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Verhängnisvolle Wiedersehen (The Immaculate Breed) (German Edition)

Verhängnisvolle Wiedersehen (The Immaculate Breed) (German Edition)

Titel: Verhängnisvolle Wiedersehen (The Immaculate Breed) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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Erschöpfung. Sie hatten beide sehr viel Blut verloren und bisher nicht wieder ersetzt. Die Strahlung des beinah vollen Mondes machte die Entbehrung nur unerträglicher. Cat kam gut mit derlei selbstkasteiendem Verhalten zurecht, aber Nico nicht. Ihr großer Kummer und ihre Sorge ließen sie einfach den Drang, sich zu nähren, unterdrücken oder verlieren.
Nur noch etwas über zwei Stunden bis zum Sonnenaufgang…
    Nico brach der Anblick der Geschwister bei jedem blinzelnden Aufblicken das Herz. Cat war so unglaublich tapfer. Sie sah dem unvermeidlichen Schicksal ihres kleinen Bruders scheinbar gefasst entgegen. Nico wusste genau, dass ein Teil von ihr mit sterben würde, wenn das Schlimmste bei Sonnenaufgang passieren würde.
Langsam verlor sie selbst jegliche Zuversicht, sie tropfte mit jeder geflossenen Träne aus ihr heraus und sie hatte das Gefühl, bald in einem Meer der Hoffnungslosigkeit zu ertrinken. Sie fand nicht einmal mehr die Kraft für Gebete. Würde sie seiner Seele ein letztes Geleit geben müssen, wie so vielen anderen vor ihm?
Nico erhob sich mit schweren Gliedern von dem Stuhl, weil es Zeit war, seine Infusion zu erneuern. Sie spürte nichts mehr, als wäre ihr gesamter Körper eingeschlafen. Cat gab die Hand ihres Bruders nicht frei, also berührten sich ihre Hände, als sie den Zulauf kontrollierte. Für einen kurzen Moment verschmolzen ihre Blicke und Nico konnte sehen, wie die Pupillen der Löwin sich explosionsartig weiteten, dann senkte Cat den Blick und Nico löste sich von ihr.
Ihre Fingerspitzen schienen zu brennen und ein heißes Feuer, das sie erzittern ließ, schoss durch ihre Adern. Es würde noch viel schlimmer werden, wenn Catalina sich mit dem wirklichen Verlust ihres Bruders auseinandersetzen würde müssen. Das Feuer würde lichterloh brennen.
Nico nahm wieder schweigend Platz und verharrte stundenlang in derselben Position, auch wenn ihr irgendwann alle Knochen wehtaten, es würde helfen, wach zu bleiben. Das dachte sie zumindest. Ihre Kräfte schwanden aber schließlich doch, so dass ihr Kopf zur Seite fiel und sie in einen unruhigen Schlummer driftete.
    Als sie ihre Augen wieder öffnete, blickte sie direkt in einen sternenklaren Himmel, wo die hell scheinende volle Scheibe des Mondes ihr magisches Licht verströmte. Sie lief lachend durch schmale Korridore, die nicht überdacht waren, dabei streifte sie immer wieder mit ihren ausgebreiteten Armen einen Blätterwald.
Wo bin ich?
Die Gänge verzweigten sich immer weiter als würden sie einem komplizierten Plan folgen, doch sie nahm einfach instinktiv einen Weg, während ihr schneller Atem immer wieder von einem unregelmäßigen leisen Auflachen unterbrochen wurde, das sich manchmal zweistimmig anhörte.
    „Du kriegst mich nicht!“, rief sie herausfordernd und nahm die nächste Verzweigung mit so viel Elan, dass sie beinahe in die akkurat getrimmte Hecke geflogen wäre. Sie war so ausgelassen wie ein sorgenfreies Kind und das ließ die schlafende Nico in der Realität die Stirn runzeln, weil das Gefühl nicht in ihre taumelnde Welt passen wollte.
Sie kannte nur einen Ort, an dem sich ein solches Labyrinth befand und zwar im weitläufigen Park des Castle Harpyja. Träumte sie von vergangenen Tagen? Von glücklicheren Tagen einer anderen Frau? Suchte ihr Unterbewusstsein auf diese Weise Trost?
    „Hab ich dich!“, flüsterte eine neckende Stimme an ihrem Ohr, dann wurde sie an einer ihrer Haarlocken gezogen und erhaschte aus den Augenwinkeln einen dunklen Schatten, der sofort wieder mit seiner Umgebung verschmolz. Der Unbekannte lachte ein warmes, von Herzen kommendes Lachen, das so ansteckend war, dass sie ihre Niederlage ebenfalls auflachend akzeptierte.
    „Das ist unfair!“, rief sie dem Schatten gespielt schmollend hinterher.
    Eine Windböe erfasste sie, als sie einen breiteren Korridor betrat und der weite, lange Rock ihres Kleides bauschte sich im Wind auf. Etwas kitzelte ihre nackten Schultern und dann ihre Nase, das sich als luftige Gaze herausstellte. Erstaunt sah sie an sich herunter und bemerkte nun, warum sie nicht hatte schneller rennen können. Sie trug ein festliches Abendkleid.
    „Du bist dran! Na, los! Zeig mir, was du kannst!“, wurde sie neckend gerufen und die Stimme schien von überall und nirgends herzukommen.
    Mit einem leisen Kichern auf den Lippen raffte sie die Röcke und lief los, um den Herausforderer zu stellen. Sie quietschte erschrocken aber fröhlich wie ein kleines Mädchen auf, als sie

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