Vergeltung (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

zurück und begibt sich selbst in die hinteren Räume, um das BoNT zu holen.
    Falls unerwarteterweise doch etwas schieflaufen sollte und er fliehen muss, will er vorbereitet sein.
    Wenn er das Gift hat, hat er alles, was er braucht.
    Ulrich feuert, wechselt die Stellung und feuert erneut.
    Bislang hat er fünf erwischt.
    Aber die Abordnung, die sich an seine Fersen geheftet hat, besteht nicht aus Idioten. Sie verteilen sich über den Hügel, bilden ein Netz, treiben ihn allmählich immer höher und in die Enge.
    Es ist nur eine Frage der Zeit.
    Jetzt, nachdem der Panzer ausgeschaltet ist, fegt Amir mühelos die restliche Infanterie aus der Schlucht. Dave lässt sich mit »der Gans« und der verbliebenen Javelin zum Bunkereingang herunter.
    Als Nächster kommt Donovan, dann Lev.
    Zum Schluss Michel.
    »Du brauchst einen Ersatz für Cody«, sagt er und bekreuzigt sich. »Willem kann den Striker auch alleine bedienen.«
    Drei unserer Brüder haben ihr Leben gelassen, damit wir es bis hierher schaffen, denkt Dave.
    Jetzt wird es Zeit, dass wir die Sache zu Ende bringen.
    Die Sonne scheint.
    An diesem Tag der Abrechnung.

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    Dave presst sich gegen die Bunkerwand links der Schießscharten.
    Der MG-Schütze dahinter hat eine ausgezeichnete Schussposition auf die Straße unterhalb, aber gegen einen Feind, der bereits ganz nah ist und von der Seite kommt, ist er so hilflos wie eine Schildkröte in ihrem Panzer. Daher ist er auf die Unterstützung aus den Bunkern auf der anderen Seite der Schlucht angewiesen, oder wenigstens auf Panzer oder Infanterie, doch die sind bereits allesamt vernichtet.
    Der nervöse Schütze gibt trotzdem eine Salve nach der anderen ab.
    Dave wartet, schiebt eine M67-Granate durch die Öffnung und presst sich flach an die Wand.
    Die Granate explodiert.
    Michel schaltet die beiden Videokameras, die den Eingang filmen, mit seiner MP5 aus.
    Sollen sich die putains ruhig fragen, was wir vorhaben.
    Lev robbt an Daves Füßen vorbei und legt einen Sprengsatz an die vier Meter hohe und sieben Meter breite titanverstärkte Stahltür.
    Mit gewöhnlichem C4 ist hier kein Durchkommen.
    Also nimmt Lev C8.
    Sie haben es nie zuvor benutzt und wissen nicht, was zum Teufel gleich los sein wird. Blitzschnell entfernen sie sich vom Bunker, gehen hinter Felsen in Deckung und pressen sich die Hände auf die Ohren.
    Die Explosion ist gigantisch.
    Die Druckwellen bewirken buchstäblich eine Umverteilung der Moleküle und durch das gestörte Gleichgewicht wird die Tür aus ihren massiven Scharnieren gerissen.
    »Sesam öffne dich«, sagt Donovan.
    Die Druckwelle lässt die Kammer beben, in der Aziz mit einigen seiner besten Männer wartet.
    Er geht an den Monitor und sieht, dass er schwarz ist, dass die Kameras draußen keine Bilder mehr senden. Nur die Kamera im Eingangsbereich zeigt eine Tür, die wie ein Gehenkter an einem einzigen Scharnier hängt.
    Aziz ist erschüttert, im wahrsten Sinne des Wortes.
    Die Tür hätte Bomben und Raketen standhalten müssen.
    Shayatin, denkt er.
    Dämonen.
    Schön, dann lasst die Dämonen kommen.
    Hier erwartet euch die Hölle.
    Der Bunkereingang ist der ultimative »tödliche Trichter«.
    Dave weiß das. Niemand ist dumm genug zu glauben, Aziz würde den Eingang unverteidigt lassen. Da sie vorher keinen Blick ins Innere werfen konnten, wissen sie nicht genau, was sie erwartet, aber sie wissen, dass es heftig wird.
    Abgesehen von ein paar technologischen Neuerungen hat sich in der Wissenschaft des Befestigungsbaus nicht viel getan –es gilt nach wie vor, möglichst viele Hindernisse einzubauen. Überwindet man das erste, steht man vor dem zweiten. Hat man dieses hinter sich gelassen, muss man sich mit dem dritten auseinandersetzen. Und so weiter und so weiter, bis die Eindringlinge zermürbt sind.
    Darauf gibt es nur eine Antwort.
    Man greift nicht die Bewehrung an – sondern die Menschen dahinter.
    Donovan ist bereit.
    Er hat seinen M32 MGL geladen und feuert damit in den Bunker.
    Die XM1060 Aerosolgranate hat zwei Sprengköpfe.
    Der erste setzt eine Benzinwolke im Bunker frei.
    Der zweite lässt diese explodieren und zwar so gewaltig, dass die Betonmauern und mit ihnen auch die Mudschahedin dahinter vernichtet werden.
    Jedenfalls diejenigen, die Glück haben.
    Den anderen platzen die Trommelfelle, und es zerreißt ihnen die Lungen. Die Druckwelle zerstört ihre inneren Organe – die Galle, den Darm, den Magen. Nur nicht das Gehirn, was für die Betroffenen Pech ist. Sie bleiben