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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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suchte nach einer neuen Schachtel Kleenex, die er nicht finden
konnte, während das Tropfen stärker wurde.
Schließlich schneuzte er sich in Kozinskis Obduktionsbefund,
der ohnehin nutzlos war. Und Leutnant Piperston würde in jedem
Fall eine Kopie haben.
    Dann ging er aufs Männerklo und holte sich einen dicken
Packen Toilettenpapier, um es anstelle von Papiertaschentüchern
zu verwenden. Er wusch sich auch gleich die Hände, denn der
Obduktionsbefund war nicht besonders saugfähig gewesen. Der
elektrische Handtrockner funktionierte nicht.
    »Himmel, Hölle und Verdammnis!«
    Mit den nassen Händen schlenkernd machte er sich auf den Weg
ins Spinnerdepot.
    Der Name war natürlich Felders Erfindung. Alle Zuschriften
mit Drohungen gegen Leute, die längst tot waren,
›heiße‹ Tips über Aktivitäten des
feindlichen Auslandes, ›Insiderinformationen‹ über
kommunistische Verschwörungen, internationale jüdische
Geheimkartelle, versteckt operierende japanische Atom-U-Boote und
UFO-Pläne für die Entführung von Madonna – all
das fand seinen Weg hierher, ins Spinnerdepot. Hier wurde die Spreu
vom möglichen Weizen getrennt: man teilte ein in das, was so
aussah, als sollte es nachgeprüft werden, und in das, was nach
Zeitverschwendung roch. Doch alles und jedes, nachgeprüft oder
nicht, wurde mit Querverweisen in sechzehn verschiedene Richtungen in
Computer eingegeben und lieferte somit ein perfektes Bild des
amerikanischen Neurotikers, der immer noch ans Allheilmittel
Bundespost glaubte.
    Das Spinnerdepot wurde regiert von Victoria Queen. Über all
die Jahre hatte sie so viele Scherzchen gehört, in denen ihr
Name umgedreht wurde, daß sie sich weigerte, auch nur ein
weiteres Wort mit jemandem zu wechseln, der sich in die Schar der
Spaßvögel reihte. Cavanaugh war auf der Hut. Nach zehn
Jahren als Leiterin des Spinnerdepots konnte Victoria Queen mit einem
einzigen Blick erkennen, ob jemand gerade ein Wortspiel mit ihrem
Namen erwog. Das komische war, daß sie im Laufe der Jahre
tatsächlich anfing, wie die Majestät aus dem Hause Hannover
auszusehen: dicke, buschige Augenbrauen und fliehendes Kinn.
    »Vicky, ich brauche was.«
    »Meine Güte, Robert, Sie klingen ja schrecklich! Waren
Sie schon beim Arzt?«
    »Noch nicht. Ich brauche…«
    »Ich würde Ihnen ja eine Tasse Tee machen, aber die
Mikrowelle ist kaputt.«
    »Ja. Klar. Hören Sie zu…«
    »›Hören Sie zu‹? Sie sind zuviel mit Felders
zusammen.«
    Cavanaugh fing noch mal an. Ordinäre, zähe
Verbissenheit, hatte Marcy immer gesagt. Diese Eigenschaft hatte sie
an ihm gehaßt. Aber wo wäre sein Job ohne sie
geblieben?
    »Vicky, ich muß wissen, ob noch weitere anonyme Briefe
da sind, die sich mit wissenschaftlichen Forschungen auf den Gebieten
der Mikrobiologie, der rekombinanten DNA oder mit dem Einbau von
Genen in Körperzellen beschäftigen. Duffy hat im Juli so
einen Brief bekommen, er war an ihn persönlich adressiert. Aber
ich brauche eine breiter gestreute Suche – nach allem, was sich
in den letzten drei Monaten auf biologische Themen bezogen
hat.«
    »Biologie…«, murmelte Victoria Queen. Sie trat vor
ihren Computer. »Nicht viel vorhanden… also, wenn Sie
Physik oder Astronomie haben wollten… mal sehen…« Sie
starrte auf den Bildschirm. Cavanaugh wartete.
    »Hier. Nummer 16-42-0563, Postkarte, 14. Juli, behauptet,
daß der Präsident in Wahrheit ein Außerirdischer vom
Arcturus ist, der gentechnisch verändert wurde, um
menschenähnlich zu werden. Ohne Unterschrift.
    Nummer 16-42-3473, Brief, 3. August, behauptet, daß das
Zentrum für Seuchenkontrolle in Atlanta Teil einer
feministischen Verschwörung ist, die zum Ziel hat, die
Wasservorräte des Landes mit einem Gift zu versetzen, das nur
Y-Chromosomen angreift. Ohne Unterschrift.
    Nummer 17-23-8503, Brief, 7. August, behauptet, daß das
AIDS-Virus ein biologischer Anschlag der neidischen Japaner auf die
Künstlergemeinde dieses Landes ist. Unterschrieben mit
Christopher J. Walker, Seattle.
    Tja, das wär’s, Robert… und – oh, das da kam
erst heute rein. Molly hat es mir gebracht, weil sie dachte, es
würde mir Spaß machen.«
    Sie reichte Cavanaugh eine Postkarte mit dem Bild eines grinsenden
Pavians, adressiert an den Justizminister, jedoch ohne diesen beim
Namen zu nennen. Die Karte trug keine Unterschrift.
     
    Sehr geehrter Herr Justizminister! Sie sollten wissen,
daß in Cadillac, New York, eine Ansiedlung der Streiter des
göttlichen Bundes ist, wo häufig Tiere

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