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Vergiss es Baby - Roman

Vergiss es Baby - Roman

Titel: Vergiss es Baby - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Sanders
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Biergarten saß.
    Das Essen kam und unterbrach ihr gegenseitiges Schweigen. Der verführerische Duft des Schweinsbratens stieg ihr in die Nase und aktivierte über Umwege ihr Sprachzentrum. Essen und Reden gehörten Marlenes Ansicht nach zusammen, eins funktionierte ohne das andere nicht. Echt unpraktisch. Was, wenn sie einer Bande von Schurken in die Hände fiel? Die brauchten keine Folter, um sie zum Reden zu bringen. Ein voller Teller genügte, und sie hätte jedes Geheimnis verraten, das man aus ihr herauszupressen suchte.
    »Also, Karl«, begann sie, »ich denke, wir sollten uns für eine
Weile nicht sehen.« Entgeistert blickte er sie an, voller böser Vorahnungen.
    »Es ist dieser Gärtner, oder? Ich meine, du willst doch nicht etwa …«
    Was? Doch die Haxe statt des Schweinsbratens essen? Auf Alkohol verzichten? Sich für den München-Marathon anmelden?
    »Nein, Karl«, beruhigte sie ihn. Nicht während des Essens. Danach vielleicht, wenn sich eine Gelegenheit bot. Vielleicht machte sie es aber auch so wie Karl. Einfach abwarten. Ignorieren, dass sich ihre Beziehung veränderte, jetzt, wo es Valentin gab.
    Moment mal … welche Beziehung?
    Schnell schnitt sie ein großes Stück Fleisch ab und spießte es auf die Gabel. Fantastisch. Der würzige Braten und die resche Kruste - perfekt. Aber noch zu toppen. Wenn man Soße hatte.
    Marlene ertränkte ihr Gericht, einschließlich des Blaukrauts, in einem Meer aus dunkler Flüssigkeit. Beinahe hätte sie auch den Beilagensalat überschwemmt, den sie aus Alibigründen bestellt hatte und ohnehin nicht essen würde.
    »Ich liebe Soße«, erklärte sie, als ob das nicht mehr als ersichtlich wäre.
    »Der Anteil an Fettsäuren ist ein bisschen hoch, findest du nicht?«
    Spielverderber. Es war ihre Lieblingspackungssoße, die bedauerlicherweise von der Konkurrenz stammte. Man rührte sie einfach mit Wasser an und verfeinerte dann mit Wein, Crème fraîche oder Sahne. Gerne wurde auch ein Schuss Cognac oder Sherry beigefügt, aber das war, genau wie der frisch aus der
Tiefkühltruhe entnommene Thymian, eher der gehobenen Küche vorbehalten.
    »In der Soße sind jede Menge Nährstoffe, das macht es wieder wett. Außerdem: Fettsäure hin oder her, was sind die schon gegen den Spaß?«
    Demonstrativ zerteilte sie die Knödel, bevor sie mit der Gabel zerdrückt und der Soße vermischt wurden. Anschließend löffelte sie den Rest wie Suppe vom Teller.
    »Da kann man wieder Kind sein und hemmungslos herummanschen, und niemand stört sich daran. Ein befreiendes Gefühl, findest du nicht?«
    Karl ließ seine Gabel fallen und starrte sie an. Entweder überlegte er, ob Marlene auf dem Spielplatz, der sich am Ende des Biergartens befand, nicht besser aufgehoben war, oder aber ihre Manieren waren ihm peinlich.
    Valentin hätte nicht so reagiert. Valentin hätte leicht die Mundwinkel nach oben gezogen, das Zeichen, dass er sich wahnsinnig amüsierte. Anschließend hätte er sofortigen Nachschub an Soße veranlasst. Mit ihm hätte sie sich auch über die Reisegruppe lustig machen können, die am Biertisch gegenüber im Selbstbedienungsbereich saß. Es war unschwer zu erkennen, dass sie nicht aus Bayern kamen. Sie waren mit den Freizeitaktivitäten der Gegend nicht vertraut und hatten keine Ahnung, wie man ein Weißbier einschenkte. Warum hatten sie das nicht dem Schankkellner überlassen?
    Valentin hätte auch die Gabel anders gehalten. Er hätte sie nicht von einer Hand in die andere wandern lassen, während er lustlos in seinem Salat herumstocherte.
    Mein Gott, warum war ihr nicht früher aufgefallen, dass Karl
keine Freude am Essen hatte? Sie hätte ihn niemals in ihr Bett gelassen. Wahrscheinlich hatte sie es geahnt und war deshalb nie mit ihm ausgegangen.
    Sie ließ sich ihren Appetit jedenfalls nicht verderben. Genüsslich machte sie sich über ihr zweites Stück Fleisch her. Der Extraknödel war schon verzehrt, und sie winkte der Bedienung, um einen dritten zu bestellen. Karl zog die Augenbrauen hoch, ersparte sich aber jeglichen Kommentar. Gott sei Dank.
    Die Touristen auf der Bierbank hatten es unter lautem Gegröle doch noch geschafft, auf halbwegs akzeptable Weise das Weißbier einzuschenken. Jemand applaudierte. Das Kind, das Karl die ganze Zeit über fasziniert beobachtet hatte, war inzwischen unter den Tisch gekrochen. Dort spielte es mit Schaufelchen und Eimerchen und warf hin und wieder mit Steinchen.
    Ein sicheres Zeichen, dass es mit einem Typen niemals klappen wird,

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