Verhängnisvolles Gold
Aufklatschen der Schneeflocken auf dem Dach, den Schmerz im Herzen von Grandma und der Schmerz in meinem eigenen Herz.
Die Polizeibehörden haben eine Ausgangssperre für alle Bewohner Bedfords unter achtzehn verhängt. Auf einer Pressekonferenz erklärte Sherrif J. Farrar heute im Rathaus: »Die Jungen sind überwiegend nach Einbruch der Dunkelheit verschwunden. Wir raten dringend davon ab, sich alleine im Freien aufzuhalten. Meiden Sie bewaldete Gebiete. Fahren Sie nicht bei Fremden im Auto mit.«
– NEWS CHANNEL 8
Nach dem Lunch kommt Devyn vorbei, und wir verbringen den Tag damit, unser weiteres Vorgehen zu überlegen. Devyn besteht darauf, dass ich mich zuerst in Bio und Literatur und ein paar anderen wichtigen Fächern auf den aktuellen Stand bringe. Aber Schularbeiten stehen derzeit nicht gerade ganz oben auf meiner Liste, auch wenn sie sein müssen, denn wenn ich diese ganze Sache hier überlebe, will ich eines Tages aufs College gehen. Ich kann ja bei der Bewerbung nicht damit kommen, dass ich die Highschool wegen einer Elfeninvasion nicht geschafft habe! Wir schlagen im Wohnzimmer unser Lager auf. Devyn bewegt sich wegen seiner alten Verletzung, die ihm ein Elf zugefügt hat, immer noch ein bisschen steif, aber ich bin überglücklich, dass er ohne Krücken vor dem Kamin auf und ab und an der Couch und dem Tisch vorbeischreitet, während er dozierend in den Professorenmodus fällt. Betty besucht zusammen mit ihrer besten Freundin, unserer Schulsekretärin Mrs. Nix, eine Handwerkermesse.
Eine Weile versuchen wir, das Anagramm zu knacken, das mein Vater damals in das Buch von H. P. Lovecraft geschrieben hat, aber dann simst Astley mir den Namen seiner Mutter, und wir geben ihn wie besessen in diverse Suchmaschinen ein. Sie wird ein paar Mal im Zusammenhang mit Antiquitätenmessen und Uhrsymposien auf der ganzen Welt erwähnt, aber wir finden nichts, das ihren Aufenthaltsort näher bestimmt, ganz zu schweigen von einer Adresse.
Während Dev im Netz surft, gehe ich immer wieder zum Fenster und suche mit den Augen den Wald nach Anzeichen von Elfen ab. Es ist, als könne ich nicht still sitzen. Aber vielleicht ist das ja auch eine Art Nebenwirkung der Verwandlung in einen Elf.
»Tagsüber greifen sie nicht mehr an«, sagt Devyn. »Nicht mehr seit dem Vorfall mit dem Sumner-Bus und noch ein, zwei späteren Vorfällen.«
»Was glauben die Leute?«
»Dass es ein Serienmörder ist.« Er stöhnt. »Während du dich verwandelt hast, war ein Nachrichtenteam aus Boston da. Und ein paar Agenten von der Bundespolizei haben auch rumgeschnüffelt. Die Leute denken, dass Nicks Eltern ihn geholt haben, um ihn aus der Gefahrenzone zu bringen. Andere fürchten, dass eine außerirdische Apokalypse bevorsteht. Du hast einiges verpasst, Zara.«
Ich schweige. So wie er das Wort »verwandeln« ausspricht, fällt es ihm noch immer schwer, damit umzugehen. Ich kann es ihm nicht verdenken. Mir fällt es auch schwer. Mit den Fingerspitzen berühre ich die kalte Fensterscheibe. »Die Welt ist so weiß. Das tut mir in den Augen weh. Kannst du das verstehen?«
Er antwortet nicht, sondern steht wieder auf und stöhnt dabei ein bisschen.
»Alles in Ordnung?« Ich drehe mich um und eile zu ihm. »Tut das Stehen sehr weh?«
»Ja, aber es ist ein geringer Preis dafür, dass ich es wieder kann.« Er niest. »’tschuldigung. Allergie.«
»Allergie gegen Elfen?«, ziehe ich ihn auf.
»Ha-ha«, sagt er sarkastisch. »Ich muss bald gehen. Meine Eltern sind total im Stress mit ihren Experimenten. Ich muss ihnen helfen. Sie danken dir, dass du ihnen noch mehr Blut angeboten hast. Das ist nett von dir.«
Ich trete vom Fenster weg. »Nett von mir? Ich bin ja wohl kaum nett, Devyn. Wir haben die Gefolgsleute von meinem Vater in einem Haus eingesperrt. Das ist gegen das Gesetz. Es ist praktisch eine Entführung. Wir haben gegen sie gekämpft. Das ist Körperverletzung. Ich habe nach dem Ball einen Typen verprügelt. Dann kommen noch die beiden Mädchen dazu …«
»Nicht Leute, Elfen«, korrigiert er. »Nicht Mädchen, Elfen.«
Nicht Leute, Elfen.
»Ich fühle mich immer noch wie ein Mensch, aber ich bin nicht nett und gut. Wenn ich kämpfe, komme ich mir böse vor«, murmle ich.
Devyn sammelt seine Sachen zusammen.
»Im Ernst«, fahre ich ein wenig energischer fort, »habe ich weniger Rechte, weniger Bedeutung, nur weil ich kein menschliches Wesen bin? Gelten Gesetze plötzlich nicht mehr für mich?«
»Tiere haben auch keine
Weitere Kostenlose Bücher