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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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geopfert werden. Ich
glaube, auch Menschen. Sie sollten sich das mal näher ansehen,
weil dort leben auch Kinder, die meinigen auch. Gibt’s da kein
Gesetz dagegen? Das mit den Opfern ist wirklich wahr, auch wenn ich
es noch nicht beweisen kann.
     
    »Ist das nicht groß?« sagte Victoria. »Aber
der Pavian gefällt mir.«
    »Was hat das mit Mikrobiologie zu tun?«
    »Nichts. Wir hätten es unter ›Tiere‹,
›Sekten‹ und ›Morde‹ in die Datenbank
eingegeben.«
    »Aha«, sagte Cavanaugh und studierte die Postkarte. Sie
deprimierte ihn. Mein Gott, diese armen Irren, die da draußen
rumwanderten…
    »Sie haben sichtlich schlechte Laune, Robert, und ich dachte,
das hier würde Sie amüsieren.«
    Die Queen ist nicht amüsiert, wollte es Cavanaugh
entschlüpfen, aber er überlegte es sich rechtzeitig.
    Wiederum betrachtete er die Karte. Menschenopfer. Kinder in der
Ansiedlung. Meine Güte, was für eine Welt. Und wer
würde wohl eine Stadt nach einer Automarke benennen, die ganz
woanders produziert wurde?
    »Danke, Vicky«, sagte er. »Halten Sie mich auf dem
laufenden, wenn Sie noch irgend etwas bekommen, was sich auf
Mikrobiologie oder Genforschung bezieht? Egal, an wen es adressiert
ist.«
    »Mach ich«, sagte Victoria Queen. »Ich programmiere
eine Suchroutine ein.« Und das zumindest war etwas, das keine
Monarchin des neunzehnten Jahrhunderts je gesagt hätte. Was
jegliche Versuchung im Keim erstickte.
    Cavanaugh nieste, schneuzte sich in das geklaute Toilettenpapier
und verließ das Spinnerdepot.

In
Doktor Julia Garveys Laboratorium wimmelte es von kranken Ratten.
    Darauf war Cavanaugh nicht gefaßt. Eigentlich war er –
fünf Tage nach Kozinskis Ermordung – nach Bethesda
hinausgefahren, ohne zu wissen, worauf er sich gefaßt machen
sollte; es schwebte ihm etwas wie eine Kreuzung zwischen einem
Krankenhaus und dem Kriegsraum bei NORAD vor: Computer, Klinikgeruch,
stille antiseptische Fachkompetenz. Aber nachdem man ihn durch ein
riesiges labyrinthartiges Gebäude hingeführt hatte, sah
Frau Doktor Garveys Labor eher aus wie das Biologielabor in seiner
Mittelschule. Es gab hier zwar Computer, aber die waren unter
phantastischen Bergen von Schachteln, Notizblocks, Phiolen, Spritzen,
Regalen mit allerlei Gläsern und kleinen Apparaten unbekannten
Verwendungszwecks begraben. Und natürlich Ratten. Überall
Käfige über Käfige mit Ratten, die stanken wie die
Kloaken der Hölle. Cavanaugh hielt an sich, um nicht zu
kotzen.
    Doktor Garvey schien den Gestank nicht wahrzunehmen. Sie war um
die sechzig, eine schlanke, energische Frau im weißen
Labormantel, die sich höflich-zurückhaltend gab. Sie
führte Cavanaugh an Labortischen, Regalen, Spülbecken und
High-Tech-Apparaturen vorbei in den hinteren Teil des Labors, wo zwei
Stühle an einem weißen Tisch standen. Hinter dem Tisch
stapelten sich Rattenkäfige.
    »Nehmen Sie doch Platz«, sagte Doktor Garvey.
    Cavanaugh setzte sich. Er befand sich nun auf gleicher Höhe
wie einige weiße Ratten, die ihn aus rosa Augen anstarrten
– haßerfüllt, wie ihm schien. Der Rücken der
ersten Ratte, auf die sein Blick fiel, war mit nässenden
dunkelroten Wunden übersät, die nächste hatte
schwammige Knoten am ganzen Kopf. Der Geruch – der krankhaft
süßliche Geruch nach verfaulendem Fleisch – wirkte
geradezu erdrückend.
    »Ich habe alle Aufzeichnungen von Doktor Kozinski
durchgesehen und des längeren mit seiner Forschungsassistentin
Doktor Caroline Lampert gesprochen«, sagte Frau Doktor Garvey.
»Sie war recht kooperativ.«
    »Sehr gut«, brachte Cavanaugh hervor; doch eigentlich
gab es für Doktor Lampert keine andere Wahl, denn Kozinskis
Arbeit war durch öffentliche Mittel finanziert worden –
unter der Voraussetzung, daß sämtliche Akten jederzeit
einer Einsichtnahme des Justizministeriums offenstanden. Die Ratte
mit den nässenden Wunden auf dem Rücken bewegte sich in
ihrem Käfig und zuckte mit dem Schwanz. Im Stockwerk darunter
kam eine Kollegin langsam zur Vorderfront des Käfigs und verzog
die Nase. Ihre Augen waren überzogen von durchscheinenden
bläulichen Gewächsen.
    »Und nun sagen Sie mir möglichst präzise, Mister
Cavanaugh, was Sie wissen wollen. Doktor Kozinskis Arbeit war sehr
komplex, aber ich kann versuchen, sie vereinfacht darzustellen, wenn
ich weiß, wonach genau Sie suchen.«
    Cavanaugh spürte, wie sich ein Niesen zusammenbraute, aber es
gelang ihm, es zu unterdrücken, indem er das Kribbeln die Nase
hochzog, bis seine Augen

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