Verirrte Herzen
spannende Stunden später, in denen sie viele Tiere beobachtet und zahlreiche Entdeckungen gemacht hatten, begaben Anne und Lilly sich wieder auf den Heimweg. Sie machten noch einen Zwischenstopp, um ausnahmsweise einen Hamburger und Pommes zu essen. Heute wollte Anne sich und Lilly einmal etwas gönnen.
Vier Nachrichten hatte Anne von Caro bekommen, alle mit dem gleichen Inhalt. Caro entschuldigte sich aufrichtig für ihr Verhalten und wollte es wieder gutmachen. Anne musste ja zugeben, dass Caro sich wirklich sehr darum bemühte, sie zu besänftigen. Trotzdem wollte Anne ihr so schnell nicht verzeihen.
Mit einem riesigen Strauß roter Rosen und zwei Karten fürs Theater stand Caro abends in der Tür. Es tat ihr inzwischen wirklich leid, dass sie die Arbeit einem gemeinsamen Nachmittag mit Anne und Lilly vorgezogen hatte.
»Bitte verzeih mir.« Caro hielt Anne hoffnungsvoll die wunderschönen Blumen hin, aber Anne machte keinerlei Anstalten, ihre Entschuldigung anzunehmen. »Ich dachte, wir könnten uns einen schönen Abend im Theater machen und vergessen, was passiert ist. Vielleicht können wir vorher noch eine Kleinigkeit essen gehen«, versuchte Caro erneut ihre Freundin für sich zu gewinnen.
»Lilly und ich sind satt. Wir haben schon gegessen. Außerdem, wie stellst du dir das vor? Ich kann meine Tochter nicht immer zu meinen Eltern oder Peter abschieben. Und erst recht nicht so kurzfristig. Oder hast du auch einen Babysitter organisiert?« Anscheinend hatte Anne sich noch kein bisschen abreagiert.
Caro erkannte schnell, dass die Theaterkarten wohl verfallen würden. Aber vielleicht konnte sie Anne wenigstens davon überzeugen, dass sie verstanden hatte, warum sie so verletzt war. Doch Anne wollte zunächst noch nicht reden und verzog sich mit Lilly ins Kinderzimmer.
Sie spielten eine Weile Memory. Anne konnte sich nicht konzentrieren, und so musste sie sich das ein oder andere Mal ihrer kleinen Tochter geschlagen geben. Als Lillys Augen ihre Müdigkeit verrieten und sie ein Gähnen nicht mehr unterdrücken konnte, brachte Anne sie ins Bett.
Nun musste sie sich einem Gespräch mit Caro stellen. Daran ging jetzt kein Weg mehr vorbei.
Sie setzte sich zu Caro auf die Couch, hielt aber ein wenig Abstand. Beide wussten, dass es Zeit für klärende Worte war, und Caro beschloss, den Anfang zu machen.
»Ich habe heute den ganzen Tag über sehr viel nachgedacht, und mir ist jetzt klargeworden, warum du so wütend auf mich bist. Und ich kann dich verstehen. Ich habe einen großen Fehler gemacht. Aber bitte glaub mir, du bist mir wichtiger als die Arbeit. Du bist alles für mich, das einzige, was zählt. Ich kann nicht mehr, als mich für mein Verhalten zu entschuldigen. Ich kann es nicht mehr ungeschehen machen, auch wenn ich nichts lieber täte. Ich habe in der Kanzlei sehr deutlich gemacht, dass solche Wochenendanrufe künftig unterbleiben müssen. An meinen freien Tagen stehe ich nicht mehr zur Verfügung. Ich habe jetzt eine Familie, die an erster Stelle für mich steht und das Wichtigste in meinem Leben ist. Du weißt, was mir meine Arbeit und meine Karriere bedeuten. Doch du bedeutest mir noch viel mehr. Ich liebe dich aufrichtig. Ich weiß, du hast schon so oft das Versprechen bekommen, dass alles anders wird, nicht nur von mir. Und ich weiß auch, dass du immer wieder enttäuscht wurdest. Viel zu oft habe ich dich mit meinem rücksichtslosen Benehmen verletzt. Ich habe keine Ahnung, wie ich dir beweisen soll, wie ernst es mir jetzt ist. Ich will dich nicht verlieren. Du hast mich zum glücklichsten Menschen der Welt gemacht. Meinst du, du kannst mir nur noch einmal verzeihen?« Caro sah Anne tief in die Augen, und für einen Moment schien die Zeit stillzustehen. Nie zuvor hatte sie jemanden so sehr geliebt wie Anne. Seit sie sich begegnet waren, hatte alles in ihrem Leben eine neue Bedeutung bekommen. Sie wünschte sich, jede Verletzung, die sie Anne zugefügt hatte, jede überflüssige Minute, die sie in der Kanzlei statt mit ihr verbracht hatte, ungeschehen machen zu können. Eine gemeinsame Zukunft mit Anne und Lilly wollte sie um keinen Preis aufs Spiel setzen.
Caros herzergreifender Stimme und diesen rührenden Worten konnte Anne nicht lange widerstehen, und sie legte ihre Arme zärtlich um ihre Freundin. Sie hauchte Caro einen liebevollen Kuss auf die Wange und spürte, wie ihr Herz lauter und schneller klopfte. »Ist schon gut«, flüsterte sie.
Caro hatte eine kleine Träne im Auge, die Anne
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