Vergiss es Baby - Roman
ist, wenn man schon vor dem Nachtisch zu überlegen beginnt, wie man ihn wieder loswird. Wann hatte sie das letzte Mal eines Mannes wegen auf Topfenstrudel mit Marillenmus oder Panna Cotta mit gemischten Waldfrüchten verzichtet? Sie konnte sich nicht erinnern. Musste schon eine ganze Weile her sein.
Plötzlich wollte sie nur noch nach Hause und mahnte zum schnellen Aufbruch, kaum dass ihr Teller leer war.
Karl fuhr sie. An der Haustür schaffte sie es tatsächlich, ihn zu verabschieden, ohne dass er sie drängte, mit nach oben kommen zu dürfen. Das ließ hoffen. Vielleicht würde Karl einfach aus ihrem Leben verschwinden, ohne sie in die Verlegenheit zu bringen, ganz offiziell mit ihm Schluss machen zu müssen. Vielleicht auch nicht. Aber jetzt war wirklich nicht der
richtige Zeitpunkt, darüber nachzudenken, wie man unliebsame Liebhaber geräuschlos entsorgte.
In der Wohnung brannte kein Licht. Niemand war zu Hause. Um erst gar keine Enttäuschung aufkommen zu lassen, dass Valentin nicht da war, fläzte sie sich im Wohnzimmer auf die Couch. Dazu musste sie allerdings erst die Plastikfolie herunterziehen und den einen oder anderen Karton verschieben. Sie sah sich nach der Fernsehzeitung um, die normalerweise auf dem Tischchen neben der Fernbedienung lag, konnte sie aber in dem Chaos aus ausgebreiteten Zeitungen, zerknülltem Papier, dreckigen Kaffeebechern und Papptellern nirgends entdecken. Auch egal. Sie schaltete den Fernseher ein, aber es tat sich nichts. Das Kabel war rausgezogen. Als sie sich endlich durch die Kanäle zappen konnte, fand sie nichts von Interesse. Sie hatte keine Lust, halbnackte Mädchen anzuschauen, die sich zu Rap - oder war das Hip-Hop? - auf der Kühlerhaube eines Cadillacs lümmelten, und schaltete den Kasten aus. Der Wagen war schwarz gewesen, nicht rot. Eindeutig die falsche Farbe für ein Automobil dieser Klasse.
Gerne hätte sie sich ein Bier aus dem Kühlschrank geholt und sich auf den Balkon gesetzt, aber ihr war nicht danach, erst die Farbeimer, Kisten und eine Leiter wegzuräumen. Also verzog sie sich in ihr Zimmer.
Da es noch zu früh war, um schlafen zu gehen, griff sie nach einem Roman. Der Klappentext klang vielversprechend. Doch als sie zu lesen begann, gelang es ihr nicht, sich auf die Handlung zu konzentrieren. Ihre Gedanken schweiften immer wieder ab. Zu Valentin.
Wo war der überhaupt? So viel sie wusste, kannte er niemanden
in München. Vielleicht war er ja ausgegangen, um das zu ändern.
Sie sah auf die Uhr. Es war noch früh, gerade kurz nach zehn. Kurz überlegte sie, auch noch mal rauszugehen. Gut möglich, dass sie Valentin in einer der Kneipen in der Volkartstraße traf, wenn sie dort ganz zufällig einkehrte. Sie könnte es sich auch auf ein Bier, Chips und Salzstangen in der Küche gemütlich machen und ihren Liebesroman weiterlesen. Nicht, dass sie auf Valentin wartete. Sie hielt sich nachts nur gerne in der Nähe der Tiefkühltruhe auf.
Sie zuckte zusammen, als sie ein Geräusch hörte. Doch es war nur Florian, der auf Zehenspitzen in sein Zimmer schlich.
Inzwischen war es nach Mitternacht. Die Chips waren alle, aber es gab noch eine Riesenpackung Vanille-Schoko-Sun-Splash-Eiscreme, über die sie sich hermachen konnte. War verdammt lang, so eine Nacht.
Kapitel dreizehn
Es gibt viele Leute, denen man sonntagmorgens lieber nicht begegnen möchte, und Mütter gehören ganz bestimmt dazu.
»Ich wollte dir nur schnell was von Georges Bœuf Stroganoff vorbeibringen, bevor ich zum Sport gehe. Es ist köööstlich! Du brauchst es nur aufzuwärmen.«
Das war zu schaffen. Also was wollte Mama noch? Es war noch nicht einmal neun Uhr, und nach einer Nacht, die Marlene schlafend am Küchentisch verbracht hatte, war ihr nicht danach, es herauszufinden. Ihr Nacken fühlte sich steif an, wie aus Stein gemeißelt, und ihr rechter Arm, auf dem sie wohl gelegen hatte, schmerzte. Dabei war sie jetzt, am Morgen, kein bisschen schlauer. Sie wusste immer noch nicht, wo Valentin steckte. Nicht, dass es sie sonderlich interessierte. Na ja. Vielleicht doch. Es war nun einmal anstrengend, sich eine Nacht um die Ohren zu schlagen, während man sich bemühte, dabei gleichzeitig so gut wie möglich auszusehen. Auch wenn man auf niemanden wartete. Ein zweites Mal würde sie das nicht mitmachen. Nächtliches Wachbleiben war schlecht für die Laune und noch schlimmer für den Teint.
Marlene sehnte sich nach Ruhe, Kaffee und einem ausgiebigen Frühstück. Hoffentlich blieb Mama
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