Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
dankbar, wenn sie mit den anderen Kindern spielen durfte; die Anthropologin, die gewissenhaft das Verhalten der Eingeborenen erforscht, ohne sich ihnen zu nähern. Ich hatte mir eingebildet, dass es eine Form der Akzeptanz war, nicht beachtet zu werden. Aber wie sollten die Menschen mich akzeptieren, wenn ich sie unentwegt studierte und dabei keine Zeit fand, über mich selber nachzudenken?
Seit ich Martins Heiratsantrag abgelehnt hatte, fühlte ich mich stark genug, um selbstbewusst durchs Leben zu gehen wie Tante Lyd als Destiny Devereux, mit Schulterpolstern und Haarspray. Ich legte Amanda ein Konzept für den neuen Country-House -Stil vor; wie ich es sah – nicht, wie sie es vielleicht gerne hätte. Dann bestand ich auf der Übernahme der Dating-Kolumne ins Magazin und beschloss, sie einer Freundin Noonoos anzuvertrauen – Kinshasa Norrington-Davies, soeben von Timmo Windlesham getrennt, publicity-süchtig wie eh und je und perfekt für die neue Aufgabe geeignet. Ich wollte mich wieder auf die kunsthistorischen Beiträge konzentrieren und die Kolumne Hinter dem Absperrseil wieder einführen. Und weil ich wie eine Journalistin dachte, schlug ich Lydia Bell – mit deren Einverständnis – als Briefkastentante vor.
Natürlich bekam eine andere den Posten der Kulturredakteurin. In ein paar Wochen würde sich Atlanta Beaulieu, ehedem bei Tatler , zu uns gesellen.
Ticky war außer sich vor Zorn, als hätte ihr dreiwöchiger engagierter Einsatz (Bleistiftröcke und Stilettos) die vorangegangenen drei Jahre schamloser Arbeitsscheu wettmachen können und sie für Marthas früheren Job qualifiziert. »Merkt Maaahn denn nicht, dass ich jeden Tag bis mindestens halb fünf im Büro bleibe?« Aber ihre Dress-for-Success-Kampagne war nicht völlig umsonst gewesen, denn Amanda entschied, Tickys Talent, Leute auszuquetschen, dürfe nicht vergeudet werden, und ernannte sie zur leitenden Interviewerin des Magazin. Das genügte, um Ticky daran zu hindern, in ihren alten Schlendrian zurückzufallen. Zumindest vorerst.
Nachdem ich mich von dem anfänglichen Schock erholt hatte, musste ich zugeben, dass Amandas Entscheidung, jemand anderem den Job zu geben, nicht besonders überraschend war. Ich hatte jahrelang bewusst nur im Hintergrund geschuftet, und es wäre zu einfach gewesen, wenn mir plötzlich eine Beförderung in den Schoß gefallen wäre.
Martha genoss ihr märchenhaftes Happy End und entschwand mit ihrem Millionär ins schottische Hochland. Ich musste mich mit der Realität begnügen und noch etwas länger an meiner Karriere arbeiten. Ich hatte mich den aristokratischen Mädchen immer so überlegen gefühlt. Sie verbrachten sinnlose Jahre in einer Redaktion, bis sie einen reichen Ehemann einfingen und ihm auf seinen Landsitz folgten. Aber im Grunde war ich nicht anders gewesen. Ich hatte meinen Job für einen netten Zeitvertreib gehalten und alle meine Energien auf meinen Freund und unsere geneinsame Zukunft konzentriert. Jetzt konnte ich nicht mehr hoffen, von meinem Märchenprinzen gerettet zu werden. Also musste ich die Ärmel hochkrempeln und selber für meine Zukunft sorgen.
Immerhin gestattete Amanda die Wiedereinführung von Hinter dem Absperrseil und erlöste mich von der Dating-Kolumne, unter der Bedingung, in einer letzten Folge zusammenzufassen, was ich bei meinen Begegnungen mit unpassenden Männern gelernt hatte. Mehrere Entwürfe hielt ich für unbrauchbar, denn ich gelangte zu keiner eindeutigen Schlussfolgerung. Zumindest wusste ich jetzt, dass man sich vor Dates nicht fürchten musste und sich mit mehr oder weniger durchgeknallten Männern ganz gut amüsieren konnte. Außerdem vermochte ich Fauxmosexuelle aus einer Entfernung von hundert Schritten zu identifizieren. Aber wie sollte ich den passenden Manndefinieren? Bei Martin hatte ich mich geirrt. Vielleicht entstammten die geeigneten Männer einer anderen Kategorie, als ich es vermutet hatte. Doch das klang nicht wie ein befriedigendes Ende meiner Kolumne.
Was die Briefkastentante betraf, entnahm ich Amandas Schweigen, dass sie diese Idee verworfen hatte. Bis ich eines Abends nach Hause kam und sie mit Tante Lyd am Küchentisch sitzen sah, über Papiere gebeugt.
Das war ein seltsamer Anblick und ein eigenartiger Zusammenprall meines Arbeits- mit meinem Privatleben, so wie ein Kopierer in meinem Schlafzimmer … Aber Tante Lyd schien nichts sonderbar zu finden, erzählte Amanda von ihren fortgesetzten abenteuerlichen Versuchen, das Rauchen
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