Vergebung
Anwältin zufrieden. Ich vertraue Ihnen, und ich brauche Ihre Hilfe.«
»Hmm.«
»Aber wenn Sie sich querstellen, weil ich ebenfalls zu unethischen Methoden greife, dann werden wir diesen Prozess verlieren.«
»Ja.«
»Wenn das so ist, dann möchte ich es jetzt wissen. Dann muss ich mich nämlich von Ihnen trennen und mir einen anderen Anwalt besorgen.«
»Lisbeth, ich kann nicht gegen das Gesetz verstoßen.«
»Sie sollen ja auch gegen gar kein Gesetz verstoßen. Aber Sie müssen wegsehen, wenn ich es tue. Können Sie das?«
Lisbeth Salander wartete geduldig fast eine ganze Minute, bis Annika Giannini schließlich nickte.
»Gut. Dann erzähl ich Ihnen jetzt die wichtigsten Punkte, die mein Bericht enthalten wird.«
Ihr Gespräch dauerte zwei Stunden.
Monica Figuerola hatte recht gehabt - das Burek des bosnischen Lokals war wirklich ganz fantastisch. Mikael Blomkvist beobachtete sie verstohlen, als sie von der Toilette zurückkam. Sie bewegte sich so graziös wie eine Balletttänzerin, hatte aber einen Körper wie ein … Mikael konnte nicht anders, er war fasziniert. Er unterdrückte den Drang, die Hand auszustrecken und ihre Beinmuskeln zu befühlen.
»Wie viele Stunden pro Woche trainieren Sie eigentlich?«
»Zwei Stunden pro Tag. Manchmal auch drei.«
»Warum? Ich meine, ich verstehe schon, warum man Sport treibt, aber …«
»Sie finden das übertrieben?«
»Tja, ich weiß auch nicht …«
Sie lächelte. Seine Fragen schienen sie überhaupt nicht zu stören.
»Vielleicht irritiert es Sie auch nur, eine Frau mit ausgebildeten Muskeln zu sehen. Finden Sie das unweiblich?«
»Nein, überhaupt nicht. Irgendwie passt es zu Ihnen. Sie sind ganz schön sexy.«
Sie lachte wieder.
»Ich bin gerade dabei, mein Trainingsprogramm langsam runterzufahren. Vor zehn Jahren habe ich knallhartes Bodybuilding betrieben. Aber jetzt muss ich vorsichtig sein, damit sich die Muskeln nicht in Fett verwandeln und ich total schwabbelig werde. Jetzt hebe ich nur noch einmal pro Woche Gewichte und habe mich ansonsten auf Lauftraining, Badminton, Schwimmen und so was verlegt. Also eher leichten Sport als hartes Training.«
»Aha.«
»Ich trainiere einfach unheimlich gern. Das ist ein ganz normales Phänomen bei Extremsportlern. Der Körper entwickelt schmerzstillende Substanzen, nach denen man süchtig wird. Nach einer Weile kriegt man Entzugserscheinungen, wenn man nicht jeden Tag läuft. Es ist ein Riesenkick fürs Wohlbefinden, wenn man alles gibt. Fast so heftig wie guter Sex.«
Mikael lachte.
»Sie sollten selbst anfangen, ein bisschen Sport zu treiben«, empfahl sie. »Sie gehen in der Mitte schon auseinander.«
»Ich weiß«, erwiderte er. »Ich hab auch ständig ein schlechtes Gewissen. Manchmal reiß ich mich zusammen und fange an zu joggen und verliere auch ein paar Kilo, aber dann nimmt mich wieder irgendwas anderes völlig gefangen, und ich komme ein, zwei Monate zu gar nichts mehr.«
»In den letzten Monaten waren Sie ganz schön beschäftigt.«
Auf einen Schlag wurde er wieder ernst. Dann nickte er.
»Ich habe in den letzten zwei Wochen jede Menge über Sie gelesen. Sie haben die Polizisten um Längen abgehängt, als Sie Zalatschenko aufgespürt und Niedermann identifiziert haben.«
»Lisbeth Salander war noch schneller.«
»Wie haben Sie es bis nach Gosseberga geschafft?«
Mikael zuckte die Achseln.
»Ganz normale Recherche. Und nicht ich habe ihn aufgespürt, sondern unsere damalige Redaktionssekretärin, Malin Eriksson, die ihn über das Handelsregister gefunden hat. Er saß im Aufsichtsrat von Zalatschenkos Unternehmen KAB.«
»Verstehe.«
»Warum sind Sie zur SiPo gegangen?«
»Ob Sie’s glauben oder nicht, aber ich bin tatsächlich so was Unzeitgemäßes wie eine Demokratin. Ich finde, dass die Polizei notwendig ist und dass eine Demokratie eine polizeiliche Schutzmacht braucht. Deswegen bin ich sehr stolz, für den Verfassungsschutz arbeiten zu dürfen.«
»Hmm«, brummte Mikael Blomkvist.
»Sie haben nichts für die Sicherheitspolizei übrig.«
»Ich habe nichts für Institutionen übrig, die außerhalb der normalen parlamentarischen Kontrolle stehen. Das ist eine Einladung zum Machtmissbrauch, egal wie gut die Absichten sind, die eigentlich dahinterstehen. Und wieso interessieren Sie sich für das antike Gottesbild?«
Sie zog die Augenbrauen hoch.
»Als Sie bei mir im Treppenhaus saßen, haben Sie ein Buch mit dem Titel gelesen.«
»Ach so, ja. Das Thema interessiert mich
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