Vergiftet
einmal zurück und drückt auf Stopp, als Pulli Brenden ansieht. Dann ruft er Bjarne Brogeland an und fragt, ob die Polizei die Aufnahme inzwischen gesehen hat.
»Nein, wir haben immer noch keine Bilder von TV 2, ich denke aber, dass wir sie im Laufe des Tages bekommen.«
»Okay. Ruf mich an, wenn du die Aufnahme gesehen hast. Es gibt ein paar Dinge, über die ich mit dir reden muss.«
»Was denn? Kannst du mir das nicht jetzt gleich sagen?«
»Ich muss erst noch etwas überprüfen. Habt ihr inzwischen Thorleif Brendens Familie erreicht?«
»Ja. Ella Sandland hat gestern am späten Abend noch mit seiner Lebensgefährtin gesprochen.«
»Und was hat sie gesagt?«
»Das Übliche, sie hätten nicht gestritten, und es sähe ihm überhaupt nicht ähnlich, einfach so wegzubleiben. Das übliche Blabla.«
»Hat er sich irgendwie seltsam verhalten, bevor er zu diesen Aufnahmen ins Gefängnis musste?«
»Das weiß ich nicht.«
»Okay, ruf mich im Laufe des Tages an, ja?«
»Ich werde sehen, was ich tun kann.«
63
»Ich verstehe nicht, wie du so leben kannst.«
Ørjan Mjønes tritt in Flurim Ahmetajs Allerheiligstes, eine Art Multifunktionsraum, der gleichzeitig als Schaltzentrale, Wohnzimmer und Schlafzimmer fungiert. Eine Decke liegt zerknüllt auf einer Matratze unter dem Fenster, das mit einem schwarzen Rollo verhängt ist. Das einzige Licht im Raum kommt von den drei Bildschirmen, die nebeneinander auf dem Tisch stehen.
»Es ist hier genau so, wie es sein muss«, sagt Ahmetaj.
Auf dem Tisch stapeln sich schmutzige Teller unter Krümeln und leeren Pizzakartons, und auf dem Boden neben den PC s muss man zwischen all den leeren oder halb vollen Colaflaschen lange nach einer freien Stelle suchen.
Mjønes zieht einen Bürostuhl an den Tisch. Er sucht nach einer Möglichkeit, sein Telefon abzulegen, gibt es aber schnell wieder auf.
»Du wolltest mir etwas zeigen?«
Ahmetaj trinkt gierig ein paar Schlucke aus einer Colaflasche und rülpst, alles andere als diskret.
»Sieh dir das an«, sagt er und startet eine Video-Datei auf dem Bildschirm. Aus der Vogelperspektive sieht man Menschen in einem Burger King hin und her laufen. Mjønes sieht zu Ahmetaj.
»Ich kenne einen Typen, der kennt einen Typen, der für die Security bei Burger King zuständig ist«, sagt Ahmetaj in gebrochenem Schwedisch. »Schon erstaunlich, was manche Leute für ein paar Tausender tun – die ich jetzt natürlich von dir zurückhaben will.«
»Das wird sich machen lassen«, sagt Mjønes mit einem Lächeln.
Die Kamera ist über den Kassen unter der Decke montiert, die Linse zeigt zum Eingang. Unten in der Ecke läuft eine Uhr, sie zeigt die Ziffern 12:38:04.
»Sieh dir mal den da an«, sagt Ahmetaj und deutet auf einen Mann, der eilig das Restaurant betritt. In der Hand hält er eine weiße Tüte, die voll Kleidung zu sein scheint.
»Das ist Brenden«, sagt Mjønes.
»Hm. Und pass auf, das ist jetzt ein paar Minuten später.«
Ahmetaj spult bis 12:43:26 vor. Ein Mann mit einem weißen T-Shirt dreht ihnen den Rücken zu und sieht sich nervös um. Die Tüte ist dieselbe wie zuvor, aber weniger voll.
»Das ist wieder Brenden«, sagt Mjønes.
»Bist du dir sicher?«
»Ja, dieselben Haare, auch die Körperhaltung stimmt.«
Brenden geht nach draußen auf die Straße. Er blickt zu Boden und hält sich eine Hand vors Gesicht.
»Okay«, sagt Mjønes. »Aus seinen Kontoauszügen wissen wir, dass er in den Arkaden irgendetwas für dreihundertneunundneunzig Kronen gekauft hat.«
»Eine Mütze, vielleicht?«
»Ja, daran habe ich auch gedacht. Oder eine Kappe. Und da er sein Handy im Bahnhof auf Reisen geschickt hat, können wir davon ausgehen, dass er sich etwa um dieselbe Zeit in eine andere Richtung auf den Weg gemacht hat. Kannst du herausfinden, welche Züge in dieser Zeit abgefahren sind?«
»Klar.«
Ahmetajs Finger huschen über die Tastatur.
»Weißt du was? Ich glaube, ich habe eine bessere Idee. Kannst du einen Ausdruck des besten Standbilds machen, das du hast?«
Ahmetaj lässt das Video erneut laufen. Er wartet, bis Brenden den Kopf ein wenig dreht. Sein Gesicht ist jetzt im Profil zu sehen. Ahmetaj friert das Bild ein, speichert es und lädt es neu in Photoshop. Er korrigiert die Farben und verstärkt die Kontraste, ehe er einen Druckbefehl eingibt. Irgendwo unter dem Tisch springt ein Drucker an. Mjønes beugt sich nach unten, schiebt mit dem Fuß ein paar Colaflaschen weg und bringt damit weitere leere Plastikflaschen zum
Weitere Kostenlose Bücher