Vergib uns unsere Sünden - Thriller
verneinen.«
»Allein die Tatsache, dass Sie sich so sicher sind, gäbe mir die Legitimation, dieser Befragung einen offiziellen Charakter zu geben, Professor.«
Robey lachte. »Aber wirklich nicht, Detective. Was wollen Sie tun? Mich festnehmen? Mich aufs Polizeirevier schaffen und dort verhören?«
»Ja, auf die Tatsache hin, dass Sie genaue Kenntnisse über Einzelheiten der Tatorte bewiesen haben, die nirgends publik gemacht worden sind.«
»Wer sagt, dass ich die bewiesen habe?«
»Ich sage es.«
»Dann steht Ihr Wort gegen meines - das eines seriösen und angesehenen Dozenten am Mount Vernon College gegen das eines Cops, der durch die Presse gezerrt wurde, weil alle der Meinung waren, er könnte in einem Anfall rasender Eifersucht einen Zuhälter getötet haben? Diese Partie wollen Sie spielen, Detective … Das wollen Sie allen Ernstes tun?«
Miller antwortete nicht.
Robey schüttelte den Kopf »Das glaube ich nicht, und bis jetzt haben Sie nicht mehr erreicht, als mir zu bestätigen, dass er tatsächlich Lavendelgeruch am Tatort zurücklässt.« Robey schwieg. Er schloss einen Moment die Augen, dann sagte er: »Und er bindet ihnen eine Schnur um den Hals, stimmt’s?«
»Das stand in der Zeitung«, sagte Miller.
»Und einen Anhänger, einen unbeschriebenen Paketanhänger, wie man sie den Toten an den großen Zeh bindet, bevor man sie im Leichenschauhaus aufbahrt.«
»Ja, das ist richtig.« Miller hatte Boden verloren und konnte ihn nicht mehr zurückgewinnen. Wenn er diesem Mann nicht ein potentielles Beweisstück aus seiner Wohnung gestohlen hätte, fiele es ihm womöglich leichter, sich zu verteidigen. Aber er hatte es gestohlen, und er hatte jemanden mit hineingezogen und wusste nicht, ob sie für ihn lügen würde, wenn es hart auf hart kam. Und ob die Welt ihr ein zweites Mal Glauben schenken würde.
»Also, warum der Lavendel, warum der Paketanhänger, Detective? Warum hinterlässt er Ihnen diese Dinge?«
»Er hinterlässt sie nicht mir …«
»Meinen Sie nicht?«
Miller lächelte, wenn auch nicht ohne Nervosität im Blick. »Nein, er tut diese Dinge nicht für mich - natürlich nicht.«
»Natasha Joyce hat er für Sie umgebracht«, sagte Robey.
»Für mich? Sind Sie verrückt? Was reden Sie? Er hat Natasha Joyce nicht für mich getötet.«
Robey nickte. »Ich fürchte, doch. Ich fürchte, ich muss Ihnen sagen, dass die Frau noch am Leben und ihre Tochter nicht im Waisenhaus wäre, wenn Sie und Ihr Partner sie nicht in ihrer Wohnung besucht hätten …«
»Woher wollen Sie das wissen, verflucht …«
Robey wischte Millers Frage beiseite. »Wie gesagt, ich habe Recherchen angestellt. Ein paar Nachforschungen auf eigene Faust. Mich eingelesen in diese Dinge, weil ich verstehen wollte, für was für einen Menschen Sie mich halten …«
»Das ist doch alles Schwachsinn, Robey …«
»Schwachsinn? Meinen Sie wirklich? Mein Gott, Detective, vor was fürchten Sie sich? Haben Sie eine Ahnung davon, wie groß und tief diese Sache ist? Haben Sie die leiseste Vorstellung davon, mit was Sie es zu tun haben? Es geht nicht um den Tod von ein paar Frauen … Es geht um den Mord an einer Generation …«
»Es reicht«, fiel Miller ihm ins Wort. »Sagen Sie, was Sie sagen wollen, oder halten Sie den Mund.«
»Oder?«, fragte Robey. »Oder Sie verhaften mich? Wegen was? Beantworten Sie mir doch bitte diese Frage, Detective … Wegen was in aller Welt wollen Sie mich verhaften?«
Miller sah Robey an. Der Mann war nicht arrogant, nur selbstbewusst. Das war kein Ausdruck von Überheblichkeit, nur von Vertrauen in die eigene Überzeugung. Sein Blick war ruhig, ohne zu flackern, und sein Lächeln war weder eitel noch überheblich, nur Ausdruck von Gewissheit.
»Ich sage, was ich sagen will«, erwiderte Robey. »Immer.«
»Dann verstehe ich Sie einfach nicht«, sagte Miller.
»Verständnis ist nichts, das man kaufen oder verkaufen kann. Verständnis ist etwas, das aus Beobachtung und persönlicher Erfahrung resultiert.« Robey stützte die Ellenbogen auf die Knie und legte die Handflächen aneinander.
»Ich habe Dinge gesehen, die einen Hund zum Kotzen bringen würden. Ich habe Kinder mit brennenden Haaren aus brennenden Häusern laufen sehen. Ich habe gesehen, wie ein Mann seine Frau erschossen hat, weil er wusste, was sie mit ihr machen würden. Ich habe gesehen, wie Männer verbrannt, geköpft, aufgehängt, abgeschlachtet wurden … Ich habe gesehen, wie dreihundert unschuldige Menschen innerhalb
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