Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergiss mein nicht

Vergiss mein nicht

Titel: Vergiss mein nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
nicht, sondern sagte stattdessen: » Ich habe mit ihrer Mutter gesprochen.«
    » Was hast du ihr gesagt?«
    Sein Sarkasmus kehrte zurück. » Hab Ihre Tochter erschossen, Mrs Weaver. Tut mir echt leid.«
    Sara biss sich auf die Unterlippe. In einem größeren Verwaltungsbezirk wäre Jeffrey nicht die Aufgabe zugefallen, die Angehörigen zu informieren; er wäre sogar für den Zeitraum der Untersuchung suspendiert worden. Aber Grant County war dafür bei weitem nicht groß genug. Alle Verantwortung lastete auf seinen Schultern.
    » Sie wollte keine Obduktion«, sagte er. » Ich musste ihr erklären, dass sie in diesem Fall gar keine Wahl hat. Sie sagte, es sei…« Er hielt inne. » Sie sagte, es sei, als würden wir sie ein zweites Mal töten.«
    Sara spürte ihr Schuldgefühl in der Magengrube. » Sie nannte mich einen Kindsmörder«, sagte er. » Ich bin jetzt also ein Kindsmörder.«
    Sara schüttelte den Kopf. » Du konntest nicht anders handeln«, sagte sie und wollte das einfach glauben. Sie hatte diesen Mann geliebt und ihr Leben mit ihm geteilt. Es war unmöglich, dass er die Situation falsch eingeschätzt hatte. » Du hast alles versucht.«
    Er lachte abfällig.
    » Jeff…«
    » Du meinst, sie hätte es getan?«, fragte er nochmals. » Ich glaube nicht, dass sie es getan hätte, Sara. Wenn ich mir die Situation ins Gedächtnis rufe, könnte ich mir vorstellen, dass sie einfach weggegangen wäre. Vielleicht hätte sie auch…«
    » Überleg doch mal«, unterbrach Sara und deutete auf den Tisch. » Sie hat ihr Kind getötet, Jeffrey. Glaubst du, sie hätte nicht auch den Vater umgebracht?«
    » Wir werden es nie erfahren, oder?«
    Wie eine dunkle Wolke lastete das Schweigen auf ihnen. Das Leichenschauhaus befand sich im Untergeschoss des Krankenhauses, ein gekachelter Raum mit rein funktioneller Atmosphäre. Der Kompressor für die Kühlanlage machte das einzige Geräusch und schaltete sich mit einem lauten Klicken ab, das von den Wänden widerhallte.
    » War das Baby am Leben?«, fragte Jeffrey. » Als sie geboren wurde, lebte es da noch?«
    » Ohne medizinische Hilfe hätte es nicht lange überlebt«, sagte Sara, ohne seine Frage direkt zu beantworten. Irgendwie wollte sie Jenny schützen.
    » War das Baby am Leben?«, wiederholte er.
    » Es war sehr klein«, sagte Sara. » Ich glaube eigentlich nicht, dass es…«
    Jeffrey kam zurück an den Seziertisch. Er vergrub die Hände in den Taschen, während er wie hypnotisiert auf das Baby starrte. » Ich möchte…«, fing er an. » Ich möchte nach Hause fahren. Ich möchte, dass du mit mir kommst.«
    » Okay«, antwortete sie. Natürlich hatte sie seine Worte gehört, wusste aber nicht, ob sie ihn verstanden hatte.
    Er sagte: » Ich möchte mit dir schlafen.«
    In Saras Augen stand der Schock.
    » Ich möchte…« Er brach mitten im Satz ab.
    Sara starrte ihn an. » Du möchtest ein Baby machen.«
    In seinem Blick konnte Sara lesen, dass er nicht im Entferntesten an so etwas gedacht hatte. Schamröte stieg ihr ins Gesicht. Sie bekam keinen Ton heraus, und ihre Kehle war wie zugeschnürt.
    Er schüttelte den Kopf. » Das wollte ich nicht sagen.«
    Sara wandte sich ab. Ihr Gesicht glühte. Nichts konnte diese Worte ungesagt machen.
    Er sagte: » Ich weiß, dass du keine…«
    » Vergiss es einfach.«
    » Es ist nur so, dass ich…«
    Sie war auf sich wütend und nicht auf Jeffrey, aber trotzdem klang ihre Antwort barsch: » Ich sagte, vergiss es.«
    Offenbar auf der Suche nach den richtigen Worten ließ Jeffrey ein paar Sekunden verstreichen. Als er dann sprach, klang er traurig. » Ich würde die Uhr einfach gerne um fünf Stunden zurückdrehen, verstehst du?« Er wartete ab, bis sie sich umgedreht hatte. » Ich möchte wieder mit dir auf dieser dämlichen Rollschuhbahn sein und diesmal meinen Pieper, wenn er losgeht, auf den Müll werfen.«
    Sara schaute ihn mit großen Augen an, denn sie wagte nicht zu reden.
    » Das möchte ich, Sara«, wiederholte er. » An das andere habe ich nicht gedacht. Was du gesagt hast…«
    Sie unterbrach ihn, indem sie die Hand hob. Draußen auf der Treppe waren die Schritte von zwei Personen zu hören. Sara ging in ihr Büro und trocknete sich auf dem Weg die Augen. Sie zupfte ein Kleenex aus der Schachtel auf ihrem Schreibtisch und putzte sich die Nase. Dann schluckte sie die selbst verschuldete Demütigung hinunter, zählte ganz langsam bis fünf und riss sich mit aller Kraft zusammen.
    Die Detectives Lena Adams und Brad

Weitere Kostenlose Bücher