Vergiss das mit dem Prinzen: Roman (German Edition)
hatten das meiste in der Gefriertruhe verstaut, fanden aber keinen Platz mehr für die riesige Lammkeule. Also beschloss meine Tante, sie für uns alle zu braten, zum Dank für unsere Hilfe während ihrer Krankheit. Als wir protestierten, erklärte sie, Jim sollte kochen und ihre Anweisungen befolgen, die sie ihm vom Lehnstuhl aus erteilen würde.
Sie schlug mir sogar vor, Martin zu dem Festmahl einzuladen. Aber ich sagte ihm nichts davon. Für den morgigen Samstag hatte ich ihm eine Antwort versprochen, und ich hoffte, bis dahin würde ich mich endlich entscheiden können. Ich hatte ernsthaft nachgedacht. Wirklich. Noch gründlicher seit meinem Gespräch mit Amanda. Kind und Badewasser. Sollte ich elf Jahre wegwerfen, nur weil er einen Fehler gemacht hatte? Nach Tante Lyds Infarkt hatte er sich so liebevoll um mich bemüht, so viel Zeit geopfert. Durfte ich ihm jetzt den Rücken kehren? Für immer? Und wofür? Es war ja nicht so, dass mir die Männer plötzlich die Bude einrannten. Und meine Erfahrungen mit den unpassenden Exemplaren müssten mich ja eigentlich geradewegs in Martins Arme treiben. Ich war fast dreißig und sollte mich endlich wie eine erwachsene Frau benehmen, nicht mehr wie ein verspätet pubertierendes Mädchen, das böse Jungs ausprobierte. Oder wollte ich eine stabile Beziehung gegen fragwürdige Dates mit arbeitslosen Musikern und Teenager-Sexmonstern tauschen?
Meine Beziehung zu Martin war nicht perfekt gewesen, genauso wenig wie mein Job bei Country House . Aber vielleicht gut genug, damit wir zusammen glücklich werden konnten?
In der Küche waren alle leicht hysterisch, als ich von der Arbeit nach Hause kam. Ich dachte, sie hätten schon zu trinken begonnen. Aber ich sah nur Tee, sogar in der Tasse, an der Eleanor nippte. Von Percy unterstützt, kleidete sie eine fischförmige Pastetenform (»Bei eBay gekauft, meine Liebe, sagenhaft billig!«) mit Räucherlachsscheiben aus. Dann stritten die beiden über die Konsistenz der schaumigen rosa Füllung. Percy wollte Zitronensaft hinzufügen. Aber Eleanor schlug seine Hand weg, als er nach der Terrine griff und zeigte streng auf ihr Kochbuch. »Zweifeln Sie nicht an Delia.«
Würzige Düfte verrieten, dass die Lammkeule schon im Backofen schmorte. Ein Pflaster an Jims Daumen zeugte von dem tödlich scharfen Gemüsehobel. Tante Lyd musste ihn dazu gezwungen haben, ihn zu benutzen, als er die pommes dauphinoise vorbereitet hatte.
Der Küchentisch, vom üblichen Chaos befreit, war für fünf Personen gedeckt, und meine Tante saß am Kopfende.
»Was kann ich tun?«, fragte ich und stellte die Weinflasche ab, die ich auf dem Heimweg gekauft hatte.
»Gar nichts«, erwiderte Tante Lyd.
»Dann mache ich den Wein auf.« Ich ging zu dem Schubfach, in dem der Korkenzieher lag.
Aber Jim kam mir zuvor. Als wir gleichzeitig nach der Schublade tasteten, stieß er mich mit der Hüfte aus dem Weg. »Heute führe ich das Regiment in der Küche, Dawn. Weg mit dir!« Er gab mir den Korkenzieher, packte meine Schulter und schob mich von der Arbeitsfläche weg, auf der das Gemüse lag, das noch gehackt werden musste.
»So gebieterisch …«, seufzte ich. Seit unserem tiefschürfenden Gespräch im Van wahrten wir eine gewisse Distanz. Doch die Feindseligkeiten waren Vergangenheit, nachdem uns die Sorge um Tante Lyd vereint hatte. Auch wenn Jim wieder angefangen hatte, mich aufzuziehen und zu necken – es stand eindeutig fest, dass wir das Küchen- tête-à-tête nicht wiederholen wollten.
Auf der anderen Seite des Raums schrie Eleanor: »Pfoten weg von dieser Zitronenpresse, Percy!«
Widerstrebend legte Percy die Zitronenhälfte beiseite, die er sich heimlich stibitzt hatte. »Dann werfen Sie es mir bloß nicht vor, wenn die Mousse zu fest ist!«
»Die soll fest sein!«, zischte Eleanor. »Sonst fließt sie davon.«
»Was gibt’s zum Dessert, Jim?«, fragte ich und zog den Korken aus der Rotweinflasche.
»Überraschung.« Grinsend wechselte er einen Blick mit Tante Lyd. Jetzt war ich seltsamerweise nicht mehr eifersüchtig, weil die beiden sich so gut verstanden. Falls ich wieder zu Martin zog, würde ich dankbar sein, wenn Jim sich weiterhin um meine Tante kümmerte. Natürlich würde ich nicht völlig aus ihrem Leben verschwinden, aber es beruhigte mich zu wissen, dass sie eine Familie hatte – allerdings nicht den Ehemann und die Kinder, die ich mir wünschte. Aber sie war in Sicherheit. Und so betrachtete ich die Menschen in ihrem Umfeld
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