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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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annahm.
    Der erste Stapel stammte von der Polizei in Natick. Die Obduktion
hatte ergeben, daß Doktor Benjamin Kozinski an einem subduralen
Hämatom, hervorgerufen durch drei heftige Hammerschläge auf
den Kopf, verstorben war. Aufgrund des Stadiums der Totenstarre, des
Mageninhalts und der Insektenaktivität zum Zeitpunkt der
Auffindung des Leichnams konnte man davon ausgehen, daß
Kozinskis Tod zwischen 3 und 4 Uhr morgens eingetreten war. Es
handelte sich eindeutig um Mord.
    Nichts Überraschendes bis hierher.
    Nach dem Winkel, aus dem die Schläge geführt wurden, zu
schließen, mußte der Mörder etwa eine
Körpergröße von 180 Zentimetern haben. Im Hinblick
auf die Wucht, mit der die Schläge Kozinskis Schädeldecke
trafen, war der Mörder sehr wahrscheinlich, wenngleich nicht
unbedingt, männlichen Geschlechts.
    Jedenfalls nicht die kleine Judy Kozinski, tobsüchtig vor
Eifersucht. Außer sie hätte auf einer Leiter mitten auf
dem Parkplatz des Stop & Shop gestanden.
    Der Laborbericht stellte fest, daß sich auf der Mordwaffe
keinerlei Fingerabdrücke befanden und nur jene von Kozinski
selbst in seiner Corvette. Man hatte überhaupt keine fremden
Fingerabdrücke gefunden – nicht auf dem Boden, nicht auf
dem Leichnam, nicht auf dem Abfall im Gebüsch, in dem der
Mörder auf sein Opfer gelauert haben mochte. Es gab auch keine
Abdrücke von Schuhsohlen, die man mit den im Computer
gespeicherten hätte vergleichen können. Auch unter
Kozinskis Fingernägeln war nichts zu finden gewesen, nur Haare
auf seiner Kleidung – und zwar von drei verschiedenen Personen,
alle weiblich. Die Fasern, die man von Kozinskis Körper und aus
dem Gebüsch aufgesammelt hatte, waren als Baumwolldenim
analysiert worden – ein Stoff, der überall und an jeden
verkauft wurde. Kozinskis Brieftasche blieb unauffindbar. Zum
gegenwärtigen Zeitpunkt hatte man keinerlei weitere Spuren; es
gab auch keine Person, die der Tat verdächtigt wurde.
    Es existieren zwei Möglichkeiten, dachte Cavanaugh; Nummer
eins: Kozinski wurde von einem wendigen, schlauen Amateur umgebracht
oder von einem halbprofessionellen Killer, der den Auftrag dazu von
einer eifersüchtigen Freundin, einem wutentbrannten Ehemann oder
einem Klempner mit vergeblich eingemahnter Rechnung erhalten hatte.
Oder von wem auch immer. An dieser Möglichkeit war das FBI nicht
interessiert. Piperston konnte den Mörder allein fassen –
oder nicht fassen –, und Cavanaugh hatte keinen Fall mehr.
    Die andere Möglichkeit: Kozinski war von einem echten
Berufskiller getötet worden, der dem Syndikat angehörte
oder von ihm beauftragt war. In diesem Fall würde man die
Brieftasche nie finden. Die Faserspuren würden nirgendwohin
führen. Und Cavanaugh konnte mit organisiertem Verbrechen und
den entsprechenden Ermittlungen konfrontiert sein.
    Und so entschloß er sich für die Arbeitshypothese,
daß der Mörder ein professioneller Killer war.
    Cavanaugh verließ sein Kabäuschen und ging hinüber
in jenen Teil des Großraums, wo hinter der Zwischenwand aus
Glas die Analytiker arbeiteten. Er hatte Glück; Jim Neymeier
saß über seinen Computer gebeugt wie eine lange dünne
Pflanze, die sich einer technischen Sonne entgegenstreckt. Cavanaugh
arbeitete gern mit Neymeier zusammen, der zwar ziemlich neu in der
Abteilung war, aber dazu auch ein sorgfältiger, vorsichtiger
Mensch; außerdem zog er Cavanaugh nicht wegen dessen
Vergangenheit in englischer Literatur auf.
    »Jim, ich brauche was.«
    »Was?« sagte Neymeier. Er kommunizierte mit seiner
Umwelt auf eine kurze, prägnante Art, und das gefiel Cavanaugh
auch. Während der Arbeit beschränkte Neymeier sich aufs
Essentielle. Aber er war deswegen nicht saftlos. Er konzentrierte
sich nur.
    »Suchen Sie alles zusammen, was wir über die Bewegungen
sämtlicher Profikiller wissen, die identifiziert sind.«
    Neymeier grinste. Er teilte Cavanaughs Skepsis im Hinblick auf
ihre Fähigkeit, einem guten Berufsverbrecher auf den Fersen zu
bleiben. Wenn der Berufsverbrecher wirklich gut war.
»Vergleichen Sie die Tageszeitungen, um rauszufinden, wer am 11.
August in Boston gewesen sein könnte, und, falls Sie ein
Ergebnis kriegen, für wen er arbeitet.«
    »Gemacht.«
    Cavanaugh kehrte in seinen Winkel zurück, schneuzte sich und
grübelte weiter:
    Der Verfasser dieses anonymen Schriebes an Duffy, in dem er dem
FBI Verico ans Herz legte, wußte also, daß die
Biotechfirma mit Benjamin Kozinski Kontakt aufgenommen hatte. Das
wies auf einen Insider

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