Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
Rory. Willst du mir die Ehre erweisen und meine Frau werden?«
Ich wich zurück und schüttelte den Kopf. Plötzlich wurde mir alles klar. Als würde ich Martin zum ersten Mal wirklich sehen. Mit diesem Mann konnte ich nicht mein restliches Leben verbringen. Nicht einmal die nächsten fünf Minuten.
»Nein, Martin, ich werde dich nicht heiraten.«
Sein Lächeln erlosch nicht vollends, offenbar hatte er mit meinem anfänglichen Protest gerechnet. Er stand auf, kam auf mich zu und breitete seine Arme aus. »Du musst jetzt die Vergangenheit vergessen, das alles liegt hinter uns. Denk an unsere gemeinsame Zukunft.«
»Nicht, Martin …« Ich trat noch weiter zurück.
Da sanken seine Arme. »Rory?« Er blinzelte ungläubig, als hätte er versehentlich meiner Tante oder Eleanor einen Heiratsantrag gemacht. Denn seine Rory hätte ihn niemals abgewiesen.
Seine Rory vielleicht nicht. Aber diese Rory.
»Was stimmt denn nicht?«, fragte er. »Ich dachte, das hättest du gewollt.«
»Nein, das hast du gewollt.« Ich ballte meine Hände. »Es ging immer nur um deine Wünsche. Würdest du mich kennen, wärst du nicht so respektlos, einfach hier aufzukreuzen, meine Familie und mich zu stören und …«
»Was, deine Familie ?« Er lachte höhnisch. »Eine vertrocknete frühere Berühmtheit, ihre senilen Freunde und einen Installateur nennst du deine Familie?«
Entschlossen trat Percy einen Schritt auf ihn zu, um einem Mann die Stirn zu bieten, der doppelt so groß und halb so alt war wie er selbst. Aber ich sah aus den Augenwinkeln, dass Jim ihm bedeutete, sich da rauszuhalten.
»Eine bessere Familie, als du sie mir bieten würdest, Martin«, konterte ich in ruhigem Ton. »In den letzten Monaten haben diese Menschen mir so liebevoll beigestanden wie du in all den Jahren nicht.«
Wütend zuckte er zurück und prallte gegen einen Küchenstuhl. »Nach allem, was ich für dich getan habe!«
»Dafür bin ich dir dankbar. In der letzten Woche warst du sehr freundlich. Aber deshalb werde ich dich nicht heiraten.«
Eine Zeit lang schwieg er, sein Kampfgeist schien zu erlahmen, und seine Schultern sanken hinab. Ungläubig starrte er die Samtbox in seiner Hand an. »Willst du den Ring denn gar nicht sehen?«
»Selbst wenn es die Kronjuwelen wären, würde ich Nein sagen.«
Langsam drehte er die Box hin und her. »Seltsam, wie du dich verändert hast …«, murmelte er.
Ich schaute Tante Lyd an. Sie hatte sich nicht gerührt, kein Wort gesagt und überließ es mir, die Situation zu bewältigen. Neben ihr hielten sich Percy und Eleanor an den Händen. Und hinter Martin stand Jim – bereit, mir zu helfen, falls ich ihn darum bitten würde. Keiner mischte sich ein. Aber alle würden meine Entscheidung unterstützen. Und ich hatte mich entschieden.
»Ja«, bestätigte ich stolz, »ich habe mich geändert.«
38
In einem Buch hatte ich einmal gelesen, dass man Wendepunkte in seinem Leben erst im Rückblick erkennen kann. Im entscheidenden Moment gelingt es einem selten, etwas zu ändern. Du lebst so weiter wie bisher, und die Veränderung stiehlt sich ganz nebenbei und unmerklich in dein Leben: mit vielen ganz kleinen Wendepunkten. Und plötzlich merkst du, dass sich etwas verändert hat, ohne, dass du es bewusst mitbekommen hättest. Im wirklichen Leben kommt es nur selten plötzlich zu einer großen Offenbarung. Erst im Nachhinein, wenn man das verwirrende Mischmasch widersprüchlicher Entschlüsse zu sortieren versucht, stellt man fest: Ach ja, das ist es gewesen.
So ging es mir auch mit Martin. Die Ablehnung seines Heiratsantrags war nicht der Wendepunkt. Als ich damals in unser Haus zurückgekehrt war, um meine Sachen zu holen – hatte ich da nicht schon gewusst, dass dies nie mein Zuhause sein würde? Hatte ich nicht beschlossen, Dates mit unpassenden Männern zu haben, um mein Leben zu ändern? Trotzdem hatte ich immer noch von einer Zukunft mit Martin geträumt, und mich später mit der Frage gequält, ob ich in das Leben, das er mir bot, zurückkehren sollte. Dabei hatte ich völlig übersehen, dass ich längst mein eigenes Leben lebte.
Ich betrachtete das Mädchen, das schluchzend auf Tante Lyds Schwelle gestanden hatte, mit den Augen einer außenstehenden Beobachterin – voller Mitleid und wohlwollender Belustigung. An jenem Tag hatte ich geglaubt, ohne Martin wäre ich nichts. Dabei war ich mit ihm nichts gewesen. Ständig hatte ich mich unterlegen gefühlt, zuhause und bei der Arbeit. Die Außenseiterin –
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