Verirrte Herzen
meistens nicht sehr ernst genommen. Nadine war gewiss kein Moralapostel, aber dennoch beunruhigte sie die Situation. Dieses Verhalten war absolut untypisch für Anne.
»Und was steckt wirklich dahinter?« versuchte sich Nadine dem eigentlichen Kern des Problems zu nähern.
Anne schwieg. Sie wusste ja selbst nicht genau, was sie dazu brachte mit einer fremden Frau zu flirten und sich auf ein Date einzulassen, womit sie vielleicht sogar ihre Beziehung aufs Spiel setzte. Aber sie konnte einfach nicht anders. Sie warf Nadine einen hilflosen Blick zu. »Ich habe keine Ahnung.«
»Bist du dir sicher, dass du in deiner Beziehung zur Zeit wirklich glücklich bist?«
Annes Kopf senkte sich, ihre Schultern hingen herab. Sie presste die Lippen fest aufeinander und fixierte die winzigen Tortenkrümel auf ihrem Teller. Dann schüttelte sie langsam den Kopf. Sie war sich eben nicht mehr sicher.
Nadine kam zu ihr herüber und drückte ihre Freundin an sich. Ihre beruhigende Wärme zu spüren tat ihr gut. Genau deshalb liebte Anne ihre beste Freundin so sehr. Selbst wenn sie etwas einmal nicht genau nachvollziehen konnte, stand sie doch immer hinter ihr.
»Ach meine Süße. Du wirst schon das Richtige machen, ich vertraue auf dich.« Nadine lächelte ihr aufmunternd zu.
Anne nickte. »Ich hoffe es.«
Als Nadine sich wenig später verabschiedete, sah Anne ihrer Zukunft und der Verabredung mit Nora optimistischer entgegen. Sie freute sich auf Sonntag.
»Ich treffe mich heute Abend noch mit Nadine.« Kaum hatte Anne diese Lüge über die Lippen gebracht, tat es ihr auch schon leid. Sie hätte Caro die Wahrheit erzählen sollen. Nun ja, eine etwas geschönte Wahrheit vielleicht. Aber Nora war schließlich einfach nur eine neue Freundin, mit der sie sich zum Abendessen traf. Da wäre nichts dabei, und Caro hätte sicher nichts dagegen einzuwenden.
»Kein Problem. Ich kümmere mich um Lilly«, rief Caro Anne zu, die in der Küche stand und für das Mittagessen ein paar Bratkartoffeln in der Pfanne wendete. Anne war eine miserable Lügnerin, aber Caro schien keinerlei Verdacht zu schöpfen.
Anne wurde übel, sie musste kräftig schlucken. Sie hinterging Caro und überließ ihr auch noch Lilly, damit sie freie Bahn hatte.
Während des Essens konnte sich Anne kaum auf Caro konzentrieren.
»Ist alles in Ordnung mit dir? Du bist so abwesend. Macht dir die Arbeit so sehr zu schaffen?« fragte Caro besorgt
Anne konnte ihre Gefühle einfach nicht verbergen, Caro merkte immer, wenn etwas mit ihr nicht stimmte. »Es ist nichts. Nur die Arbeit ist sehr anstrengend zur Zeit. Aber mach dir keine Sorgen«, versuchte sie Caro zu beruhigen. Es war, als würde jemand ein Messer in ihre Brust stechen. Sie musste Nora sagen, dass sie sich nie wieder treffen würden. Anne hielt das nicht länger aus.
Nach dem Essen spielten die beiden mit Lilly Memory.
»Wenn die Mama heute Abend nicht da ist, machen wir es uns ganz gemütlich, oder Lilly?«
Die Kleine blickte Caro begeistert an und nickte heftig. »Dann müssen wir noch ganz viel spielen.«
Caro lachte. Ja, das würden sie machen.
Irgendwann erhob sich Anne vom Sofa, um sich zurechtzumachen. »Ich gehe mich umziehen.« Anne gab Caro einen flüchtigen Kuss und verschwand im Schlafzimmer. Sie wollte nicht übertreiben, Caro würde sich sonst sicherlich wundern, warum sie sich für Nadine so schick machte.
Das ganze Wochenende hatte sie gegrübelt, was sie tragen könnte. Ihre Entscheidung fiel auf ein weinrotes Top mit Wasserfallausschnitt, dazu am besten Jeans. Geschmackvoll, aber nicht zu elegant. In ihre sexy schwarze Spitzenunterwäsche gehüllt, drehte sie sich vor dem Spiegel. Sie fühlte sich unendlich begehrenswert.
»Wen willst du denn verführen?« Caro stand in der Tür und beobachtete sie. »Komm bloß nicht zu spät nach Hause.« Sie grinste Anne ahnungslos an und warf ihr einen Handkuss zu.
Anne schüttelte den Kopf. Sie spürte, wie ihr Hals trocken wurde. »Ich bin bald wieder bei dir.« Sie versuchte Caro zuzuzwinkern, doch es sah eher aus, als hätte sie etwas ins Auge bekommen. Was machte sie nur?
»Ich wollte dir nur sagen, dass ich mit Lilly noch ein wenig auf den Spielplatz gehe. Viel Spaß heute Abend und grüß Nadine von mir.«
Anne murmelte kaum hörbar: »Ja, das mache ich.«
Dann starrte sie ihr Spiegelbild an, und Noras Abbild starrte zurück. Sofort spürte sie ein irritierendes Kribbeln in der Magengegend.
Punkt sechs Uhr wartete Anne angespannt vor dem
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