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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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zu entrinnen.
    «Gleich beginnt die Lateinprüfung», flüsterte mir der Ungar Koloman Szupán lachend ins Ohr.
    Der Beanus wurde aufgefordert, das Substantiv cor zu deklinieren, das lateinische Wort für Herz. Er begann korrekt: Nominativ, Genitiv, Dativ und so weiter, alles im Singular.
    « Cor , cordis , cordi , cor , corde , cor », sagte der Beanus fürchterlich nuschelnd, da ihn die Wildschweinzähne am Sprechen hinderten.
    « Numerus pluralis », befahl Simonis nun.
    « Corda , cordarum , cordis … aua!»
    Kaum hatte der arme Beanus das Wort corda ausgesprochen, das «die Herzen», aber auch «die Saite» bedeutet, hatte Simonis begonnen, ihn mit der Darmsaite zu peitschen, die er sich vorhin angeknüpft hatte.
    «Auf dass deine Halsstarrigkeit als Beanus und deine widrige Natur verschwinden!», donnerte er, während er den Unglücklichen peitschte, der mit den Armen nur schlecht Gesicht und Hals schützen konnte.
    Die Zuschauer bogen sich vor Lachen, applaudierten und hoben die Bierkrüge bis zur Decke.
    Es folgten weitere Fragen und Antworten mit kruden Wortspielen, die unvermeidlich zu neuen Peitschenhieben und schadenfrohem Gelächter führten. Dann stellte man die Sangeskünste des Kandidaten auf die Probe, indem man ihn zwang, ein Studentenlied vorzutragen, welches der Bedauernswerte mit den riesigen Wildschweinhauern im Mund nur spuckend hervorbringen konnte: also wieder Peitschenhiebe und höhnische Pfiffe.
    Anschließend musste der Beanus sich bäuchlings auf dem Boden ausstrecken. Einige Studenten begannen, ihn mit einer groben Wurzelbürste auf grausame Weise zu kämmen, während andere versuchten, ihm gewaltsam einen großen Löffel in die Ohren zu stecken, wie um sie zu säubern.
    «So wirst du sowohl den Unflat wie die Hoffart meiden, und deine Ohren werden immer offen sein für die Tugend der Weisheit», rezitierte Simonis in der Rolle des Depositors mit Nachdruck, «und du wirst dich von den schmutzigen Tönen der Dummheit und Bosheit befreien.»
    Von irgendwoher tauchten nun plötzlich ein Tischlerhobel, ein Hammer und ein Bohrer auf. Drei Berserker besprangen den armen Prüfling, der von der Behandlung mit der Bürste noch übel zugerichtet war, und begannen, ihm zunächst auf den Rücken und dann auf den Bauch zu hämmern, ihn abzuhobeln und anzubohren. Ich betete insgeheim, es möge kein Blut fließen.
    «So können Kunst und Wissenschaft deinen Leib schmieden und formen», sprach Simonis feierlich, während der Rest der Truppe sich schier totlachte.
    Man hieß das Opfer aufstehen.
    Nun stellten sie einen großen Eimer voll Wasser vor ihn hin, und er musste sich den Kopf einseifen, waschen und mit einem wollenen Lumpen abtrocknen. Dabei musste er schwören, ein neues, tugendhafteres Leben zu beginnen.
    Aber die Quälereien waren noch nicht beendet. Jetzt hatten sie ihn auf einen Stuhl gesetzt und ihm die enormen Wildschweinzähne gewaltsam aus dem Mund gerissen.
    «Damit deine Worte niemals zu viel Biss haben», verkündete der Depositor.
    Unterdessen säuberten zwei Studenten mit einer groben Feile die Fingernägel des Beanus, auf dass er sich, wie mir erklärt wurde, für immer von Waffen und Duellen fernhalte und seine Hände nur noch Bücher und Manuskripte berührten. Natürlich war die Feile so klobig, dass sie die Fingerkuppen des Beanus mit abfeilte, der linkisch um Erbarmen flehte. Dann schoren sie ihm den zuvor aufs Gesicht gemalten Bart, doch statt Seife, Rasiermesser und Handtuch wurden ein Ziegelstein, ein Stück Holz und ein altes Leinentuch verwendet, sodass das Gesicht des Unglücklichen am Ende der Verrichtung aussah, als sei ein Pflug darübergefahren. Sodann setzten sie ihn an einen Tisch und legten ihm Würfel und ein Kartenspiel vor, um zu prüfen, ob er ein zum Laster des Spiels neigendes Wesen offenbare. Der Ärmste rührte sich nicht einmal, so böse war er zugerichtet. Darauf wurde ihm ein Notenbuch vor die Nase gehalten, und man ermahnte ihn, wenn er eines Tages vom vielen Studieren müde sei, solle er seine Seele mit Musik und ausschließlich damit von Mühsal und Beschwernis erleichtern. Endlich wurde dem Beanus der hässliche Hut mit den Eselsohren und den Hörnern abgenommen. Simonis, dergestalt seine Aufgabe als Schorist versehend, schnitt ihm mit einer alten Schere die Haare ab, sodass dem Beanus zuletzt nur noch ein paar spärliche, unordentliche Büschel auf dem Kopf blieben, die Spinatpflänzchen glichen. Dann setzten sie ihm den Hut wieder auf.
    In

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