Vergebung
überein.«
»Erklären Sie mir das bitte genauer.«
»Leider hat sich Björck ja inzwischen aufgehängt. Wir nehmen an, dass dies mit seinen sexuellen Fehltritten zu tun hat, die Millennium demnächst veröffentlichen wollte. Das trieb ihn in so tiefe Verzweiflung, dass er sich entschied, sich das Leben zu nehmen.«
»Ja …«
»Der Originalbericht ist ein Untersuchungsbericht, der verfasst wurde, nachdem Lisbeth Salander versucht hatte, ihren Vater, Alexander Zalatschenko, mittels einer Brandbombe zu ermorden. Die ersten dreißig Seiten dieses Untersuchungsberichts, den Blomkvist gefunden hat, stimmen mit dem Original überein. Auf diesen Seiten findet sich auch nichts Außergewöhnliches. Erst ab Seite 33, wo Björck anfängt, Schlüsse zu ziehen und Empfehlungen zu geben, beginnen die Diskrepanzen.«
»Inwiefern?«
»In der Originalversion spricht Björck fünf deutliche Empfehlungen aus. Wir müssen nicht damit hinterm Berg halten, dass es darum ging, die Zalatschenko-Affäre in den Medien nur verschwommen darzustellen. Björck schlägt vor, dass Zalatschenkos Reha-Maßnahmen - er hatte ja schwere Verbrennungen erlitten - im Ausland durchgeführt werden sollten. Solche Dinge eben. Er schlägt auch vor, dass man Lisbeth Salander die bestmögliche psychiatrische Betreuung zukommen lassen sollte.«
»Aha …«
»Das Problem ist nun, dass ein paar Sätze auf sehr subtile Weise geändert wurden. Auf Seite 34 findet sich eine Passage, in der Björck anscheinend vorschlägt, Salander als unheilbar psychisch krank abzustempeln, damit sie nicht mehr glaubhaft ist, wenn doch jemand anfangen sollte, Fragen zu Zalatschenko zu stellen.«
»Und diese Behauptung findet sich im Originalbericht nicht?«
»Genau. Etwas Derartiges hat Gunnar Björck niemals vorgeschlagen. Das wäre ja außerdem rechtswidrig gewesen. Er schlug vor, sie sollte die Behandlung erhalten, die sie ja tatsächlich brauchte. In Blomkvists Kopie ist das dann plötzlich zur Verschwörung geworden.«
»Kann ich das Original lesen?«
»Bitte sehr. Aber ich muss den Bericht wieder mitnehmen, wenn ich gehe. Und bevor Sie ihn lesen, möchte ich Sie noch auf den Anhang aufmerksam machen, in dem sich die spätere Korrespondenz zwischen Björck und Teleborian befindet. Es handelt sich fast durchgehend um eine freie Erfindung. Hier geht es nicht mehr um subtile Änderungen, sondern um eine grobe Fälschung.«
»Eine Fälschung?«
»Ich glaube, das ist in diesem Zusammenhang der passende Ausdruck. Aus dem Original geht hervor, dass Teleborian vom Gericht den Auftrag erhielt, eine rechtspsychiatrische Untersuchung von Lisbeth Salander durchzuführen. Daran ist nichts Seltsames. Lisbeth Salander war zwölf, als sie versuchte, ihren Vater mit einer Brandbombe zu töten - es wäre eher seltsam gewesen, wenn das nicht zu einer psychiatrischen Untersuchung geführt hätte.«
»Das denke ich auch.«
»Wenn Sie damals Staatsanwalt gewesen wären, hätten Sie vermutlich auch eine Untersuchung der sozialen Zusammenhänge und ein psychiatrisches Gutachten angeordnet.«
»Selbstverständlich.«
»Teleborian war ja schon damals ein bekannter und renommierter Kinderpsychiater und hatte außerdem bereits im rechtsmedizinischen Bereich gearbeitet. Er führte eine ganz normale Untersuchung durch und kam zu dem Ergebnis, dass Lisbeth Salander psychisch krank war … auf die Fachterminologie brauche ich ja jetzt nicht näher einzugehen.«
»Nein, nein.«
»Dies teilte Teleborian in einem Bericht mit, den er an Björck schickte. Aufgrund dieses Berichts beschloss dann das Gericht, Salander in St. Stefan behandeln zu lassen.«
»Verstehe.«
»Diese Botschaft fehlt in Blomkvists Version komplett. Stattdessen gibt er eine angebliche Korrespondenz zwischen Björck und Teleborian wieder, aus der hervorgeht, dass Björck ihn anweist, diese Untersuchung nur vorzutäuschen.«
»Und Sie halten das wirklich für eine Fälschung?«
»Es besteht nicht der geringste Zweifel.«
»Aber wer sollte denn ein Interesse daran haben, so eine Fälschung anzufertigen?«
Nyström legte den Bericht aus der Hand und runzelte die Stirn.
»Jetzt kommen Sie zur eigentlich zentralen Frage.«
»Und die Antwort lautet …?«
»Das wissen wir nicht. An dieser Frage arbeitet unsere Analysegruppe sehr hart.«
»Könnte es sein, dass Blomkvist sich da etwas zusammenfantasiert hat?«
Nyström lachte.
»Na ja, das war auch unser erster Gedanke. Aber wir glauben es nicht. Wir nehmen an, dass
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