Verhängnisvolles Gold
Rechte«, blafft Devyn. »Und das bin ich die Hälfte der Zeit. Ich kann mir nicht einmal annähernd vorstellen, was passieren würde, wenn normale Menschen wüssten, dass es Wesen wie mich gibt.«
»Wie würdest du es finden, wenn die Leute dich nur als Gestaltwandler oder Werwesen bezeichnen würden statt als jungen Mann?«
Er lässt die Knöchel knacken und wirft sich den Rucksack über die Schulter. Als er den Rücken streckt, schneidet er eine Grimasse. »Schrecklich.«
»Dann kannst du ja nachvollziehen, wie ich mich fühle.«
»Ja.« Er reibt sich mit einer Hand das Gesicht und tritt dann zur Tür. »Es tut mir leid, Zara. Es ist einfach so viel Neues, an das man sich gewöhnen muss. Und dann ist auch noch Nick weg … Ich weiß, dass ich nicht fair war.«
»Ja, es ist alles ganz schön kompliziert. Und ich kann es dir nicht verdenken. Du fehlst mir einfach. Ich meine, du stehst direkt vor mir, aber solange du mir nicht vollständig traust, habe ich das Gefühl, dass wir …« Ich ringe nach Worten.
»Uns fremd sind?«
Er tippt mir auf die Schulter und tritt in die Kälte hinaus. Ich folge ihm, ich will jetzt nicht allein sein.
»Weißt du, Nick ist irgendwo da draußen«, sagt er.
Der bloße Gedanke daran lässt mich kreischen. Ich mache einen Satz und stoße mit dem Kopf gegen das Verandadach. Um mich herum fällt Schnee und auf einmal ist das Eis gebrochen. Ich fasse es nicht, dass ich so hoch springen kann. Kichernd kugle ich mich im Schnee, und Devyn fängt bei meinem Anblick laut an zu lachen. Ich werfe einen Schneeball nach ihm. Wenn Nick mich jetzt sehen könnte, würde er bestimmt auch loslachen, sich neben mich in den Schnee fallen lassen und mir wahrscheinlich das Gesicht mit Schnee einreiben. Oder vielleicht auch nicht.
Dev wischt sich den Schnee vom Gesicht und streckt mir die Hand hin, um mir aufzuhelfen. »Du bist so ein Doofkopf, Zara.«
»Ich weiß.«
Mit zusammengekniffenen Augen mustert er mein Gesicht. »Was ist passiert? Dein Gesicht hat sich gerade total verändert.«
Ich schlucke und beschließe, es ihm einfach zu erzählen. Wenn ich Devyn sage, was mich beschäftigt, merkt er wirklich, dass ich immer noch Zara bin. Und ich merke es vielleicht auch. »Nick hat Elfen gehasst. Ich bin nicht sicher, ob er jemals glauben kann, dass es auch gute Elfen gibt. Nicht nachdem er gesehen hat, wie viel Böses sie getan haben. Kann er mich jetzt überhaupt noch lieben?«
»Zara …« Devs Hand schließt sich um meine, aber er kann mir hier keinen Trost bieten.
Ich presche weiter: »Ich habe mich verwandelt, damit ich ihn retten kann, aber die Verwandlung könnte unsere Beziehung kaputt machen. Er denkt bestimmt, dass sie mich vernichtet hat.«
Meine Lunge scheint sich zu einem winzig kleinen Klumpen zusammenzuziehen, wenn ich nur daran denke, dass ich vielleicht einen großen Fehler gemacht habe.
»Irgendwann wird er es merken.«
»Was merken?«
»Dass du immer noch du bist.« Dev drückt noch einmal meine Hand und lässt dann los. »Ich meine, wenn ich es kapiere …«
»Lang genug gedauert hat es ja«, necke ich ihn, denn ich möchte nicht, dass das hier zur Grußkartenidylle ausartet.
»Weniger als zweiundsiebzig Stunden seit dem Beginn der Verwandlung – plus minus zwölf Stunden.«
»Wow. Länger als ich dachte.« Ich stupse ihn mit dem Ellbogen an. »Und im Ernst, Devyn, nicht mal ich bin mir noch sicher, wer ich eigentlich bin. Wie kann ich dann von anderen erwarten, dass sie sich einfach mit allem abfinden?«
Wir verabschieden uns und er fährt in dem großen alten Buick seiner Eltern davon. Sobald er weg ist, hebe ich witternd die Nase in die kalte Luft. Elfen rieche ich nicht, aber ich weiß, dass sie da draußen in ihren Verstecken lauern, knapp außerhalb der Reichweite meiner Sinne. Sind es Astleys Elfen, die Wache schieben, oder böse Elfen, die angreifen wollen? Allerdings habe ich bislang von Astleys Elfen eigentlich nur Amelie kennengelernt.
Schließlich richte ich mich auf und gehe ins Haus, um noch ein bisschen zu recherchieren und Pläne zu schmieden. Betty kommt als Tiger von ihrer Patrouille nach Hause und kratzt an der Tür. Ich öffne und trete ein paar Schritte zurück, als sie hereinkommt. Dass sie mich als Mensch immer noch liebt, weiß ich. Aber wie verhält es sich, wenn sie ein Tiger ist?
Kalte Luft strömt herein, deshalb greife ich über Betty hinweg und schließe die Tür. Mit ihren mehr als 400 Pfund füllt sie den Raum zwischen Tür und
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