Verirrte Herzen
dein Ernst. Bitte sag nicht, dass ich Lilly jetzt erklären muss, dass wir heute doch nicht in den Zoo fahren.« Warum spielte die Arbeit nur eine so wichtige Rolle in Caros Leben?
Caro senkte den Blick zu Boden. Sie konnte nicht absagen, es handelte sich um einen äußerst wichtigen Termin. Anne musste das einfach verstehen. Wenn sie jetzt nicht ins Büro gehen würde, wäre die gesamte Arbeit der letzten Wochen umsonst gewesen. »Hör mir doch kurz zu«, versuchte sie einzulenken, aber die Mühe war vergebens. Anne sprang wutentbrannt aus dem Bett und verschwand erst einmal im Bad. Caro hörte nur noch die Tür laut ins Schloss knallen.
Es war immer dasselbe. Kaum rief jemand aus der Kanzlei an, war Caro schon auf dem Weg. Dass sie nicht nur Lilly enttäuschte, sondern auch Anne damit sehr verletzte, nahm Caro anscheinend gar nicht wahr. Viel zu oft war es schon vorgekommen, dass die Arbeit einen höheren Stellenwert in Caros Leben einzunehmen schien als Anne.
Es klopfte zaghaft an der Badezimmertür. »Ich kann verstehen, dass du enttäuscht bist. Ich verspreche dir, es ist das allerletzte Mal. Bitte mach es mir nicht so schwer.«
Wie oft hatte sie diesen Satz schon gehört? Unzählige Male hatte Caro ihr versichert, dass es nie wieder vorkommen würde.
Ohne ein einziges Wort zu sagen, verließ Anne das Bad in Richtung Küche. Caro hörte, wie sie den Frühstückstisch deckte. Lieblos knallte sie die Teller auf die Tischplatte. Die Kühlschranktür schepperte. Caro hatte keine Idee mehr, was sie noch sagen konnte und entschied, dass es wohl besser wäre, ebenfalls zu schweigen.
Während sie frühstückten, sahen sie sich nicht einmal in die Augen. Die Stimmung war am Gefrierpunkt.
Bevor Caro losmusste, startete sie noch einmal einen Versöhnungsversuch. »Anne, es tut mir wirklich aufrichtig leid. Hätte ich gewusst, wie wichtig dir der Ausflug ist, hätte ich versucht eine andere Lösung zu finden. Morgen holen wir alles nach. Ganz bestimmt. Sag das auch Lilly, ja?«
»Du verstehst es einfach nicht.« Das war alles, was Anne enttäuscht entgegnen konnte. Der Ausflug war ihr nicht so besonders wichtig. Vor allem die Tatsache, dass die Kanzlei immer Vorrang hatte, machte sie so wütend und traurig zugleich.
Als Anne Lilly mit Engelszungen zu erklären versuchte, dass sie nicht heute, sondern morgen in den Zoo gehen würden, waren Lillys Tränen kaum zu trocknen. Da beschloss Anne, dass es nicht richtig war, wenn Lilly unter Caros Entschluss litt.
»Ach, weißt du was? Wir gehen einfach allein, ohne Caro.« Diese Worte auszusprechen versetzte Anne einen kleinen Stich. Sie wollte eigentlich nichts ohne Caro unternehmen, aber Lilly zuliebe musste es sein.
Sofort erhellte sich die Miene ihrer Tochter. In diesem Augenblick wusste Anne, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Sie beide konnten sich auch allein einen schönen Tag machen.
In der Zwischenzeit hatte Caro schon mehrere Male versucht, Anne auf dem Handy zu erreichen, aber die ignorierte ihre Anrufe. Caro sollte ruhig ein wenig leiden, schließlich hatte sie Anne durch ihr Verhalten doch sehr verletzt. Sie hatte es nicht nötig, sich so behandeln zu lassen. Irgendwann würde auch Caro das begreifen.
»Bist du fertig, Lilly? Wir verpassen noch den Bus, wenn wir nicht endlich losgehen.« Anne sah ihre Tochter streng an, doch schnell änderte sich ihr Blick wieder, und sie nahm Lilly in den Arm. Reiß dich zusammen, Lilly kann ja nichts dafür, schoss es Anne durch den Kopf. Sie wusste, dass es ungerecht war, auf ihre Tochter sauer zu sein. Sie war nicht schuld an ihrer schlechten Laune.
Vor der Eingangstür zum Zoo verriet eine lange Menschenschlange, dass viele, trotz der Jahreszeit, wohl dieselbe Idee gehabt hatten wie sie. Sie mussten sich noch einige Zeit gedulden, bis sie endlich hineingelassen wurden.
Lilly liebte den Zoo und hatte bereits ihre eigenen Vorlieben. Zunächst besuchten sie das Aquarium mit den vielen verschiedenen bunten Fischen. Es gab dort auch Haie und sogar Delphine. Die Leidenschaft für das Wasser und seine Bewohner hatte ihre Tochter sicherlich von ihr. Auch Anne konnte Stunden damit verbringen, den Fischen beim Schwimmen zuzusehen.
»Oh Mama, sieh mal«, Lilly zeigte aufgeregt auf ein neues, riesiges Becken, in dem ein großer Wal seine Runden drehte.
Anschließend besuchten sie Bären, Tiger und Löwen, fütterten Ziegen im Streichelzoo und amüsierten sich über die Kunststücke der Affen.
Einige
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