Verkehrte Welt
nicht mit. Du hast weiß Gott genug Spaß gehabt im Leben, und ich habe immer gute Miene dazu gemacht, auch wenn die Gags grottig waren, aber an dem Tag möchte ich es richtig nett haben, ich möchte weinen, anderen weinenden Menschen in den Armen liegen .«
»Weinen kannst du später noch, Weib, z. B. bei der Testamentseröffnung, ich aber habe einen Ruf als Komiker zu verlieren, er ist schließlich alles, was von mir bleibt, außer der Pornosammlung und . gut, das tut nichts zur Sache, jedenfalls sollen die Leute sagen: So habe ich noch nie gelacht auf einer Beerdigung, nää, war das schön, warum kann der Mann nicht öfter sterben?«
Die Frau sagte: »Na wenn du unbedingt willst, aber dann auch richtig. Dann zieh ich das als Nekro-Gastro-Event auf, für 400 Leute, Kostenpunkt 300 Euro pro Person, Lafer und Lichter kochen, und wenn das gut läuft, lass ich dich von dem Körperweltenheini ausstopfen und geh damit auf Tournee. Ich werde gleich mal unseren Agenten anrufen, damit er alles checkt.«
Als der Komiker die Dollarzeichen in den Augen seiner Frau irrlichtern sah, wurde ihm seltsam bang ums Herz. Konnte es sein, dass sie bereits jetzt schon nicht mehr trauerte, wo es noch gar nicht so weit war, und nur noch von dieser Idee - es war immerhin seine - besessen war?
Leicht angesäuert schlug er ihr vor, alle Einnahmen aus seiner »Never Come Back Tour« der Red Nose Stiftung zu überlassen.
»Daran hab ich auch gerade gedacht«, erwiderte sie prompt, »die Spendenshow läuft allerdings schon nächste Woche, Sonya Kraus und Thomas Hermanns moderieren. Meinst du, du kriegst das bis dahin hin?«
Ihm stockte der Atem. »Zur Not«, fuhr sie fort, »können wir ja auch ein bisschen nachhelfen, ich habe da auch schon mal Kontakte in die Schweiz geknüpft, ich brauche dir ja nicht zu sagen, was das für eine Riesenwerbung für die Tour wäre.«
»Jetzt pass mal gut auf«, rief er, »du wirst es ja wohl noch erwarten können, erst mal machen wir eine Abschiedstournee unter dem Motto: Jeder Abend kann der letzte sein, und unter den Leuten, die dann da sind, wird ein Auto verlost, das kannst du jetzt erst mal anleiern, und dann sehen wir weiter.«
Und so geschah es. Die Tour wurde ein Riesenerfolg. Jeden Abend saß eine junge, wunderschöne Frau in der ersten Reihe und lachte und weinte durcheinander ohn' Unterlass. Der Komiker befahl seinem Tourleiter, die Dame in seine Garderobe zu bringen, und - was soll ich sagen - es war Liebe auf den ersten Blick. Der Komiker trennte sich auf der Stelle von seiner bösen habgierigen Frau, wobei er ihr alles überließ, was er besaß. Das war allerdings nicht besonders schwer, erstens war es nicht viel, und zweitens war die junge Frau schwerreich.
Ihre erste Liebesnacht war wunderbar. Ältere Männer haben einen großen Vorteil: Wenn sie einmal gefechtsklar sind, können sie Stunden durchhalten. Bei zwölf hatte die junge Frau aufgehört, ihre Orgasmen zu zählen. Die Villa, oder besser, das Lustschloss hallte wider von ihren Schreien. Als sie endlich völlig erschöpft von ihm heruntersank, glücklich und atemlos, lächelte er. Eine Stunde später lächelte er noch genauso.
Die Beerdigung fand in aller Stille statt. Neun Monate später wurde die junge Frau von einem gesunden Knaben entbunden, an dem nichts Auffälliges war außer seiner roten Nase.
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OPA
»Opi, erzählst du uns noch eine Gutenachtgeschichte?«
»Och, Kinder, der Opa ist müde, wollt ihr nicht noch ein bisschen Spätfilm gucken? Heut kommt der allererste Zombie-Film von Romero, der ist richtig gut.«
»Och, Opi, du kannst doch so toll erzählen, wir holen dir auch noch ein Bier aus dem Kühlschrank!«
»Na gut, dann aber auch nen Schnaps dabei. Also, als Bill Wyman bei den Stones ausstieg, war der Opa als Nachfolger im Gespräch, ich habe vorgespielt, die Jungs waren begeistert, besonders Keith Richards, und das hat wohl den Ausschlag gegeben, da hat Mick sich stur gestellt und gesagt: Nur über meine Leiche, hatte wohl Angst, ich stehle ihm die Show, gar nicht mal unbegründet, gut, meine Zunge ist nicht so lang, aber der männliche Körper besteht nicht nur aus Zunge.«
»Opi, warum hat Mick Jagger so eine lange Zunge?«
»Och, Jessica, das ist eine lange Geschichte, dafür ist es zu spät.«
»Opi, guck mal, ich hab die Schnapsflasche mitgebracht, damit wir nicht immer laufen müssen.«
»Na
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