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Vergossene Milch

Vergossene Milch

Titel: Vergossene Milch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chico Buarque
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erzählte ich von seiner rüstigen Freundin, la Comtesse, die mit einer halben Franc-Münze vaginales Gewichtheben praktizierte, doch der Kapitän verstand die Sache nicht so richtig, und die Sängerin knüpfte mit dem Architekten ein Privatgespräch an. An den nächsten Abenden wurde ich an einen Tisch mit Argentiniern gesetzt, und dann erlebte ich, wie mein Ansehen auf der
Lutetia
nach und nach schwand, vielleicht, weil mir das fließende Französisch meines Vaters abging. Oder weil mein Taschengeld wie alles, was von meiner Mutter kam, knapp bemessen war. Spätnachts setzte ich mich an die Bar, und der Barkeeper servierte mir automatisch ein Glas Krug, den Champagner des Senators. Ich ließ ihn im Glas warm werden, ich rauchte schwarze Zigaretten, und es gab immer einen Tisch mit lärmenden Brasilianern, die über Vieh, Zuckermühlen, Ländereien und Geld redeten. Das sind diese Leute aus dem Norden, pflegte mein Vater zu sagen, und mit ihren Trinkgeldern, die sie großspurig zahlten, übertrafen ihn die lauthals lachenden Männer bei weitem. Die Bar schloss bei Tagesanbruch, und ich ging leicht benebelt schlafen. Ich hängte das Bullauge meiner Kabine im Heck zu, um nicht den endlosen Ozean zu sehen, der mich immer weiter von meiner Frau entfernte. Ich fragte mich, ob ich nicht auch so eine Heimatverbundenheit entwickelt hatte, wie sie meinem Vater zufolge typisch für diese Leute aus dem Norden war. Und als ich in Bordeaux, wo mich niemand erwartete, von Bord ging, war ich davon überzeugt, dass ich der Zivilisation meinen letzten Besuch abstattete. In Paris wurde ich verblüfft empfangen und gefragt, ob man in Südamerika nicht erfuhr, was in der Welt geschah. Vor über einem Monat war der Kaffeeimport nach ganz Europa ausgesetzt, was zum Bankrott der Großhandelspartner meines Vaters geführt hatte. In London erzählte man mir etwas von Finanzkatastrophen, Millionen und Millionen Pfund Sterling von einem Tag auf den anderen wegen des Börsenkrachs in New York in Luft aufgelöst. Das betraf auch die Erbschaft der Familie Assumpção, unseligerweise im amerikanischen Aktienmarkt angelegt. Es heißt, ein Unglück kommt selten allein, und das ist auch gut so, denn die Schicksalsschläge hätten mich viel schlimmer getroffen, wenn ich nicht schon am Boden zerstört gewesen wäre. Ich war dem englischen Mister sogar dankbar für seine knappe Rede und die rasche Beendigung unseres Gesprächs. Ich nahm einen Schnellzug nach Southampton, und überall fühlte ich mich mit dem Misstrauen beobachtet, das ein schweigsamer Fremder hervorruft. Lieber wäre mir gewesen, man hätte mit dem Finger auf mich gezeigt und mich ausgelacht, so wie in den Straßen von Rio de Janeiro, wo der Grund für meine Qualen bekannt war. Im letzten Augenblick reiste ich auf einem holländischen Frachter ab, auf dem ich noch eine Koje im Bug erwischt hatte. Was das Geld betrifft, sollte Mama für mich wohl oder übel immer der rettende Strohhalm sein. Ihre Familie war womöglich noch wohlhabender als die Assumpçãos, allein an Weidefläche besaßen die Montenegros den halben Bundesstaat Minas Gerais. Zwar war die Sippe groß, Mama hatte ungefähr zwanzig Geschwister, aber eine einzige Fazenda mit Milchvieh hätte mir zum Leben gereicht, selbst wenn ich hundert werden sollte. Meine kleine Tochter wäre in besten Verhältnissen aufgewachsen, und meine Frau hätte mehr Ruhe und Glück, wenn sie eines Tages nach Hause käme.

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    Ich dachte, Sie hätten frei , Sie kämen heute nicht mehr. Die andere ist nicht schlecht, aber in der Eile kippt sie immer meine Medikamente um, abgesehen davon, dass sie gar nicht zuhört, wenn ich etwas sage. Wenn Sie morgen in Urlaub gehen, sagen Sie mir also bitte Bescheid. Ich merke, dass Sie unwirsch sind, ich habe Angst, es wird Ihnen alles zu viel und Sie gehen wieder endgültig weg. Keine Sorge, ich werde Sie nie fragen, wo Sie Ihre Abende verbringen, ich will auch nicht wissen, ob Sie mit den Ärzten ins Kino gehen. Wenn ich hier rauskomme, nehme ich Sie überallhin mit, ich werde mich nicht für Sie genieren. Ich werde nicht Ihre Kleidung, Ihre Manieren, Ihre Ausdrucksweise kritisieren, auch nicht Ihr Pfeifen. Mit der Zeit habe ich gelernt, dass Eifersucht ein Gefühl ist, das man offen aussprechen muss, im selben Augenblick, wenn es aufkommt. Denn ganz am Anfang ist Eifersucht wirklich ein gesittetes Gefühl, man sollte es der Frau wie eine Rose schenken. Sonst verschließt es sich im nächsten Augenblick wie

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