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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Cavanaughs Niesen – ein monumentales
Niesen, sozusagen der Großvater aller Niesanfälle, begann:
einmal, zweimal, dreimal. Seine Nase rann, und sein Hals schloß
sich wie ein Ventil.
    »Oh!« Der junge Mann erschrak.
    »Tut mir leid«, japste Cavanaugh. »Nur eine
Erkältung…«
    Die beiden starrten ihn entsetzt an. Schließlich sagte
Doktor Garvey: »Sie haben eine Erkältung? Ist Ihnen
nicht klar, daß Sie damit die Ratten infizieren
können?«
    »Infizieren…?«
    »Die Ratten, jawohl! Erkältungen werden von Viren
hervorgerufen, Mister Cavanaugh! Das hier sind
Versuchsratten.«
    »Die sind doch schon infiziert!« stieß Cavanaugh
hervor, ehe er mit dem nächsten Niesanfall begann. Verschwommen
merkte er, wie Julia Garvey ihn am Arm packte und von den Ratten
wegzerrte, aber er schüttelte sie ab und fummelte in seiner
Jackentasche nach dem Klopapier.
    Der bezopfte Assistent sagte mit eisiger Stimme: »Aber sie
sind nicht mit Ihrem Virus infiziert! Es gibt die
unterschiedlichsten Viren, und Sie verseuchen uns
hier…«
    ›… verseuchen die Verseuchten‹, versuchte Cavanaugh
zu sagen – als kleinen Scherz, um zu zeigen, daß er den
beiden ihren Gesichtsausdruck nicht übelnahm und kein
Spielverderber war. Aber noch bevor er die Worte hervorkrächzen
konnte, schnellte sich die Ratte von den Fingern des jungen Mannes,
und ihr durch die Luft segelnder Körper streifte Cavanaughs
Handrücken. Im selben Moment kehrte sein Sehvermögen
glasklar zurück, und er bemerkte, unter den Papieren auf dem
Tisch halb begraben, die Überreste eines Mittagessens, die
irgend jemand hier zurückgelassen hatte. Ein Schinkensandwich,
aus dem Mayonnaise sickerte. Lippenstift über den
Bißspuren.
    Und da geschah es. Er kotzte. Während des Niesens.
    Mit eiserner Hand führte Doktor Garvey ihn aus dem Labor,
hinaus auf den Korridor und zum Herrenklo, wo sie ihn durch die
Tür schob. Er lehnte sich an eines der Becken und betete um
einen raschen Tod.
    Als er schließlich wieder nach draußen kam, frisch
gewaschen und blöde grinsend, stand Doktor Garvey wartend vor
der Tür. Sie hatte die Lippen nicht mehr streng geschürzt,
aber sie lächelte auch nicht. Er nahm an, daß sie nicht
länger seine Kinderfrau sein wollte.
    Aber er hatte sie unterschätzt. »Hier herein, Mister
Cavanaugh.«
    Es war ein Konferenzraum mit einem langen, polierten Tisch,
lächerlich groß für zwei Leutchen. Außerdem war
er ziemlich dunkel. »Leider ist die Beleuchtung ausgefallen,
deshalb habe ich Sie nicht gleich von vornherein hierher gebracht.
Außerdem hatte ich angenommen…«
    Außerdem hatte sie angenommen, ein Spezialagent des FBI
würde einen stärkeren Magen haben. Cavanaugh lächelte
schwach und nieste.
    »Tut mir leid wegen der Ratten, Frau Doktor. Es ist mir nicht
in den Sinn gekommen, daß ich… daß ich…«
Er nieste noch mal.
    »Ich bin wirklich der Meinung, mit dieser Erkältung
sollten Sie eigentlich daheim in Ihrem Bett sein«, sagte sie und
belehrte ihn wiederum eines Besseren. Die Kinderfrau war doch tiefer
in ihr verankert. »Wir können doch dieses
Informationsgespräch zu einem anderen Zeitpunkt
nachholen.«
    Ein anderer Zeitpunkt klang himmlisch. Alles, was ihn von hier
wegbringen konnte, klang himmlisch. Aber so lief die Sache nicht.
Nicht für ihn. »Nur noch ein paar Dinge, Frau Doktor…
Sie sagten, Professor Kozinski beschäftigte sich mit der Frage,
wie Viren die Proteine in ihren Hüllen verändern, um das
Eindringen in Zellen zu ermöglichen. Könnte, Ihrer
fachlichen Meinung nach, Kozinskis Arbeit auch nur entfernt in der
biologischen Kriegsführung zur Anwendung kommen?«
    Doktor Garvey runzelte die Stirn. »Ich wüßte
nicht, wie. Natürlich könnte man in der biologischen
Kriegsführung statt Bakterien ebensogut Viren verwenden, um
Menschen mit Krankheiten zu infizieren. Aber um das zu tun, muß
man nichts von genetischen Mechanismen verstehen. Man verwendet sie
einfach. Und würde man an einem neuen Virus arbeiten, an etwas
wirklich Tödlichem…« Sie brach ab. Cavanaugh merkte,
daß ihr die Richtung dieses Gedankengangs überhaupt nicht
gefiel; sie zog es vor, die Beschäftigung mit Genen als
lebensspendend und nicht todbringend zu betrachten. »Nun, dann
würde man sich auf die Proteine des viralen Innenkörpers
konzentrieren, auf die Toxine, die ein Virus erzeugt, wenn es nicht
gentechnisch verändert wird. Die Hüllproteine wären da
nicht von besonderem Interesse.«
    »Und es ist auszuschließen, daß Doktor

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