Verhängnisvolle Wiedersehen (The Immaculate Breed) (German Edition)
gekommen, der Wind sollte ihr den Kopf frei von solchen Anwandlungen machen.
Es war auch nicht richtig, auf Nico wütend zu sein. Sie wollte einfach nur helfen, wie es ihre Natur war. Sie hatte sich nur nichts dabei gedacht. Es war kein guter Plan gewesen, das Sterben ihres Bruders so unerträglich lang hinaus zu zögern. Aber im Nachhinein betrachtet, würde sie es vermutlich wieder und wieder riskieren. Ein kleiner Funke Hoffnung blieb, allerdings bezahlte man diesen mit Leid und Tränen.
„Ich weiß, wie du dich fühlst.“ Rys streckte den Arm aus und griff nach ihrer Hand, um sie einen Moment in seiner zu halten.
„Aber noch ist Vulcan nicht tot. Es ist nichts entschieden. Er hat es bis hierher geschafft und wir alle beten dafür, dass er den letzten Schritt ebenfalls packen wird. –Niemand wird ihn einfach so sterben lassen und wir alle sind in Gedanken bei euch. –Geh runter zu ihm, Catalina. Er wird wissen, dass du da bist und umso entschlossener für sein neues Leben kämpfen wollen.“
Er hoffte sehr für sie, dass seine ernst gesprochenen Worte sich nicht als leere Floskeln entpuppen würden. Bis Sonnenaufgang war noch so viel Zeit und der Körper des Jungen um Längen von der Unsterblichkeit entfernt.
Cat packte Rys an der Hand, die ihre umfasst hielt und zog ihn mit ein wenig mehr Elan als nötig zu sich heran. Wenn er den Tritt verlor, wäre sie sozusagen seine Lebensversicherung, es sei denn, er krallte sich im freien Fall zu Boden irgendwo am Gebäude fest. In jedem Fall würde es wehtun.
„Ich glaube kaum, dass du weißt, wie ich mich fühle, Rys! Bisher hast du dich in Puncto Einfühlungsvermögen ja nicht besonders hervor getan. Und dein Bruder liegt gerade sicher in seinem Bett und wurde nicht von einem Blutsverwandten umgebracht!“ Womit sie ihren erbärmlichen Versuch der Umwandlung mit einschloss. Cats Augen funkelten wütend, doch sie unterdrückte jegliche vampirische Veränderung. Gerade wollte sie so wenig wie möglich mit der ganzen Scheiße zu tun haben.
„Ich brauchte einfach einen Moment für mich! Ich lasse meine Launen nämlich nicht gern an den Leuten aus, die mir etwas bedeuten. Es sei denn, sie bieten sich mir auf einem Silbertablett an.“, fuhr Cat mit einem zuckersüßen Ton fort, um dann bissig zu lächeln.
An Romys Stelle hätte sie dem vorlauten Trampel für seine verbalen Ausfälle wahrscheinlich schon sehr oft den Schädel gespalten.
„Geh nach Hause, Rys und mach dich nützlich. Kümmere dich um deine Frau. Sie wird kein Auge zu tun, wie ich sie kenne… Und… Danke! Auch wenn der kleine Schubs nicht wirklich nötig war!“
Cat ging auf die Zehenspitzen und gab Rys einen kleinen Kuss auf die Wange, um sich dann vor seinen Augen in Luft aufzulösen.
° ° °
Ganz vorsichtig wurde die Tür zum Krankenzimmer geöffnet und dem kleinen, weißen Hündchen noch einmal mit dem erhobenen Zeigefinger bedeutet, leise zu sein. Trotzdem konnte es nach ein paar tapsenden Schritten über den Linoleumboden ein Fiepen nicht mehr zurückhalten. Es versuchte, Nicos Bein zu erklimmen und auf ihren Schoß zu kommen, noch bevor sich die Sophora wieder aufgerichtet und ihre Tränen hastig fortgewischt hatte.
Tiponi schloss lautlos die Tür und trat ebenfalls näher. Sie alle hatten keine Schwierigkeiten, im Dunklen zu sehen. Der Anblick des bandagierten Jungen, der bewusstlos im Bett lag, war wirklich schlimm.
„Irgendeine Veränderung?“, fragte sie flüsternd und warf gleichzeitig einen Blick auf die Monitore, die keinerlei Hinweis darauf gaben. Es war also immer noch alles unverändert. Das konnte man weder positiv noch negativ auslegen. Sein Überleben befand sich einfach in der Schwebe.
Nico erschrak heftig, als ihr kleiner Hund plötzlich an ihrem Bein hochzuklettern versuchte. Sie griff nach dem kleinen Fellbündel und setzte ihn sich auf den Schoß, wo er sich zitternd an sie kuschelte. Shai spürte anscheinend ganz genau, wie es um sie stand. Bald würde er seiner Mutter entwöhnt sein und sie überall hin begleiten.
Nico hielt ihn fest an sich gedrückt und spürte schon neue Tränen über ihre Wangen laufen, als sie zusehen musste, wie Tiponi Vulcan ansah. Sie sah nur die Verbände, Nico selbst konnte den Anblick von Vulcan, wie er halbtot auf dem Boden des Hotelzimmers gelegen hatte, nicht vergessen. Er vermischte sich mit der Erinnerung an sein Jugenderlebnis, dessen Grausamkeit sie auch niemals vergessen würde. Sie hob den tränenverhangenen Blick zu Tiponi an,
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