Verirrte Herzen
Restaurant, das Nora vorgeschlagen hatte. Kashmir House . Das klang ausgefallen und exotisch. Die rot angestrichene Fassade wirkte sehr geheimnisvoll.
Wenige Sekunden nach ihrer Ankunft bog auch Nora um die Ecke. Unter ihrem langen, schwarzen Mantel war erkennbar, dass sie einen Rock trug. Ihre Beine wirkten in ihren eleganten Stöckelschuhen unendlich lang.
»Du bist schon da«, stellte Nora fest. Sie näherte sich Anne, versuchte aber nicht, sie zu berühren. »Ich war mir nicht sicher, ob du wirklich kommst.«
Anne lächelte. »Wenn ich eine Verabredung annehme, halte ich sie auch ein.«
Gemeinsam traten sie durch die mit buntem Glas dekorierte Eingangstür und tauchten in das orientalische Ambiente ein. Alles war in ein rötliches Licht getaucht. Der aromatische Duft zahlreicher Gewürze hing in der Luft. Ein kleiner Flusslauf mit majestätischen Zierfischen, Schildkröten und Geckos, überspannt von einer glänzenden Holzbrücke, durchzog das Restaurant in der Mitte.
Die beiden Frauen hingen ihre Jacken an die goldene Garderobe.
Anne musterte Nora ausgiebig. Zu ihrem schwarzen Rock trug sie ein grünes, tief ausgeschnittenes Top, das atemberaubende Einblicke gewährte. Sie besaß die perfekte Figur, alles war genau richtig proportioniert.
Eine hübsche asiatische Kellnerin führte sie zu einem freien Tisch, in dessen Mitte eine kugelförmige Kerze brannte. Sie überreichte ihnen eine handgebundene Speisekarte und notierte die Getränkewünsche. Nora und Anne entschieden sich beide für einen trockenen Weißwein.
»Schön, dich wiederzusehen. Ich habe dich vermisst die letzten beiden Tage.« Nora schaute tief in Annes Augen.
Augenblicklich schlug Annes Herz schneller, sofort war da wieder dieses Kribbeln in ihrer Magengegend. Sie konnte sich diesem durchdringenden Blick nicht entziehen. Noras Augen funkelten verschwörerisch. Wieder stellte Anne fest, dass sie sich keineswegs unwohl dabei fühlte, sondern dass sie Noras Gegenwart sehr genoss. »Ich freue mich auch, dich wiederzusehen.« Anne neigte ihren Kopf leicht zur Seite, ihre Finger spielten mit der Tischdecke. Dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Speisekarte. »Das klingt ja alles köstlich.« Ratlos ging Anne die zahlreichen Gerichte durch.
»Und es schmeckt alles ganz hervorragend«, versicherte Nora, die hier wohl schon häufiger zu Gast gewesen war.
Schließlich entschieden sie sich für Keema Nan, gebackenes Fladenbrot mit saftigem, gehacktem Fleisch und grünen Erbsen, als Vorspeise.
Zum Hauptgang wählte Anne Jalfrezi, in Joghurt und Ingwer mariniertes Huhn, das mit Zwiebeln, Koriander, grünem Chili und Gewürzen in Tomatensoße gekocht wurde. Für Nora sollte es Korma mit Riesengarnelen sein, ein traditionelles pakistanisches Gericht in einer milden Sauce aus orientalischen Gewürzen, Sahne, Mandeln, Kokosnuss und Cashew-Kernen.
Während sie auf das Essen warteten, sprachen sie über Belanglosigkeiten. Sie erörterten das Wetter, diskutierten die Vorzüge des neuen Buchladens in der Innenstadt, stellten fest, dass sie beide die gutbürgerliche Küche verabscheuten und am liebsten deutschen Weißwein tranken. Sie hatten bereits eine halbe Flasche geleert, als köstlich duftendes Fladenbrot serviert wurde.
Anne fühlte sich beschwingt, der Wein stieg ihr langsam ein wenig zu Kopf. Ihre Wangen glühten.
Endlich kam die Vorspeise, und die beiden genossen zunächst schweigend die orientalischen Köstlichkeiten..
»Das schmeckt wirklich ausgezeichnet«, unterbrach schließlich Anne die Stille.
»Ich könnte mir etwas vorstellen, das noch viel besser schmeckt«, flüsterte Nora kaum hörbar zurück. Ihre Augen, in denen sich das flackernde Kerzenlicht spiegelte, waren dabei direkt auf Anne gerichtet.
Anne errötete ob dieser schamlosen Anzüglichkeit, aber Noras Blick hielt sie gefangen. Noras Hände wanderten auf dem Tisch zu Anne und berührten wie zufällig ihre Finger.
Ein heftiger Blitz durchzuckte Anne. Er wanderte direkt in ihren Unterleib. Unwillkürlich schloss sie die Augen und atmete schneller. Durch heftiges Kopfschütteln versuchte Anne diese Gefühle zu vertreiben und sich zu besinnen. Hastig aß sie weiter.
Die Kellnerin hatte mittlerweile den Hauptgang aufgetragen. Alles sah hervorragend aus und schmeckte köstlich, aber Anne war nicht bei der Sache.
»Du bringst mich völlig durcheinander. Du erschütterst meine ganze Welt. Ich weiß einfach nicht, wie ich damit umgehen soll«, versuchte Anne sich zu
Weitere Kostenlose Bücher