav, was man von ihnen verlangt, und zum Schluss müssen die Mieter oder der Steuerzahler dafür bluten.«
»Henry … die Toilettenschüsseln.«
»Das wenige, was sich seitdem getan hat, hat sich auf regionaler Ebene abgespielt, vor allem in der Gegend um Stockholm. Es gibt ein paar Auftraggeber, die diese hohen Preise einfach satthaben. Ein Beispiel ist Karlskronahem, die bauen billiger als alle andern, ganz einfach deswegen, weil sie ihr Material selbst einkaufen. Außerdem hat sich die Schwedische Handelskammer eingeschaltet. Sie halten die Preise des Baumaterials für völlig aberwitzig und versuchen daher, den Bauherren zu ermöglichen, gleichwertige Produkte billiger einzukaufen. Was vor einem Jahr zu einem kleinen Eklat auf der Baumesse in Älvsjö führte. Die Schwedische Handelskammer hat einen Produzenten aus Thailand eingeladen, der seine Toilettenschüsseln für 500 Kronen pro Stück verschacherte.«
»Aha? Und weiter?«
»Einer der Konkurrenten war ein schwedischer Großhändler namens Vitavara AB, der seine blau-gelben Toilettenschüsseln für 1 700 Kronen das Stück anbot. Und da kratzen sich die etwas schlaueren Bauherren in den Gemeinden am Kopf und fragten sich, warum sie 1 700 Kronen berappen sollen, wenn sie eine gleichwertige Kloschüssel aus Thailand für nur 500 kriegen können.«
»Vielleicht bessere Qualität?«, schlug Lottie Karim vor.
»Nix da. Gleichwertiges Produkt.«
»Thailand«, warf Christer Malm ein. »Das riecht doch förmlich nach Kinderarbeit und so was. Was den niedrigen Preis erklären könnte.«
»Keine Spur«, antwortete Henry Cortez wieder. »Kinderarbeit kommt in Thailand vor allem in der Textil- und der Souvenirproduktion vor. Und im Geschäft mit den Pädophilen natürlich. Das ist eine richtige Industrie. Die UNO passt in puncto Kinderarbeit gut auf, und ich habe das Unternehmen auch überprüft. Sie halten sich an die Spielregeln. Es handelt sich also um eine große, moderne und respektable Firma.«
»Aha … dann ist also die Rede von Billiglohnländern. Das bedeutet, dass du Gefahr läufst, einen Artikel zu schreiben, in dem du dafür plädierst, die schwedische Industrie von der thailändischen Konkurrenz ausbooten zu lassen. Schmeißt die schwedischen Arbeiter raus, löst die Firma auf und importiert aus Thailand. Damit punktest du voraussichtlich nicht bei der Gewerkschaft.«
Auf Henry Cortez’ Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Er lehnte sich zurück und sah unverschämt eingebildet aus.
»Jetzt ratet mal, wo Vitavara AB seine Toilettenschüsseln für 1 700 Kronen das Stück produzieren lässt?«
Schweigen in der
Weitere Kostenlose Bücher